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News 1:18 Norev Chevrolet Corvette C2 Sting Ray Convertible 1963

Die Unkopierte

Röter geht nicht. Die Zeit des “Kommunistenfressers” Joseph McCarthy in den USA war zu Corvette-C2-Zeiten zwar vorbei, aber ein derart roter Ami dürfte auf das bürgerliche Establishment schon verdächtig gewirkt haben. Norev zeigt Mut zur Farbe: außen rot, innen rot, Verdeck rot. Auch der Sammler braucht dazu etwas Mut.

Durchschnitt inspiriert niemanden. Ein originelles Design reizt die Copycats. Das wird imitiert, zitiert, und der schöpferisch minderbemittelte Designer hofft, seine Kreation würde vom Genius des Originals profitieren. Wenige originelle Automobilentwürfe wurden überhaupt nicht kopiert – sei es aus Respekt vor dem Original oder weil sie als Gesamtkunstwerk gelten und somit nicht partiell kopiert werden konnten. Zu diesen Ausnahmen zählen die Citroën DS und die zweite Generation der Chevrolet Corvette, also die Corvette C2, von Norev nun in ebenso unmöglicher wie genialer Farbgebung erneut gebracht.

Wie das Design der Corvette C2 zustande kam, ist eine oftmals erzählte Legende. Sie mag wahr oder unwahr sein, aber sie ist erzählens- und sogar wiederholenswert. Angeblich hatte der General-Motors-Chefdesigner Bill Mitchell beim Hochseefischen einen Hai beobachtet und abstrahierte dessen Form auf ein Auto. Heraus kam das Showcar Mako Shark I (XP-755) von 1962, das er zusammen mit seinem Mitarbeiter Larry Shinoda zu Papier brachte. Nur die Story mit dem Haifisch und der Inspiration desselben für ein Autodesign ist Legende, alles andere ist verbrieft. Aus dem Mako Shark wurde die Corvette C2, für deren Design der Mako Shark Pate stand und das Larry Shinoda verantwortete. Außer Frage steht, dass die Corvette C2 ein Designerfolg war. Umso befremdlicher und erstaunlicher ist es, dass das Design einzigartig blieb, kein Designelement „geklaut“ wurde, am allerwenigsten sein Hauptcharakteristikum, die mittig geteilte Heckscheibe des Coupés (die der Wagen nach einem Jahr Bauzeit ohnehin einbüßte) – ja, nicht mal ein anderes GM-Fabrikat profitierte von der Corvette C2.

Lawrence Kiyoshi Shinoda, Sohn japanischer Einwanderer in die USA, studierte am Art Center College of Design in Los Angeles (bevor es nach Pasadena umzog) und arbeitete ab 1956 für GM. Seine Haupttaten dort sind die Corvette C2 und ihr 1967er Nachfolger C3. Als Henry Ford II 1968 den GM-Manager Bunkie Knudsen abwarb, brachte dieser Shinoda mit. Bei Ford kreierte Shinoda den Boss-Mustang 302 und zeichnete den etwas dicklichen vierten Mustang (1971 bis 1973). Als Henry Ford Knudsen feuerte, ging auch Shinoda, weil ihm der Rückhalt fehlte. Die beiden blieben zusammen, bauten Wohnmobile und Hot Rods, doch um den legendären Corvette-Schöpfer wurde es ruhig. Erst Anfang der 90er machte Shinoda wieder von sich reden, als er für AMC den Jeep Grand Cherokee ZJ zeichnete.

„Ein Mann sieht rot“

Das Modell ist schon seit längerem bekannt, Ende 2022/Anfang 2023 erstmals ausgeliefert. Die zweiflügeligen Zentralmuttern der Felgen und die Außenspiegel definieren das Norev-Modell als sehr frühe C2, als Exemplar der ersten Produktionswochen 1963. Die bisherigen Norev-Farben für dieses Modellauto waren seriös, wobei es 1963 gar nicht allzu viel Auswahl an Farben gab: Silver Blue, Tuxedo Black, Daytona Blue, Saddle Tan, Ermine White, Sebring Silver und Riverside Red. Für letzteres votierte Norev nun, außen und innen, also eine vollkommene Röte, die auch das mitgelieferte, geschlossene Verdeck umfasst. Damit wir uns richtig verstehen: Innen ist alles rot, nicht nur Sitze, Türverkleidungen und Teppichboden, sondern auch das Armaturenbrett samt Mittelkonsole, der Lenkradkranz und die Lenksäulenverkleidung, selbst die Sonnenblenden sind rot. Wer hier Platz nimmt, kann von sich zu recht sagen: „Ein Mann sieht rot.“ Es ist kurios, dass diese beiden ungleichen Autos, die wir am Beitragsanfang in einen Topf warfen, die DS und die Corvette C2, neben der Tatsache, nicht kopiert worden zu sein, noch eine weitere Gemeinsamkeit haben: Auch Citroën mutete seinen Kunden in den 60ern die Farbkombination außen und innen Rouge Carmin AC411, Rouge Cornaline AC419 und Rouge Corsaire AC403 zu.

Die Antenne auf dem linken hinteren Kotflügel suggeriert ein AM-Radio, und dieses wiederum suggeriert zeitgenössische Musik in Mono, Elvis Presley, Johnny Cash, Beach Boys, Jerry Lee Lewis, Paul Anka, Buddy Holly, Pat Boone, Little Richard, Roy Orbison und die Beatles mischten den US-Musikmarkt damals auch ganz schön auf.

Ein bisschen Erholung für die geröteten Augen gibt es. Viel Chrom natürlich, dazu Weißringreifen der Größe 6,70×15, das runde Corvette-Emblem mit den gekreuzten Flaggen am Heck, die Armatureneinfassung ist schwarz, ihr stilistisches Äquivalent auf der Beifahrerseite, der Handschuhfachkasten, ist weiß und die Kennzeichen aus dem Bundesstaat Indiana sogar blau. Die passen rein farblich gar nicht zum Auto.

afs

Der Stachelrochen in Riverside Red und offen: ein ikonisches Auto, American Graffiti in Reinkultur! Rundum schön gemacht und dekoriert. Nichts zu öffnen, nicht gefedert, aber lenkbar und mit Teppichboden versehen. Zu C2-Zeiten schrieb Chevrolet „Sting Ray“ noch auseinander, ab 1967 zusammen.
Modellfotos: bat

Steckbrief:

Norev 189056 Chevrolet Corvette C2 Sting Ray Convertible 1963 rot. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP 69,95 Euro.