Hack, Joachim: Mercedes-Benz G-Klasse. Seit 1979 nicht zu stoppen. Stuttgart (Motorbuch-Verlag) 2025. 224 Seiten. ISBN 978-3-613-04795-2. Preis 39,90 Euro.
Seitdem der Mercedes G kein G-Modell mehr ist, sondern eine G-Klasse mit V8-Motor, also spätestens seit 1993, polarisiert er, beeindruckt durch seine schiere Präsenz und seine technischen Kenndaten, demonstriert Wohlstand und Selbstbewusstsein seiner Eigentümer. Seitdem ist er auf dem Modellauto- und Buchmarkt (und diese beiden sind oftmals deckungsgleich!) omnipräsent. Nahezu jeder deutsche Buchautor, der etwas auf sich hält, hat schon einmal ein Buch über die G-Klasse geschrieben. Der Verfasser dieser Zeilen schließt sich selbst nicht aus, behauptet damit aber nicht, dass er etwas auf sich hält. Nun also Joachim Hack. Er hat noch kein G-Klasse-Buch geschrieben. Zeit wurde es also.
Je älter die G-Klasse wird, je mehr ihre Evolution voranschreitet, desto dicker werden die Bücher. Denn sie haben allesamt den Anspruch, allumfassend zu sein – auch, um der gehobenen Käuferklientel gerecht zu werden, die nicht selten selbst G-Eigentümer ist. Bei einem Automobil, das seit 1979 bis heute gebaut wird, bietet sich die chronologische Anordnung der Kapitel an: die unterschiedlichen Baureihen als Überkapitel, darin die jährlichen Veränderungen. So wird man der G-Klasse am besten Herr und so macht es auch Joachim Hack. Die militärischen Typen streift er nur am Rande, dafür bekommt der „Worker“ den Platz, der ihm gebührt. Hack geht es primär um den zivilen G, um das Spielzeug der Schönen und Reichen. Denn obgleich sich der G ziemlich treu blieb (bis auf die Aufgabe der vorderen Starrachse 2018) und nach wie vor drei Sperrdifferenziale und ein Verteilergetriebe aufweist, so geht kaum jemand mit einem so teuren Auto ins Gelände. Der klassische G auf der Straße ist frisch poliert, aber nicht matschig. Artgerecht gehalten wird kaum einer. Joachim Hack bedient sich nahezu ausschließlich der Daimler-Benz-Werksfotos, und weil er schon alleine deshalb nahe am offiziellen Daimler-Duktus bleibt, kann er uns kaum Neues berichten. Über den G ist eben durch die vielen Publikationen schon alles gesagt.
Also konzentriert man sich auf das letzte Kapitel, das den W465 behandelt, die jüngste Version ab Frühjahr 2024. Denn darüber hat man in Buchform noch nichts zu lesen bekommen. Generell ist Hacks Schreibstil bekannt, sachlich, korrekt, deskriptiv – passt zum Auto! Die Fotos sind perfekt, eben Werksfotos, aber wer andere G-Bücher bereits hat, kennt die meisten davon. Hack lockert mit Anekdoten und Episoden auf, erinnert an das Papamobil, die frühen Dakar-Siege. Je jünger der G im Buch wird, desto mehr ist über ihn zu sagen, denn plötzlich gab es Dreiachser und Portalachser und sogar einen G, der sich Maybach nennt. Seit der neuesten Generation ist die G-Klasse sogar zum Elektroauto geworden. – Auch hier: Hack beschreibt sachlich, er kommentiert nicht. Aber immerhin zitiert er einen namenlosen „höheren Manager“ bei Daimler-Benz, der hinter vorgehaltener Hand bekundet, der Elektro-G stehe im Handel „wie Blei“. Die Technikaffinen freuen sich über umfangreiche Tabellen mit Daten und Fakten, und schön ist, dass Hack jeden Motor auch im Bild zeigt. 220 neue G-Seiten, davon 197 redaktionelle (der Rest Tabellen): Für die G-Freunde ein neues Buch, welches das Thema variiert, ohne gewohnte Pfade zu verlassen. Wirklich neu ist tatsächlich nur, was wirklich neu ist, nämlich die Baureihe W465. Und der sieht kein Mensch optisch an, dass irgendetwas neu ist.
Das Lektorat des Buches ist gut, auch wenn sich der Lektor ausnahmsweise versteckt und im Impressum nicht namentlich genannt wird. Das ist unüblich bei Motorbuch. Dafür erfahren wir, das Buch sei „nach den geltenden Vorschriften der General Product Safety Regulation“ entwickelt. Das ist eine 2023 in Kraft getretene EU-Regel, wonach alle non-food-Produkte innerhalb der EU sicher sein müssen. Das beruhigt den Leser ungemein, den Rezensenten auch! Es ist das erste Buch, das er in Händen hält, welches laut Impressum diesen Regeln nachkommt. Gleichsam sei ihm erlaubt, sich die Frage zu stellen, inwieweit ein Buch – ohne diesen EU-Regeln zu entsprechen – schädlich sein oder Risiken für Gesundheit und Sicherheit des Lesers bergen soll. Immerhin geht es der EU ja nicht um den Inhalt des Buches, sondern um seine physische Existenz. Rein physisch nahm der Verfasser dieser Zeilen natürlich schon Schaden an Büchern, an selbst verfassten ebenso wie an Büchern fremder Autoren: Papier kann scharf sein, und Schnitte im Finger durch Papierseiten sind unangenehm. Und wer (sehr) viele Bücher besitzt, unklug stapelt oder seine Regale überlastet, kann unter Büchern begraben werden. Bücher können ihrem Menschen auf den Kopf oder auf den Fuß fallen. Alles unschön und teilweise verletztend! Und das kann jetzt, durch die EU-Regel, nicht mehr geschehen? Fragen über Fragen…!
afs