Von wegen „grauer Ostblock“!
Wenigstens die Autos im Osten waren bunt. MCG bringt seinen Wartburg 353 in zwei Versionen, alt (1967) und neu (1985) in knalligem Orange und in leuchtendem Grün. Zwar keine Neuentwicklungen, aber nach wie vor schön gemachte (Ixo-) Modelle.

MCG hat zwei Wartburg 353 im Programm, das Urmodell von 1966 mit viel Chromzierrat und den letzten Wartburg vor Einführung des Viertakters im Herbst 1988, also das Modell 353 S (= Sonderwunsch, ehemals Deluxe) aus der Zeit Sommer 1985 bis Herbst 1988. Die bekannten Wartburg-Modelle kommen regelmäßig in anderen Farben. Der Ur-Wartburg erscheint in Orange, das vom Werk als Mandarin angeboten wurde und ab Sommer 1972 gegen Aufpreis erhältlich war. 1985 erschien die Farbe Caprigrün, nicht nur am Wartburg, sondern auch am Trabant und auf der Simson Schwalbe und blieb bis zur Umstellung auf den Viertakter erhältlich, passt also zeitlich auf den neueren der beiden MCG Wartburg. Und das gilt auch für die Modelle an sich: Es passt alles, es ist alles gut recherchiert, die Unterschiede sind korrekt herausgearbeitet und die Modellfahrzeuge sehen aus, wie ein Wartburg 353 in 1:18 aussehen muss. Hergestellt werden sie im Auftrag von Model Car World (MCW) für deren Produktlinie MCG von Ixo/Sonic. Und sie sind nicht gerade neu. Geschaffen wurden sie seinerzeit von Ixo für den europäischen Ixo-Importeur Cars & Co (später: The Toy Company), damals auch als Volkspolizei- und Feuerwehrauto. In jener Zeit vor ungefähr 15 Jahren, als der damalige MCW-Inhaber Klaus Kiunke auf großer Einkaufstour innerhalb der Branche war, übernahm er auch den Großhändler The Toy Company, seither ist MCW der Ixo-Importeur für Europa, und als „Mitgift“ gab es Zugriff auf jene Werkzeuge, die Cars & Co/The Toy Company zuvor bei Ixo in Auftrag gegeben hatte – wozu eben auch der Wartburg 353 gehörte.
Schön gezeichnet, veraltet konstruiert
Mit dem Wartburg 353, im Juli 1966 erschienen, erschufen die Eisenacher Konstrukteure zwar ein technisch veraltetes Auto (Dreizylinder-Zweitaktmotor, Karosserie mit separatem Rahmen), aber ein sehr hübsches Fahrzeug (Design: Hans Fleischer), das zumindest optisch auf der Höhe der Zeit war und international hätte reüssieren können – wäre da nicht der Zweitakter gewesen, dessen Ruf Mitte der 60er Jahre am Boden lag und dessen Geruch zum Himmel stank. Damals setzte AWE (die Automobilwerke Eisenach, der Hersteller; „Wartburg“ war die Markenbezeichnung) auf viel Chrom, und den setzt MCG beim Ur-Modell gekonnt um: Grill, Stoßstangen, Wischer und die Radkappen mit Zierringen sind schön verchromt, der wenige Rest (Scheibenumrahmungen, Schwellerzierleiste, Entlüftung in der C-Säule) ist gesilbert, also Druckwerk – ebenso wie die sauber gemachten Schriftzüge inklusive der „Deluxe“-Kennung an den Vorderkotflügeln. Der Innenraum ist zwar einfach gemacht, entspricht aber dem Vorbild, Vordersitze ohne Kopfstützen. Ein nettes Detail sind vier Schmutzlappen hinter den Rädern, und auf den Reifen wünschen wir uns eine „Pneumant“-Prägung. Die allerersten 353 des Jahres 1966 trugen ein breiteres Band an Kühlluftschlitzen auf der Motorhaube vor der Frontscheibe als die Modelle ab Januar 1967. Deshalb ist die MCG-Interpretation ein 1967er-Modell.
