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News 1:18 Minichamps Porsche 911 (Typ 992) Dakar 2022

Ein Trip nach Dakar

Nach Norev nun Minichamps: Das Rallye-Dakar-Hommagemodell, ein Elfer-Sondermodell mit Offroad-Reminiszenzen, kommt nun auch von Minichamps in 1:18. Wer die Wahl hat, hat die Qual, aber Auswahl ist immer gut. Und wenn sich zwei Platzhirsche auf Augenhöhe treffen, wird’s spannend.

Dakar. Der Name einer afrikanischen (Haupt-) Stadt. Wie so viele. Manche kennt man. Die meisten nicht. Dakar ist die Hauptstadt des Senegal, eine Millionenstadt am Atlantik, also im Westen Afrikas, bedeutende Hafenstadt der Kolonie Französisch-Westafrika. Das alles wissen viele nicht, weil es sie nicht interessiert. Denn der Name „Dakar“ wird – zumindest in motorsportaffinen Kreisen – nur mit einem in Verbindung gebracht: mit der Rallye Dakar seit 1979 respektive ihrem Nachfolger, dem Africa Eco Race seit 2009 (nachdem die Rallye Dakar zwischen 2009 und 2019 in Südamerika abgehalten wurde). Bei beiden Veranstaltungen findet die Schlussetappe traditionell um den Retba-See statt, einem roten Salzsee im Norden der Insel Dakar. Dakar – das ist also nicht Stadt, Muslime, Kolonialismus. Dakar – das ist harter Motorsport. Wer in Dakar siegt, ist Fürst, König oder Kaiser im Rallye Raid, denn die Rallye Dakar ist die bedeutendste Langstrecken- und Wüstenrallye weltweit. In Dakar zu siegen, ist der absolute Ritterschlag, und ein Dakar-Sieg wird nie vergessen. Porsche siegte zwei Mal in Dakar, jeweils René Metge mit Copilot Dominique Lemoyne, 1984 auf Porsche 953 (= Allrad-Elfer) und 1986 auf Porsche 959. Beide starteten im von Prodrive betreuten Rothmans-Porsche-Rallye-Team, die Wagen im klassischen Rothmans-Livrée lackiert. Das gehört unabdingbar zusammen: Dakar und Porsche bedeutet die ikonische Lackierung Weiß mit dem Dunkelblau der Zigarettenmarke Rothmans, abgesetzt durch rote und goldene Streifen.

Porsche, traditionell sehr traditionell, muss die Dakar-Legende ausschlachten als Beweis seiner Kompetenz. Darum gab es den auf 2500 Exemplare limitierten Porsche 911 Dakar auf Basis des aktuellen Typs 992, gebaut zwischen November 2022 und Mai 2024. Technisch verbindet er viel Regalware miteinander, den Allradantrieb, die Hinterachslenkung, die breite Karosserie, das Aggregatelager lieferte der 911 GT3, Herz ist der 3-Liter-Biturbo-Sechszylinder mit 480 PS. Sein absoluter Clou ist, dass er nicht tiefer gelegt ist, sondern höher, und das ist nicht nur ein Gag. Dieser Porsche ist richtig geländetauglich, jedenfalls mehr als des Deutschen Durchschnittsmittelklasse-SUV – auch wenn niemand mit einer solchen Pretiose durch den Matsch rödeln würde. Aber in ihm steckt das Potenzial, dies zu können. Fünf Zentimeter höher als ein normaler Elfer und, wenn nötig, dank Liftssystem weitere drei Zentimeter auf Wunsch. Empfehlenswert ist, des guten Tons wegen, das optionale Rallye-Sport-Paket mit Überrollbügel und Sechspunktgurten. Vorne und hinten hat er eine auffällige, knallrote Bergeöse, und auch ihm verpasste Porsche extra gestylte Sonderräder (19/20-Zoll-Alu-Schmiederäder mit speziellen Pirelli-Scorpion-All-Terrain-Reifen), darüber hinaus zünftige Anbauteile aus Edelstahl vom Unterfahrschutz bis zu den Einstiegsleisten. Der Spoiler gehört zur unbeweglichen Sorte. Es gibt mannigfaches Offroad-Zubehör vom Dachgepäckträger über Zusatzscheinwerfer, Cherry Can, Bergeboards bis hin zu Klappspaten und Dachzelt. Und dann natürlich das Outfit, die Lackierung respektive die Klebesets! Am nächsten kommt dem historischen Rallye-Dakar-Vorbild natürlich die Version mit „Rallye Design Paket“, also im vermeintlichen Rothmans-Outfit. Nirgends „Rothmans“, das ist ja bei Höchststrafe verboten, weil blauer Dunst, Nikotin und ultrabäh. Statt „Rothmans“ schreibt Porsche „Roughroads“. Aber jeder Betrachter halluziniert den Schriftzug „Rothmans“, eine bewusst herbeigeführte Sinnestäuschung, passend zum Wüstenauto. Darüber hinaus hat Porsche etliche Klebesets im Angebot, die an Porsche-Teilnehmer der East African Safari der Jahre 1971, 1974 und 1978 erinnern.

