Blau-weißes Oktoberfest
AUTOart kommt in Sachen Mustang der Moderne immer näher. Nach dem 2017er Modell erscheint nun der Shelby GT500 des Jahrgangs 2023. Andere sind bereits beim 2025er Mustang, der neuen Generation. Andere sind nicht AUTOart. Gut Ding will Weile haben. Und gut ist das Ding wirklich. Sogar sehr gut!
Schnell geht bei AUTOart gar nichts. Aber auf gleichbleibend hohem Niveau erscheinen die Neuheiten. Teilweise zu Zeiten, da die Originale nicht mehr gebaut werden. Wer’s eilig hat, möge Resinemodelle kaufen. Die Entwicklung und Konstruktion eines AUTOart-Modells dauert. Und aus der Ruhe scheinen sich die AUTOartisten auch nicht bringen lassen zu wollen. Gut so! Der typische AUTOart-Käufer ist kein Jungspund, der nicht warten kann. Wer AUTOart sammelt, muss ein paar Kreuzerchen auf dem Girokonto haben, diese sollten sogar übrig sein, und wer es so weit gebracht hat, hat es auch zu einer gewissen Gelassenheit gebracht. Also; Die AUTOart-Neuheit ist kein Mustang der neuesten Generation (Mustang VII, Typ S650), sondern ein Mustang VI (Typ S550) der allerletzten Ausbaustufe, also Modelljahre 2018 bis 2023, und das konkrete Vorbild, der Shelby GT500 als Mustang-Topmodell, wurde ab Herbst 2019 offiziell ausschließlich in den USA verkauft.
US-Pony aus den Händen eines Deutsch-Bosniers
Der sechste Mustang, der Typ S550, galoppierte zwischen August 2014 und April 2023 mit einem Facelift 2018; das Design erledigte der bosnisch-deutsche Stilist Kemal Curić. Das Topmodell Shelby GT500, die AUTOart-Neuheit, gab es nur nach dem Facelift, präsentiert im Januar 2019, verkauft ab Herbst als Modelljahr 2020.
Geboren wurde der sechste Mustang mit einem 2,3-Liter-Vierzylinder-Ecoboost-Motor, einem 3,7-Liter-V6 (bis 2017) und einem 5-Liter-V8 für das GT-Modell mit 435 und nach dem 2018er Facelift 460 PS, 2022 auf 450 PS der Emissionen wegen reduziert. Ein anderes Kaliber war der Shelby 500GT, dessen Design von Chris Stevens modifiziert wurde. 5,2-Liter-Predator-V8, handgefertigt, rabiate 771 PS dank Roots-Kompressor. Das war den EU-Kommissaren zu viel des Guten, sie verweigerten die Betriebserlaubnis. Den Shelby GT500 gab es nur in Nordamerika, im Nahen Osten und auf den Philippinen. Natürlich auch optische Besonderheiten am Shelby 500GT: größere Hutzen und Lüftungsschlitze, vergrößerte Brembos, aerodynamische Verbesserungen, 20-Zoll-Carbonräder, Michelin Pilot Sport Cup 2-Reifen, innen Carbon am Armaturenbrett und Recaros, optional keine Rücksitzbank. Es gab Sondereditionen: Signature Edition mit 40 Zusatz-PS, GT500 KR, auf 180 Exemplare limitiert, und GT500 Code Red mit Biturboaufladung, mit 93-Oktan-Sprit über 1000 PS stark, im Ethanolbetrieb bis zu 1300 PS. Das waren aftermarket-Upgrades von Shelby, keine Fließbandfahrzeuge.
