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News 1:43 Maxichamps Porsche Carrera RS 3.0 1974

Kein Bürzel mehr

Der Carrera RS 2.7 ist legendär, der Elfer mit dem Entenbürzel. Sein Nachfolger steht in seinem Schatten, der Carrera RS 3.0. Weil er keinen Entenbürzel trägt. Und ein bisschen nach Hinterhoftuning aussieht. Dennoch wichtig für die Porsche-Historie, und Maxichamps widmet ihm einen Dreiundvierziger.

In der Grand-Tourisme-Gruppe hatte sich der Porsche Carrera RSR einen guten Namen gemacht. Letztlich fand er keine ebenbürtigen Gegner mehr, die GT-Europameisterschaft 1973 geriet zum absoluten Porsche-Festival. 1974 war es nicht anders, die Kölner Privatteams von Georg Loos und Erwin Kremer dominierten das GT-Geschehen auf Porsche Carrera RSR 3.0. Und 1975 dasselbe Bild, selbst in der amerikanischen IMSA-Serie. Diese Saison war das Ende der Carrera-Ära, für 1976 bot Porsche den Kunden eine Rennsportversion des 911 Turbo an, den Porsche 934, 485 PS stark und quasi auf Siege abonniert.

Zuvor, 1974 und 1975, offerierte Porsche seinen Kunden den 911 Carrera RS 3.0 respektive RSR 3.0. Der RS ist ein Straßenauto mit Straßenzulassung, ein Gruppe-3-Fahrzeug für Rennen und Rallyes. Der RSR verfügt über einen Rennmotor, ist breiter und hat spezielle Räder, seitliche Lüftungsöffnungen vorne und hinten sowie einen speziellen Heckflügel, keine Straßenzulassung. Beide Stoßfänger am RS sowie die vorderen und hinteren, unteren Karosserieabschlüsse sind einteilige Plastikformteile, vorne mit integriertem Ölkühlerschacht. Dieses Design wirkte, zumindest im Vergleich zum kultigen Vorgänger 911 Carrera 2.7, etwas unmotiviert und sah ein wenig nach Hinterhoftuningwerkstatt aus. Der serienmäßig 230 PS starke 3-Liter-RS war nach demselben Prinzip gestrickt wie sein Vorgänger mit dem Entenbürzel: Gewichtsersparnis durch Dünnbleche, Dünnglas, GfK-Teile und Magerausstattung, innen Leichtbauschale für den Fahrer, Rennsitz für den Beifahrer, beide von Recaro, Vorbereitung für Überrollbügel. Das Fahrwerk entsprach weitgehend dem Vorgänger: Bremsanlage vom Porsche 917, Fünfgang-Getriebe. Fenstereinfassungen und Außenspiegel mattschwarz, Scheinwerferringe in Wagenfarbe. Reifen 215/60 VR 15 vorne und 235/60 VR 15 hinten. 110 Exemplare à 64.980 D-Mark, davon wurden 50 oder 56 (je nach Quelle) ab Werk für Renn- oder Rallyeeinsatz zum RSR umgebaut.

Der Schatten-Porsche und der Licht-Porsche

Von der breiten und beflügelten Optik abgesehen, unterschied sich der RSR vom RS durch speziellen Recaro-Rennsitz, Überrollbügel, Feuerlöschanlage, 110-Liter-Tank, zwei Benzinpumpen, Reifen 230/600-15 vorn und 260/600-15 hinten. Motor 315, später 340 PS. Unter dem Titel „Gewaltakt“ schrieb Tester Klaus Westrup Auto Motor Sport in Heft 15/1974 über Deutschlands stärkstes Auto, also die Straßenversion RS 3.0, „der (reiche) Mann von der Straße“ helfe Porsche, „den Verpflichtungen der Homologation genügen zu können“ und „die Art, wie sich der potente Sprinter in Bewegung versetzt, sucht ihresgleichen“. Es handle sich „um einen fast schmerzhaften Abzug“: „Der entstehende Schub hat etwas von dem, der entsteht, wenn man zum Antreiben keine Räder mehr nötig hat, sondern das über Düsenstrahlen besorgen lässt.“ Außerdem nennt Westrup zwei Promis, die sich für einen Carrera RS 3.0 haben vormerken lassen: Herbert von Karajan und Reinhard Mey. In der amerikanischen Road & Track testete Paul Frère den 3-Liter RS. Frère, ein Vollbluttechniker, war nie zu Begeisterungsstürmen bereit, doch beim Carrera RS sind selbst in seinem Test Emotionen zu spüren: „This is one of the fasted road cars we have ever timed“, schreibt er und merkt süffissant an, der 3-Liter-RS sei „one mile slower“ als der Carrera RS 2.7, nämlich „nur“ 149 mph.

Kurioserweise ließ sich Minichamps mit dem weit populäreren Entenbürzel-Modell, 2013 erschienen, mehr Zeit als mit dem 3-Liter-RS, der bereits 2007 kam. Kurios? Nein, konsequent. Denn damals gab es diverse 1973er Carrera 2.7 am Markt, aber kaum einen 1974er Carrera 3.0. Das ist bis heute nicht anders. Der ’73er ist einfach populär, der ’74er steht in seinem Schatten. Umso erfreulicher ist die Wiederauflage.

Zum Modell ist nicht viel zu sagen, außer: Es ist ein Minichamps-Porsche. Letztendlich reicht das bereits als tragfähige Aussage, alles Weitere ist Dekoration: formal einwandfrei, genaue Detailrecherche, super dekorierte Felgen (güld’ne Füchse mit polierten Rändern), der abgewandelte Donauwellen-Schriftzug ebenfalls in mattgold, Frontschürze und Heckspoiler sind am Modell ebenso gewöhnungsbedürftig wie am Original, was ein weiteres Mosaiksteinchen in der Beantwortung der Frage ist, warum der ’74er der Schatten- und der ’73er der Licht-Porsche ist.

afs

Das Weiß ist klar, es ist Grandprixweiß 908, die einzige offizielle Farbe für die Straßenversion. Das Grün, nicht nuancenexakt zum Original, scheint Gelbgrün 137 (internationales Porsche-Sprech: Lime Green) zu sein, 1974 bis 1977 auf der Palette. Wer genügend zahlte, bekam den RS auch in nicht-Weiß, also in Grün.
Modellfotos: bat
Die Eleganz des ursprünglichen Carrera RS 2.7 mit seinem Entenbürzel war perdu. Der Carrera RS von 1974/75 sah, vor allem wegen seines vorderen Kunststoff-Formteils, ein wenig nach Hinterhoftuning aus. Und nachträglich getunte Hinterhoffahrzeuge ließen sich auf den ersten Blick auch nicht mehr vom werksseitigen Carrera RS 3.0 unterscheiden.
Foto: afs
Der damals sehr erfolgreiche, sanfte Chansonnier Reinhard Mey holt 1974 seinen Carrera RS 3.0 im Werk ab. Reinhard Mey hatte schon immer ein Faible für Porsche, das ist bekannt.
Foto: Archiv Porsche
Es ist schon etwas mehr, was aus einem 911 Carrera einen Carrera 3.0 RS macht als die hier gezeigten Technikteile. Aber sie sind das Wesentliche. Das weitere ist Optik und Interieur.
Foto: Archiv Porsche