Der eine pflegt die Kür, der andere nur die Pflicht

Nun also auch Minichamps. Ein Muss, eine innere Logik, der Sammler erwartet von Minichamps einen jeden neuen Porsche und er wird bedient. Das Industriemodell beauftragte Porsche bei Spark, ein rundum geschlossener Resiner. Norev macht den Dakar aus Eigeninitiative, und deren Interpretation fand so viel Beifall bei Porsche, dass Zuffenhausen mehrere tausend Exemplare unterschiedlicher Couleurs orderte. Theoretisch wäre das Bedürfnis an 18er-Dakars gedeckt – nicht aber aus der Sicht von Minichamps, wonach ein Porsche-Typ erst dann vollständig miniaturisiert ist, wenn es ihn von Minichamps gibt. Der Erstling ist weiß außen und schwarz innen, also die langweiligst denkbare Kombination, die allerdings den Vorteil hat, dass keine faszinierende Farbe vom Objekt an sich, dem Modellauto, abzulenken vermag. Der hardcore-Porschist fängt mit Weiß an und arbeitet sich dann durch das Angebot, das zunächst Folgendes umfasst: Hellgrünmetallic, Hellgraumetallic, Blau und natürlich die unvermeidliche Roughroads-Version. Den Dakar macht Minichamps nicht, wie beispielsweise den Sport Classic, sealed und all open, sondern lediglich in einer Version, alles zu öffnen: Türen, Vorderdeckel und Kühlergrill mittels Knubbeldruck am Boden, das Modell lenkt und federt, Innenraumboden und die kleine Kofferraumwanne sind beflockt – ein typischer Minichamps-1:18-Porsche also, schön gemacht und all den Anforderungen und Wünschen entsprechend, die an einen Minichamps-Porsche gestellt werden. Außer dem Genannten kann oder hat die Minichamps-Interpretation nichts Außergewöhnliches. Da hat Norev mehr zu bieten. Nicht nur durchbrochene Fotoätzgitter, auch im vorderen Deckel (dort hat der Minichamps nichts) oder beschriftete Reifenflanken, worauf Minichamps verzichtet, sondern eben auch das höhenverstellbare Fahrwerk, das nun wirklich ein Gag ist und das Liftingsystem des 911 Dakar vorbildlich nachahmt. Auch in Kleinigkeiten ist Norev filigraner, so zum Beispiel eingesetzte Bremsleuchte im Heckspoiler versus Druckwerk bei Minichamps oder erhabene gegenüber nur gedruckten Schriftzügen. Auch als Druckwerk hervorgehobene Türgummis oder Hinweiskleber, zum Beispiel im Türbett unterm Türschloss, sucht der Minichamps-Porschefahrer vergebens, wird damit aber bei Norev bedient. Dem Norev voraus hat das Minichamps-Modell jedoch den zu öffnenden Kühlergrill hinten und Reifenventile – Das alles belegt, dass der Dakar für Minichamps Pflicht ist und für Norev ist er Kür.

