Literatur

Lesenswertes: Opel-Jahrbuch 2025

Bartels, Eckhart (Hrsg.): Opel Jahrbuch 2025. Podszun-Verlag (Brilon) 2025. 144 Seiten. ISBN 978-3-7516-1145-9. Preis 18,90 Euro.

Das vergangene Opel-Jahrbuch hatte einen Hang zur Dystopie. Die 2025er Ausgabe ist etwas optimistischer. Obgleich der Blick auf Opel in der Jetztzeit nicht unbedingt Grund vermittelt, eine Wette auf ein weiteres Opel-Jahrhundert im Schoße des Stellantis-Konzerns abzuschließen. Das analysieren die Autoren schonungslos: Die Stellantis-Plattformen für aktuelle Opel sind oftmals ein Rückschritt in Sachen Innenraumgröße, die ureigene Opel-DNA wird nicht nur verwässert, sondern quasi abgeschafft – Opel ist eben nur noch eine Marke. Und das Opel-Portfolio ist jämmerlich geschrumpft.

Viel mehr Freude bereitet der Blick auf die Vergangenheit, auch den Autoren rund um Herausgeber Eckart Bartels, als Opel noch jenes deutsche Unternehmen war, das Autos baute, die unsere persönliche Geschichte begleiteten, die ein Gesicht hatten, die das automobile 20ste Jahrhundert bestimmten, die zuverlässig, schön, faszinierend, heimelig, vertraut waren. Als die Opel noch Kadett, Rekord, Kapitän, Manta und Commodore hießen. Und als ein Kombi noch ein Caravan war. In diesen Zeiten zu schwelgen, das vermittelt der größte Teil des Opel-Jahrbuchs 2025, und das weckt warme Gefühle.

Schöne Lesegeschichten sind Adam Opel in seiner Zeit vor 130 Jahren und die aufgefundene, historische Reportage der persönlichen Abholung eines Opel-Darraq 24PS im Rüsselsheimer Werk mit anschließender Überführung innerhalb von zwei Tagen in den Harz mit so einigen (technischen) Abenteuern. Dann beweist Eckart Bartels, dass es zum ersten Opel Olympia, zu dem vermeintlich alles gesagt ist, durchaus noch Neues gibt, vor allem über seine Konstruktion in den USA. Lesenswert auch der Beitrag über Heinrich Hauser, den Opel-Firmenchronisten und Reporter, der so manche Broschüre verfasste, die ein wahrer Opelist längst in seinem Bücherschrank hat (bspw. „Im Kraftfeld von Rüsselsheim“ oder die Druckschriften über die Geländesportveranstaltungen in den 30er Jahren). Eher etwas für die Jüngeren sind ein Rückblick auf den Kadett E und seine Derivate, die Spezialversionen des Corsa B (Tigra und das Projekt Scamp), die Geschichte der Tigra-Roadster-Entwicklung bei EDAG sowie die Geschichte des Katalysators bei Opel. Sehr gut und rechtzeitig niedergeschrieben, bevor das große Vergessen beginnt, ist der Dreiteiler über den „Aufbau Ost“ von Opel, also die Gegebenheiten und Schwierigkeiten, sich nach der Wende auf dem Gebiet der ehemaligen DDR zu etablieren. Garniert wird dies durch den Zeitzeugenbericht von Heike Herzog, die als junge Frau am Aufbau der dortigen Opel-Vertriebsorganisation mitwirkte. Arg technisch der Bericht über den General-Motors-Weltmotor L850 aus den 90ern, dafür äußerst unterhaltsam und aufschlussreich die Aktivitäten des Günter Artz aus Hannover, der nicht nur das Autohaus Nordstadt leitete und dort einen breiten VW 1303 mit Porsche-Motor realisierte, sondern auch Opel-Händler war und ganz spezielle Fahrzeuge kreierte, vom Kadett E mit Corvette-Technik bis zum Senator Caravan. Retrospektiv ist die Abhandlung über die Schließung des Opel-Motorenwerks in Aspern bei Wien und ziemlich gnadenlos die Analyse des Opel-Modelljahrgangs 2025.

Es ist also, wie in jedem Opel-Jahrbuch, wieder für jeden Opelisten etwas dabei (wobei die Fans der Großen Opel diesmal etwas zu kurz kommen), und Bartels und sein Team realisieren richtig, dass das Hauptaugenmerk heutiger Leser eher in den 80er und 90er Jahren liegt, aus rein demographischen Gründen, und die tatsächlich historische Zeit mittlerweile so weit zurückliegt, dass sie nicht mehr im Bereich des persönlich Vermittelten liegt. Heutige Opas erzählen ihren Enkeln aus den 50er und 60er Jahren. Aber eben nicht mehr aus der Kaiserzeit.

afs