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News 1:18 Laudoracing Autobianchi Primula Coupé (Touring) 1965

Die Primel als Mauerblümchen

Endlich ein Autobianchi Primula in 1:18! Automobilhistorisch wichtig, landläufig unterbewertet, außerhalb Italiens nicht gerade populär. Ein Modell für den Connaisseur. Laudoracing macht das hübsche Primula Coupé mit Touring-Karosserie mit liebevoller Detaillierung, ein richtiges Schnuckelchen für die Vitrine!

Wenn sich die Sowjets durchgesetzt hätten, wäre der Lada ein Frontmotorwagen mit quer eingebautem Motor, Frontantrieb und einer Schrägheck-Kompaktkarosserie geworden – also ein VW Golf, lange bevor es den VW Golf gab. Das wäre ziemlich revolutionär gewesen. Aber die Sowjets haben sich nicht durchgesetzt. Fiat verkaufte ihnen nicht die erwünschte Lizenz für den Autobiachi Primula, sondern jene für den Fiat 124. Und deshalb wurde der erste Lada ein konventioneller Stufenheckwagen mit Frontmotor und Heckantrieb. Die Sowjets wollten den Primula und bekamen den Fiat 124.

1964 erschien der (oder: die?) Primula und war somit das erste Großserienfahrzeug im VW-Golf-Layout (der Austin/Morris ADO16 kam zwei Jahre früher, hatte aber keine große Heckklappe). Das zweite war 1968 der Simca 1100. Das sind die beiden Vorreiter. Sie kamen wohl zu früh, um das Umdenken, das der Golf bewirkte, anzuschieben. Der Simca war recht erfolgreich, 2.188.737 Exemplare bis 1981. Der Primula führte außerhalb Italiens eher ein Mauerblümchendasein, gerade mal 74.858 Mal gebaut bis 1970. Fiat-Deutschland importierte ihn unter dem Namen NSU/Fiat Primula, Citroën importierte Autobianchi-Fahrzeuge zeitweise und vertrieb sie in Frankreich über das Citroën-Händlernetz (weil Citroën in der Klasse zwischen Ami und DS kein Eigenprodukt im Angebot hatte). Aber nahezu niemand nahm von ihm Notiz. Das hübsche Coupé, die Laudoracing-Neuheit, spielte außerhalb Italiens überhaupt keine Rolle. Der Primula kam zu früh, wie der Philosoph, dessen Wissen und Warnungen niemand hören will: Zehn Jahre vor dem Golf war das Golf-Layout bekannt und wurde seriell umgesetzt, und kaum jemand nahm davon Notiz! Eigentlich ist das ein Treppenwitz der Automobilgeschichte.

Die italienischen Miniaturautohersteller nahmen sich des Primula durchaus an, Mebetoys und Politoys machten die Limousine, Politoys zusätzlich das Coupé. Wenigstens die Werkzeuge der Miniatur-Primulas fanden ihren Weg in die Sowjetunion: Diejenigen der Mebetoys Limousine und des Politoys Coupés wurden in die UdSSR verkauft und erlebten dort einen zweiten Frühling bis Ende der 80er Jahre. (Die Werkzeuge der Politoys Limousine wanderten übrigens auch aus, aber nicht in die Sowjetunion, sondern nach Mexiko zu McGregor.)

Eine Primula Limousine in 1:18 gibt es bisher noch nicht (was auch ein Zeichen für die bis heute mangelnde Wertschätzung dieser außergewöhnlichen Konstruktion ist). Aber es gibt nun das Coupé von Laudoracing. Das ist also tatsächlich ein Modell für den Connaisseur, für die Wenigen, die es zu schätzen wissen.

Heckflossen konterkarieren den pragmatischen Stil

Das Konzept entwickelte Dante Giacosa, der Chefentwickler von Fiat, aber das technische Layout sollte erst mit dem Fiat 128 seinen Durchbruch finden. Im Fiat-Konzern war vor dem Primula der Frontantrieb verpönt, und weil der Fiatgottvater Giovanni Agnelli ihm so sehr misstraute, musste der erste Fronttriebler im Hause Fiat, das „Projekt 109“, als Autobianchi erscheinen, einer kleiner Tochtermarke. Giovannis Aversion ging auf einen Unfall mit einem Frontantriebsprototyp 1932 zurück, bei dem der Fiat-Chef beinahe verbrannt wäre. Zum mangelhaften Erfolg des Primula mag beigetragen haben, dass sein Styling ziemlich uninspiriert ist. Ein Designer steht nicht dahinter, die Karosserie zeichnete der Chefkonstrukteur Giacosa quasi nebenbei, und weil er dem Wagen auch noch abgedroschene Heckflösschen spendierte, war das Styling modisch (und somit nur temporär modern) und alles andere als zeitlos.