Die Festfarbe für Mustang-Fans und Bayern-Fans
Ein typisches und sorgfältig-professionell konstruiertes AUTOart-Modell. Der Mustang besticht durch all die gewohnten Tugenden und leistet sich nirgends eine Schwäche. Die Lackierung brillant wie immer, die Verarbeitung gewissenhaft, der Gesamteindruck sehr gut. Wo Gitter sein müssen, sind sie durchbrochen und offenbaren das Dahinter, der wenige Chrom (beschränkt sich auf die stilisierte Shelby-Cobra vorne, hinten und an den Vorderkotflügeln) brillant, der weiße Doppelstreifen über die Fahrzeugoberseite akkurat, die Bremssättel nicht nur gerötet, sondern auch mit „Brembo“ beschriftet, die gut profilierten Reifen mit Flankenbeschriftung, ein Ventil an den Felgen suchen wir vergebens. Heckdeckel und Türen haben hervorragende Scharniere. Natürlich kann man eine Kunststofftüre an einer Kunststoffkarosserie nicht mit Schmackes schließen, um ein sattes Geräusch zu vernehmen. Dazu bedürfte es Zinkdruckgusses. Dieses sinnliche Erlebnis ist einem „Plastikauto“ nicht zu eigen. Die vordere Haube öffnet an konventionellen Scharnieren, was dem Vorbild geschuldet ist. Dafür erhebt sich beim Öffnen ein quasi mitten auf dem Motor befestigter Haubenlifter, der sich teleskopartig auszieht. Der Kofferraum ist nicht sonderlich spannend, eben ein mit Teppichboden ausgelegter Kofferraum, Teppichboden auch an der Haubeninnenseite. Freuen wir uns am Motor. Die Amis schaffen es nämlich, einen solchen zu schaffen, dem man sein Dasein ansieht – fast wie früher. Zwar ist zu viel im Motorraum, um einen Durchblick zum „Asphalt“ zu gestatten, aber AUTOart arbeitet mit vollem Programm, also einem separat eingesetzten Motor. Teile des Motorraums, hauptsächlich die Federdome, sind in Karosseriefarbe gehalten, farbliche Akzente werden durch einen weißen Wasser- und Bremsflüssigkeitsbehälter und einen silbernen Zylinderkopf gesetzt, dazu ein Wartungsaufkleber auf dem Kühler. Der Innenraum ist hoch detailliert, völlig korrekt und sportlich trist, weil einfarbig schwarz mit nur ganz wenig Abwechslung. Ein klein bisschen Weiß an den Schalensitzen und der Mittelkonsole, ein paar silberne Partien und die Beschriftung auf der Einstiegszierleiste „Ford Performance“ ist zweifarbig weiß/rot. Das Schwarz setzt sich außen fort an den Felgen, dem Heckspoiler, den Schwellern, dem Diffusor, dem unteren Karosserieabschluss.
Doch das Schwarz harmoniert bestens mit dem Grabber Blue, gepaart mit dem weißen Doppelstreifen, ein Fest für jeden überzeugten Bayern. Aber auch für jeden überzeugten Ford-Fan, denn das Grabber Blue zitiert jene typische Ford-Sportfarbe aus den späten 60ern und frühen 70ern, in der die Capris über die Rundstrecke rannten, in der die Escort über die Rallyepisten rumpelten, und Weiß war damals schon die ergänzende Zweitfarbe. Ab 1969 war Grabber Blue eine Zeitlang eine US-Ford-Serienfarbe, zuerst ausschließlich für die Shelby-Mustang, unvergessen der Boss Mustang 302 aus den Früh-70ern in diesem Farbton. Gleichsam ist Weiß mit blauen Doppelstreifen über die Oberseite respektive umgekehrt Blau mit weißen Doppelstreifen auch die typische, US-amerikanische Rennfarbe. das Wort „Grabber“ jedenfalls ist amerikanischer Slang, „Grabber Blue“ kann grob mit „packendes Blau“ oder „fesselndes Blau“ übersetzt werden. Aber wer will es übersetzen? Wenn jemand sagt, sein Mustang sei Grabber Blue, dann weiß der Kenner schon, was gemeint ist. Auch der neue Mustang, der 2024er, wird wieder in Grabber Blue erhältlich sein. Und wer sich bei dieser Farbe an das französische Rennblau erinnert fühlt, liegt ebenfalls richtig.
Neben Grabber Blue existieren weitere Farben des Shelby Mustang von AUTOart: Oxford White, Eruption Green, Rapid Red, Cyber Orange und Iconic Silber, die zum größten Teil noch nicht ausgeliefert sind, aber noch dieses Jahr erscheinen werden.
afs



Modellfotos: Hans-Joachim Gilbert




Foto: Alexander Migl
Steckbrief:
AUTOart 73094 Ford Mustang Shelby GT500 2020 Grabher Blue. Fertigmodell Kunststoff, Maßstab 1:18. UVP 269,95 Euro.