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News 1:18 Ottomobile BMW 3.0 CSL E9 “VHRS” 1972

Unnützes Wissen

Selten irritierte uns ein Vorbild so sehr wie dieser BMW: Ottomobile bringt einen 3.0 CSL in einer Version, die niemand kennt, die sich schwierig bis nicht recherchieren lässt, die absonderlich aussieht, leider auch mit ein paar handwerklichen Fehlern behaftet – aber eben deshalb heraus sticht aus der Schar all der anderen 1:18-E9er. Ein Auto für jene Sammler, die alles andere schon haben.

Früher, als alles noch besser war und im Winter mehr Schnee fiel und sich keiner als Letzte Generation fühlte, fotografierte man analog und schwarz-weiß. Danach farbig, und Schwarz-Weiß wurde zur preiswerten Alternative. Heute digital, und Schwarz-Weiß ist entweder retro oder Kunst oder beides. Wir haben nun in unsere Digitalkamera einen Schwarz-Weiß-Film eingelegt, denn einen Farbfilm brauchen wir für das aktuelle Ottomobil nicht. Farbig daran ist lediglich das Blau im BMW-Logo, rot und orange in den Rückleuchten und ein rotes Decal für den Batteriehauptschalter dort, wo andere BMW E9 ihre Radioantenne haben. Hinten unten in der Mitte, fast schon keck, eine fotogeätzte, knallrote Abschleppöse. Nicht mal der Vorderblinker trägt Farbe.

Der BMW ist Chamonixweiß, sein Frontspoiler, die Luftleitwerke auf den Kotflügeln und alle Grills sind so schwarz wie der Innenraum und der Blendkeil in der Windschutzscheibe. Alles andere, auch die Chromteile, sind silbern lackiert oder bedruckt. Das einzig wirklich verchromte Teil ist der linke Außenspiegel, der Heckschriftzug besteht aus Chromfolie. Auch die im Original verchromten Radlaufleisten sind silbern. Und am silbernsten ist der typische CSL-go-faster-Streifen an der Flanke – von dem jeder meint, er sollte ebenfalls schwarz sein.

Was ist das für ein merkwürdiger BMW 3.0 CSL, den Ottomobile ebenso mehrdeutig wie banal „Custom Version“ nennt? In seiner Produktbeschreibung spricht Ottomobile von einem von 500 britischen 3.0 CSL, und das konkrete Vorbild sei nachträglich auf Linkslenkung umgebaut worden und dann für Gleichmäßigkeitsrallyes (VHRS) vorbereitet worden. Dies erkläre den Überrollbügel. So weit, so gut. Auch die Haubenschnellverschlüsse und der Batteriehauptschalter sprechen für eine Motorsportversion. Der Sinn der schrägen Strebe im Heckfenster erschließt sich uns nicht. Soll das etwa der Überrollbügel sein, von dem Ottomobile im Ankündigungstext spricht? Einen „greifbaren“ Bügel im Inneren sehen unsere gequälten Augen jedenfalls nicht. Dafür sehen sie an den vorderen Seitenscheiben aufgedruckte, silberne Fensterumrandungen. Ein BMW E9 hat das nicht, der hat rahmenlose Fenster. Das weiß „man“ eigentlich. Sollte „man“ meinen.

Zum Vorbild können wir nichts sagen. Wir haben nichts dazu gefunden, weder in der uns vorliegenden Literatur noch im Netz. Eine Sonderserie von 500 Exemplaren in Weiß mit silbernen Seitenstreifen für die britische Insel? Wenn Herr Otto das sagt, wird es schon stimmen… Dass der insgesamt ziemlich bleich wirkende CSL ungewöhnlich ist, vor allem wegen seines silbernen Streifens, ist unbestritten – er ist anders, er sticht heraus, es gab ihn in 1:18 in dieser Version noch nicht. Das ist schon mal begrüßenswert angesichts der Menge an bunten und unbunten E9, vor allem von Minichamps. Das angesprochene Defizit, also die falschen Fensterumrahmungen, sind ärgerlich, und einen Überrollbügel in Form eines silbernen Diagonaldrucks auf dem hinteren Seitenfenster anzudeuten, ist fast schon frech. Man kann es sich schönreden, den „Strich“ als solchen akzeptieren und sich den Überrollbügel wegdenken.