Das Coupé schuf die Carrozzeria Touring als externer Stilist unter Beibehaltung des kompletten Unterbaus. Nur das Dach war anders, grob gesagt war es etwas niedriger, weil die Dachpfosten schräger standen. Auch ein eher uninspiriertes Design, trotz des großen Namens Touring. Aber Touring hatte eben die Vorgabe, dass möglichst viele Karosseriepressteile identisch mit der zweitürigen Primula Limousine bleiben sollten. Das Coupé, ein Jahr nach der Limousine erschienen, hatte keine große Heckklappe. Es gab eine Version „Speciale“ mit Mittelschaltung, Metalliclack und Chromspeichenfelgen von Borrani. Anlässlich des Genfer Salons im März 1968 wurden Limousine und Coupé optisch modifiziert, die Limousine verlor (!) in der Standardausstattung ihre große Heckklappe zugunsten eines kleinen Kofferraumdeckels und bekam einen neuen Grill sowie ein modifiziertes Interieur. Beim Coupé wurden zusätzlich die Heckflossen gestutzt, was zwar nun moderner und zeitloser aussah, aber irgendwie war klar, dass hier etwas Vorhandenes wegretuschiert wurde. Zeitgenössische Kritiker konstatierten, am Primula Coupé nach 1968 „fehlte etwas“. Die Speichenfelgen standen nicht mehr auf der Aufpreisliste, dafür Alufelgen von Ruspa. Ursprünglich stammte der Primula-Motor aus dem Fiat 1100 D (1221 cm³, 59 PS, im Coupé 65 PS), 1968 zog der Fiat-124-Motor in die Primula Limousine ein (1197 cm³, 60 PS), das Coupé hieß fortan Coupé S und erbte vom Fiat 124 Sport den Motorblock mit 1438 cm³, aber ohne die obenliegende Nockenwelle, somit 70 PS stark (also die gleiche Maschine wie kurz darauf im Fiat 124 Special).

Kfz-Steuer bis Agosto bezahlt

Laudoracing macht das Primula Coupé der ersten Serie, also 1965 bis Anfang 1968, mit den serienmäßigen Stahlfelgen. Gerade die sind herrlich verkleinert, sportliche Lochfelgen, und jedes der zahlreichen Löcher mit einer vorbildlichen Randerhöhung. Auf Ventile kann der Autobianchi verzichten, seine Reifen verlieren keine Luft: Die sind, wie bei 1:18-Miniaturen üblich, aus Vollgummi. Laudoracing arbeitete auf dem gewohnten, hohen Niveau, ein fehlerloses Modell mit vielen, hübschen Details. Eine Plakette an der Windschutzscheibe („Disco fiscale“) zeigt, dass die Steuer bis Agosto (August) bezahlt ist, das Autobianchi-Zeichen im Grill ist perfekt nachgebildet und entspricht dem Vorbildbaujahr (1965 bis 1968) mit schräg gestelltem Schriftzug sowie Schlange und Stier. Laudoracing verzichtet auf Silberungen. Was verchromt sein soll, ist als separates Teil verchromt, selbst Winzigkeiten wie das Schloss für die Tankklappe. Der Innenraum, schwarz bei unserem roten Muster, besticht durch ein Sportlenkrad mit Holzkranz und Metallspeichen, rechts der Lenksäule der Schalthebel für die Lenkradschaltung (was, zusammen mit den Stahlfelgen, belegt, dass dieses Modell kein Coupé Speciale darstellt). Die Scheiben bestechen durch Chromeinfassungen, zwar zweidimensional auf die Zellonscheiben aufgedruckt, aber der Chromauftrag vermittelt dem Ganzen die notwendige Wertigkeit. Selbst das Chassis kann sich sehen lassen, das doppelte Auspuffendrohr hohlgebohrt und geschwärzt. Auf dem Boden findet sich ein Sticker mit der laufenden Nummer der 180 Exemplare pro Farbe (also insgesamt 720 Stück).

Laudorancing bietet das Coupé in vier Farben an, neben Rot auch in Silbermetallic (LM116D), Dunkelblau (LM116C) und Weiß (LM116A), alle in 180er Auflage zum selben Preis. Eine Primula Limousine hat Laudoracing nicht in der Pipeline, sehr wohl aber einen Autobianchi A111. Und da die Werkzeuge bei 720 produzierten Exemplaren noch lange nicht am Ende sind, steht zu vermuten, dass weitere Farben kommen werden, womöglich ein Coupé Speciale mit Speichenfelgen und Knüppelschaltung.

afs

Ein echtes Nischenmodell, alles andere als Mainstream: Ein Elfer mag sich besser verkaufen als ein Autobianchi Primula. Aber Elfer hat jeder im Überfluss in der Vitrine. Ein Primula Coupé ist absolut neu und einzigartig.
Modellfotos: bat
Der Fahrer greift an Holz und der Polizist sieht, dass der Autobianchi bis August versteuert ist.
Kennzeichen aus Mailand, geprägter Heckschriftzug, aufwändig gestaltete Rückleuchten.
Hübsche Details: separates Schloss an der Tankklappe und Zierdreieck hinter der Seitenscheibe.
Zeitgenössisches Spielzeugauto: Primula Coupé von Politoys in 1:43 mit „Regular Wheels“, also Zinkdruckgussfelgen und Gummireifen. Die Politoys-Miniatur stellt, wie das Laudoracing-Modell, die erste Version 1966 bis 1968 dar.
Nachlackiertes Politoys-Modell mit Alufelgen in Wagenfarbe, die tatsächlich erst bei der Faceliftversion 1969/70 lieferbar waren. Dieses Coupé Speciale sollte eigentlich Speichenfelgen tragen.
Die Werkzeuge des Politoys-Modells gingen in die UdSSR, weil es gute Kontakte der italienischen Kommunisten zu den sowjetischen Brüdern gab. Das Primula Coupé wurde mit Plastikrädern und Plastikkarosserie ab 1974 bis zum Systemende bei DFI (Toys Factory Donetsk) gefertigt.
Das Titelbild des Prospektes vom Januar 1966 zeigt das Coupé im selben Rot wie das Laudoracing-Modell und zusätzlich lugt das Coupé Speciale mit Speichenfelgen und entsprechendem Schriftzug am Kotflügel ins Bild.
Foto: Archiv afs

Steckbrief:

Laudoracing LM164B Autobianchi Primula Coupé (Touring) 1965 rot. Fertigmodell Resine, Maßstab 1:18. Auflage 180 Exemplare. Preis bei Laudoracing 116,90 Euro.