Innen ist die Dekoration konfigurationsabhängig. Der weiße Erstling mit schwarzem Interieur ist ungefähr so spannend ausgestattet wie ein Dacia Sandero als Dienstwagen von Essen auf Rädern. Die Sitzflächen farblich leicht abgehoben, ein paar Silberleisten, die hellgrüne 12-Uhr-Markierung des Sportlenkrades – das war’s. Da versprechen wir uns von den „farbigen“ Varianten mehr Farbe. Mehr Farbe gefällig: Da haben wir Shadegreenmetallic, eine Farbe, die erstmals beim 911 Dakar zu sehen war, in der er auf der L.A. Auto Show präsentiert wurde und für die Porsche 3708.90 Euro Aufpreis verlangt. In diesem pastelligen Hellgrün sieht der Dakar weit schöner aus als im (aufpreisfreien) Weiß, aber Minichamps gönnt ihm innen kein Gramm mehr Druckwerk. Ebenfalls schwarz, Sitzflächen grau. Wenn wir innen Farbe sehen wollen, müssen wir den dritten Dakar betrachten, den Roughroads, also den Pseudo-Rothmans. Der ist dann auch im Vorbild weit teurer. Denn er trägt das Rallye-Design-Erweiterungspaket mit blauen Kontrastnähten und blauen Gurten. Da kostete das Auto also die üblichen 222.020 Euro, dazu das Rallye-Design-Paket mit Lackierung in Weiß/Enzianblaumetallic und weißen Rädern für 25.061 Euro sowie das Rallye-Design-Erweiterungspaket für innen für 3046 Euro, also eine schnuckelige Viertelmillion für den 911 Dakar in seiner einzig wahren Konfiguration, die uns Minichamps präsentiert – und in der es auch das Norev-Modell gibt. Minichamps hat das Blau, welches die nach wie vor schwarze Innenausstattung an den Sitzen und vor allem an den Türinnenverkleidungen auflockert, korrekt platziert und den richtigen Ton getroffen, bedruckt es aber als Farblinien. Norev geht weiter und setzt das Stitching um, also die Imitation einer „genähten Naht“, oder, vielleicht besser ausgedrückt, die blaue Linie wird sektioniert aufgedruckt und ahmt das Einführen des Fadens in das Material nach. Ein wesentlicher optischer Unterschied zwischen beiden ist die Färbung der Bremszangen, unscheinbar schwarz bei Norev, knallig rot bei Minichamps, was aber wett gemacht wird durch die nicht bedruckten Radmuttern.

Alles in allem: eine Doppelentwicklung. Von Ressourcenverschwendung wollen wir aber nicht sprechen. Minichamps hätte nur dann Ressourcen verschwendet, wenn die Doppelentwicklung ein Fehler gewesen wäre und von den Kunden mit Kaufunlust bestraft würde. Dem ist aber nicht so. Weil es nach wie vor – sie oben! – genügend Porsche-Sammler gibt. für die ein Porsche erst dann miniaturisiert ist, wenn er von Minichamps kommt. Sie nehmen das Produkt eines anderen Herstellers gar nicht wahr. Man könnte das Arroganz nennen. Aber das wäre eine Anklage und es würde am Fakt überhaupt nichts ändern. Es ist eben so.

afs

Weiß als Nicht- oder Unfarbe lenkt nicht von der Formgebung ab und ermöglicht der Form des Autos bestmögliche Außenwirkung. Minichamps hat den Dakar perfekt getroffen. Ein bisschen mehr Farbe außen, das Shadegreenmetallic, macht ihn bunter und ist dennoch hell und neutral genug, um auch die Form zu betonen.
Modellfotos: bat
Hier wird das Auge von der Form völlig abgelenkt und dafür von der Dekoration angezogen. Und obendrein werden sowohl das Auge als auch das Gehirn getäuscht. Das Auge meint, „Rothmans“ zu lesen, und das Gehirn bestätigt es in diesem Irrglauben. Eine herrliche Sinnestäuschung!
Bonjour Tristesse in den einfarbigen Modellen, egal ob Weiß oder Shadegreenmetallic. Natürlich ist bedruckt und hervorgehoben, was im Original hervorsticht. Die Tristesse erbt die Miniatur von der Konfiguration des Originals. Hingegen der Roughroads: Da kommt Farbe ins Spiel, wenngleich ungestitcht. Porsche nimmt für diese Konfiguation erheblich mehr Geld. Auch Minichamps will mehr für den Mehraufwand, einen Zehner mehr.
Die Kleinigkeiten, die von Professionalität zeugen: geprägter „Porsche“-Schriftzug im Leuchtenband, „911 Dakar“ als Druckwerk. Und dann noch eine knallrote Bergeöse. Wahrscheinlich ist der Dakar der erste Porsche mit Bergeöse seit dem Typ 597 Jagdwagen, mit dem Porsche mit der vor 70 Jahren neu gegründeten Bundeswehr ins Militärgeländewagengeschäft kommen wollte, aber scheiterte.

Steckbrief:

Minichamps 110062070 Porsche 911 (Typ 992) Dakar 2022 weiß, 110062071 dito Shadegreenmetallic, 1100623075 dito Roughroads Fertigmodelle Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP 209,95 Euro, Roughroads 219,95 Euro.