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News 1:18 NZG Volkswagen Passat R36 Variant 2008

Ein Verlangen wird geweckt

Bei Autos steht das “R” für Racing, für Rallye, für Rennsport, für Roooaaaahhhr. Ein „R“ in der Typbezeichnung macht Autos schneller, macht sie begehrenswerter, steigert den Faszinationsgrad. Auch bei einem Passat, selbst bei einem Passat. NZG bringt den Passat R36 Variant von 2009. Ein normaler Passat Variant würde sicherlich freundlich aufgenommen. Beim R36 drehen manche Sammler schier durch.

Faszination kommt nicht aus dem luftleeren Raum. Faszination als kulturelles Phänomen ist meist gesteuert und wird mitunter von der Werbung sehr gezielt eingesetzt, ein Gemeinschaftsgefühl wird generiert, und das hat identitätsstiftende Wirkung. Zwischen einem drögen Passat Variant und einem faszinierenden Passat R36 liegt ein schnödes „R“ mit einer Zahl, und schon zieht der Passat die Adepten des Zeitgeistes in seinen Bann. Aus der Sicht des Außenstehenden ist weniger der Passat R36 selbst faszinierend, sondern vielmehr die Tatsache, dass der Passat R36 fasziniert. Ein VW Passat Variant der Generation B6, also Typ 3C zwischen 2005 und 2010, würde von denjenigen, die das Auto mögen und in 1:1 fahren, sicherlich mit Wohlwollen begrüßt. Aber ein Passat R36, mit 300 PS der stärkste innerhalb der Passat-Familie, weckt Emotionen – selbst bei jenen, die hauptsächlich Spitzensportler oder Hot Hatches sammeln.

Auf der Spielwarenmesse Ende Januar standen auf dem NZG-Stand etwas versteckt drei Exemplare, nicht in der Ausstellungsvitrine. Sie wurden von aufmerksamen Sammlern entdeckt. Und seither ist das Modell ein Thema. Als die ersten Exemplare in China verfügbar waren, bestellten die ganz Munteren ihren R36 und zeigten ihn stolz in Foren, was beim Rest der „Community“ sogleich einen haben-wollen-Reflex auslöste. Nun ist er offiziell verfügbar, der NZG Passat R36 Variant, in den vier Trendfarben Tornadorot Y3D, Biscayablau 52B, Candy Weiß LB9A und Deep Black Perleffekt LC9X als einziger Metallicfarbe. Tatsächlich? In Wahrheit lackiert Keng-Fai den Weißen ebenfalls in Metallic, aber Candy Weiß ist nun mal ein Uni-Farbton. Diecast, all open, lenkbar, rollbar, gefedert: Das sind schon andere Parameter als beim all-closed Resinemodell von Ottomobile, im Januar 2017 in Biscayablau erschienen. Die aus China importierten Modelle sind selten preiswerter als der offizielle NZG-Preis (vor allem nicht unter Berücksichtigung der Nebenkosten), aber sie verfügen über ein Surfbrett und eine Dachbox, die auf die Dachreling gelegt werden können, als Zubehör. Das haben die NZG-Modelle nicht, aber in der Styroporverpackung findet sich die Surfbrett-Aussparung. Und es gibt weitere Unterschiede zwischen der in China verfügbaren Version und dem NZG-Modell: Beim Chinesen sind die Armlehnen zwischen den Vordersitzen und in der Rücksitzbank beweglich, das Schiebedach lässt sich öffnen und die Außenrückspiegel sind klappbar. Das alles kann die NZG-Version nicht, ist also funktional ein wenig abgespeckt. Außerdem liegt der China-Version ein Limitierungszertifikat mit durchgehender Seriennummer bei, dem deutschen Passat nicht (in China mehr Farbvarianten, jeweils auf 99 Exemplare limitiert). Aber auf all das kann man verzichten. Das sind Spielereien, für die man das Risiko eines privaten China-Imports nicht eingehen muss. Trotzdem ist es doch ein bemerkenswertes Phänomen, dass zunehmend Modellautos für den asiatischen und den europäischen Markt in unterschiedlichen Ausbaustufen und auf verschiedenem Qualitätsniveau hergestellt werden.

