Ammann, Thomas, Frank Jung: Porsche 356. Nr. 5006 lebt. Der Start von Porsche in Deutschland. Bielefeld (Delius-Klasing-Verlag) 2024. 232 Seiten. ISBN 978-3-667-12530-9. Preis 49,90 Euro.
Der Anfang liest sich fast wie ein Krimi. Eine obskure Kontaktaufnahme eines anonymen Anbieters via Mittelsmann, Vorverträge, ohne das Objekt der Begierde live gesehen zu haben, ein etwas verwildertes Grundstück im Bremer Umland, darauf schrottige Porsche, die auf eine Restaurierung warten, gleichsam das Damoklesschwert der Räumung durch die Stadtverwaltung, die den „illegalen Schrottplatz“ nicht dulden möchte. Die beiden Inhaber des Prototypenmuseums in Hamburg, Oliver Schmidt und Thomas König, bekommen den ältesten erhaltenen Porsche 356, Fahrgestellnummer 5006, angeboten und schlagen zu. Denn besonders alte, sehr frühe Porsche haben es den Beiden besonders angetan. Den Ältesten zu besitzen, war schon immer ihr Wunsch.
Das Buch „Nummer 5006 lebt“ beschreibt dessen (nur fragmentarisch bekannte) Lebensgeschichte, das Auffinden, die Restaurierung der Ruine und den Stolz seiner neuen Eigentümer, ein derart besonderes Stück in ihrem Museum ausstellen zu können. Die persönliche Freundschaft der Museumsbetreiber zum Leiter des Porsche-Archives brachte das Buch zustande. Der Verfasser dieser Besprechung trug einen klitzekleinen Teil dazu bei, einige Fotos aus seinem Archiv, welche die Nummer 5006 zu frühen Lebzeiten zeigen, sind enthalten. So wurde das Rezensionsexemplar dieses Buches ursprünglich nicht also solches an den Verfasser gesandt, sondern als Belegexemplar.
Den Text des Buches verfasste Thomas Ammann (ex-Spiegel-TV, ex-Stern). Er kann also schreiben, der Mann! Er kann auch spannend schreiben, der Mann. Man mag das Buch gar nicht mehr zur Seite legen, wenn man damit angefangen hat. Auch wenn das Buchthema ein konkreter Porsche ist, die Fahrgestellnummer 5006, so ist die Geschichte Ferdinand Porsches und der Firma Porsche unumgänglich zum Verständnis des historischen Kontexts. Sie wird ausführlich und ausgiebig geschildert, der Weg vom Konstrukteur Ferdinand Porsche zum Fabrikinhaber Ferdinand Porsche, der Weg von Stuttgart über Gmünd zurück nach Stuttgart. Dieses Kapitel verfasste Frank Jung, der Leiter des Porsche-Archivs und Spross der Familie Reutter – jener Familie, der das Karosseriewerk vis-à-vis der Porsche-Fabrik gehörte, in welcher die Porsche-Aufbauten hergestellt wurden, bevor Porsche es übernahm und erst spät zum eigenen Karosseriebau kam. Natürlich ist dieses Kapitel wichtig für den Gesamtzusammenhang, aber inhaltlich kennen wir dies alles schon. Obendrein hätten diesem Kapitel ein paar zusätzliche Fotos gut getan, über weite Teile ist es eine Bleiwüste. Und genügend Bildmaterial ist vorhanden im Porsche-Archiv, das durch Frank Jungs Position dort nun auch Zugriff auf das Reutter-Archiv hat. Richtig spannend wird dieses Kapitel erst am Schluss, wenn Jung ganz konkret auf die ersten in Stuttgart gebauten Porsche 356 eingeht und jeden einzeln beleuchtet – angefangen beim „Windhund“, dem ersten Wagen, dem Präsentationsstück und gleichzeitig Privatwagens Ferry Porsches, der schon 1952 bei einem Unfall sein Leben ließ.
Der Hauptteil beschreibt die aufwendige Restaurierung von Nummer 5006. Zeitaufwendig, über zehn Jahre. Sicherlich auch finanziell aufwendig, darüber erfährt der Leser nichts. Das Buch belästigt Nicht-Techniker nicht mit Technischem. Das wäre auch fehl am Platze. Aber es erfreut ihn mit großformatig gedruckten Profifotos von der Gestehung und Entstehung von Nummer 5006, zeigt meisterliches Handwerk, zeigt ruhige und besonnene Könner an althergebrachten Maschinen, berichtet ein paar Anekdoten. Das Ende des Buches ist der fertige Wagen in herrlichem Zustand, bestimmt so gut, wie er als Neuwagen war, womöglich sogar besser. Zum Schluss noch ein Interview mit den beiden Museumsinhabern, was als Schluss taugt, aber nichts Ungesagtes bringt. Gleichsam ist es ihr Buch, sie haben es in Auftrag gegeben, also dürfen sie auch das letzte Wort haben.
afs