1975 wurde aus dem 353 der 353 W, wobei das W für „Weiterentwicklung“ steht. Optisch tat sich nichts, im Interieur fiel ein neues Armaturenbrett auf, die Lenkrad- wich der Knüppelschaltung, doch der Wartburg wurde vor allem sicherer: Zweikreisbremssystem, aus der ČSSR importierte vordere Scheibenbremsen und verbesserte Türschlösser. Ab Herbst 1983 trug er den Kühlergrill und die Stoßstangen in Schwarz, was für ein merklich moderneres Erscheinungsbild sorgte. Eine wesentliche Überarbeitung trat ab Mai 1985 in Kraft, und der entspricht das jüngere MCG-Modell, der Caprigrüne 353 S. Der bislang hinter dem Motor eingebaute Kühler wanderte nach vorne, wo er dem Fahrtwind ausgesetzt ist. Nun erhielt der Wartburg deswegen einen neuen Kühlergrill und modifizierte Scheinwerfer. So wurde er bis zum „Viertakt-Auftakt“ im Herbst 1988 gebaut. Beide Modell stellen die gehobene Ausstattung dar, der Alte ist also ein 353 Deluxe, der Neue ein 353 S (S = Sonderwunsch), wobei man das „S“ beim Modell nur außen sieht, innen fehlen beispielsweise die Holzmaserung am Armaturenbrett und die Knüppelschaltung zwischen den Sitzen, diese weisen allerdings Kopfstützen auf. Die Nebelrückleuchte vermissen wir auch. Korrekt sind die Nebelscheinwerfer im mattschwarzen Frontspoiler, Mattschwarz allüberall statt Chrom, zweiter Außenspiegel in modernem Design, radkappenlose, silbern lackierte Felgen mit schwarzer Nabenabdeckung, korrekter Heckschriftzug. Sogar die heizbare Heckscheibe ist vorhanden, was belegt, dass MCG/Ixo mit unterschiedlichen Verglasungseinsätzen arbeitet.
Die letzte DDR-Personenwagen-Generation (Wartburg 353 und Trabant 601) hatte einen anderen Stellenwert als die Fahrzeuge vorher. Sie erschienen nach dem Mauerbau im August 1961. Zuvor hatte das Privatauto den Wunsch nach Mobilität und Individualität, gepaart mit einem Prestigedenken bedient – somit kaum andere Beweggründe als im Westen. Nach dem Mauerbau benötigte die DDR das Privatauto, um ihren Bürgern wenigstens ein kleines Ziel innerhalb ihrer nach außen nunmehr verschlossenen Heimat zu geben. Besitz bindet schließlich den Menschen, und die Aussicht auf Besitz bindet ihn ebenfalls. Nach der Wende starben die DDR-Autos den plötzlichen Fahrzeugtod. In ländlichen Bezirken überlebten sie am längsten. Die bei der Wende schlecht Weggekommenen fuhren sie weiterhin aus Armut, die vom zusammen gebrochenen System Überzeugten aus Überzeugung, und manche fuhren die DDR-Autos aus Gewohnheit. Interessant ist, dass der Wartburg viel früher ausstarb als der Trabant. Dabei war er doch das wertvollere und das begehrenswertere Automobil gewesen. Aber wahrscheinlich hatte all das Symbolcharakter, und der Trabant symbolisiert eben die Automobilisierung in der DDR und das typisierte DDR-Auto viel eher als der Wartburg.
afs


Modellfotos: bat

Foto: Dezidor



Foto: Torsten Maue
Steckbrief:
MCG 18061 Wartburg 353 Deluxe 1967 orange und 18062 Wartburg 353 S 1985 grün. Fertigmodelle Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP je 64,95 Euro.