Homunkulus fühlt sich wohl

Was heute als älterer Gebrauchtwagen und noch-nicht-Youngtimer von NZG kommt und von den Fans gefeiert wird, wäre vor noch nicht allzu langer Zeit ein Auslaufmodell bei Minichamps gewesen – eben zu jener Zeit, als die großen Autohersteller parallel zur Lancierung eines neuen Typs ein Industriemodell in 1:18 in Auftrag gaben. Das kam dann nach einer Höflichkeitsfrist auch in den Fachhandel, ein paar Farbvarianten folgten peu-à-peu, und sobald das Original nicht mehr vom Fließband rollte, verschwanden auch die Modelle aus dem Produktionsprogramm. Das NZG-Modell ist qualitativ super gemacht, wirkt sehr solide und hochwertig. Formal sehen wir keinerlei Defizite, und wenn wir uns fiktional 18fach schrumpfen und in die Ecken des Modells eintauchen, erleben wir darin und daran auch die helle Freude. Der Innenraum ist tadellos, und das rote Modell gewährt beste Einblicke, denn nur an diesem ist das Interieur in hellem Beige, die anderen sind schwarz. Alle Innenraumteile sind, abgesehen von dem beflockten Boden, lackiert, was natürlich eine weit höhere Qualitätsanmutung vermittelt als Plastik im Naturzustand. Detaillierung und Bedruckung lassen keine Wünsche offen, die R36-Besonderheiten sind gut ausgeführt, bis hin zu den gelöcherten Alupedalen. Der mattweiß lackierte Dachhimmel ist vollständig strukturiert, Dachkonsole, Haltegriffe, Sonnenblenden, Innenraumbeleuchtung. Nett sind die glänzenden Schwellerverkleidungen, das Lenkrad folgt den Bewegungen der Vorderräder. Der kleine Homunkulus, also der 18fach Verkleinerte, kann sich auch an Stoffgurten anschnallen, und wenn er hinten sitzt, sieht er hinaus, aber niemand sieht hinein, weil die hinteren Seitenscheiben und das Rückfenster schwarz getönt sind. Der Laderaum ist ebenfalls beflockt, die Haubenscharniere fein gemacht und filigran. Der vordere Haubenlifter ist vorbildkonform etwas kurios in Höhe des Goldenen Schnitts angebracht, flapsig ausgedrückt mitten im Motorraum. Das Aggregat ist separat eingesetzt, also ganz nach Sammlerwunsch ausgeführt, und der R36 gehört noch zu jener Generation Auto, das seinen Motor nicht unter Abdeckungen verbirgt. VR6 heißt er, 3,6 Liter hat er, dazu 300 PS. Eine Kombi aus V- und Reihenmotor, so kurz wie ein V-Motor und so schmal wie ein Reihenmotor, bei VW zwischen 1991 und 2024 aktuell und ursprünglich für den Passat B3 entwickelt. Die Charakteristik des VR6 sieht man gut im NZG-Modell, das alles darlegt und obendrein im Motorraum mit Farbklecksen und Wartungsaufklebern aufwartet.

Was einen Passat R36 von einem Passat unterscheidet, hat NZG miniaturisiert – die Details ebenso wie den Charakter. Ein Passat, der nichts nötig hat, eines keinen anderen Konkurrent ist, ein Volkswagen-R-Modell eben, ein Auto für besser-Passat-Fahrer. Dank Allrad und ausgeklügeltem Fahrwerk bereit zur Kurvenjagd, dabei acht Packungen Pampers im Laderaum und zwei Kindersitze auf der Rücksitzbank. Hört man Zeitgenossen, die zu Zeitzeugen wurden, so sagen sie unisono: „Schade, dass es heute so etwas nicht mehr gibt.“ Er trägt seinen Chromgrill mit Stolz wie die Testosteron-Brustmuskulatur, 18-Zöller, breite Kotflügel und der Spoiler an der Heckscheibenoberkante sehen nach Doping für den Bodybuilder aus – das wirkt ein wenig wie ein Finanzbeamter im Pollunder mit Irokesenschnitt.

afs

Muckibude für Familienmenschen: Passat R36 Variant, ein braver Kombi mit Amphetaminen gepusht, eine reizvolle Mischung, von NZG ebenso reizvoll umgesetzt. Rote Bremszangen korrespondieren mit dem Karosserielack, und innen so luxusedelhellbeigefarben wie ein Bentley.
Modellfotos: bat
Wer einen Vertreter-Passat gewöhnt ist, findet sich sofort zurecht. Und dennoch ist so vieles anders im R36, nicht nur die gelochten Alupedale.
Des Passaten Herz, von NZG superb umgesetzt mit separat eingesetztem Motor, ausreichend Farbe und Drucke, und der Haubenlifter ist „irgendwo entfernt der Mitte“. Das muss so sein.
Wirklich schon tauglich für Klassikertreffen? R36 Variant bei Bicester Scramble im englischen Oxforshire im Oktober 2024.
Foto: MrWalkr

Steckbrief:

NZG 1083/10 Volkswagen Passat R36 4Motion Variant 2008 Tornadorot, 1083/20 dito Biscayablau, 1083/40 dito Candyweiß, 1083/50 dito Deep Black. Fertigmodelle Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP je 185 Euro.