Noch etwas ist irritierend: Ottomobile spricht in seinem Text, wie zitiert, von einem ursprünglich britischen Fahrzeug, das für „Gleichmäßigkeitsrallyes (VHRS)“ vorbereitet worden sei. Was bedeutet „Gleichmäßigkeitsrallye (VHRS)“? Nie gehört! Also recherchiert: Das Kürzel steht für „Vélocité Historique Régularité Sportive“, grob übersetzt also Gleichmäßigkeitsrallye für historische Fahrzeuge. Es ist eine typisch französische Angelegenheit, bei der es um gute Navigation und Konstanz in der Fortbewegung, nicht um Geschwindigkeit geht. Diese Rallyes gibt es in Frankreich seit 1993, maximale Durchschnittsgeschwindigkeit 50 km/h, Autos müssen mindestens 25 Jahre alt sein. Das trifft auf den BMW 3.0 CSL zu, aber merkwürdig ist und bleibt, dass es sich offenbar um einen ursprünglich britischen E9 handelt.

Vergleiche mit Obst oder Gemüse sind unfair

In einer Hinsicht müssen wir das Auto allerdings in Schutz nehmen und vor Angriffen verteidigen. Einige Betrachter und erste Eigentümer des Modells sprechen von einer „Banane“, die sie erhalten haben, krumm wie eine solche (oder wie eine Gurke). Unser Exemplar ist weder gurkig noch bananig. Somit handelt es sich nicht um einen Fehler im Werkzeugbau. Offenbar wurden in der Fabrik einige Exemplare zu früh, bevor das Resine hinreichend aushärtete, der Form entnommen. Die sind dann gurkig-bananig. Aber das trifft nicht auf alle 2000 gefertigten Modelle zu. Ein kluger Rat ist also, das Modell nicht unbesehen zu kaufen, sondern sich beim Händler des Vertrauens anzuschauen. Aber wie „einfach“ es ist, diesen klugen Rat zu befolgen, wissen wir selber. Nämlich gar nicht einfach…

Unser Fazit fällt zwiespältig aus. Dass uns das Fahrzeug persönlich gefällt, ist kein Kriterium (und kann dem Leser wurscht sein). Dass Ottomobile handwerkliche Fehler bei der Umsetzung machte (falsche Fensterumrahmung, Diagonaldruck in der hinteren Seitenscheibe als Überrollbügel-Ersatz), ist bedauerlich. Dass sich Ottomobile wohl das so ziemlich außergewöhnlichste E9-Vorbild ausgesucht hat, das zu finden war, zeugt einerseits von Mut, trifft andererseits nicht den Geschmack von immerhin 2000 Leuten, die sich je ein Exemplar kaufen sollen. Aber eines ist unumstritten: Das ist ein E9, der in der Vitrine heraus sticht, nicht auf seinesgleichen trifft und somit ein Modellauto ist für den BMW-Sammler, der auch abseits des Mainstreams unterwegs ist.

afs

Schwarzweiß-BMW mit silbernen Einlagen: Ihm ist es geschuldet, dass wir nun wissen, was französische VHRS sind. Aber niemand (zumindest im deutschsprachigen Raum) bliebe dumm, wenn er dies nicht wüsste. Also gehört das in die Kategorie des unnützen Wissens.
Modellfotos: bat

Steckbrief:

Ottomobile OT1145 BMW 3.0 CSL E9 1972 „VHRS“ weiß. Fertigmodell Resine, Maßstab 1:18. Auflage 2000 Exemplare. Preis ca. 100 Euro.