“Retrofusion” als Programm
Restomod ist im Trend. Vor allem, wenn es darum geht, einen Traditionsverbrenner zu elektrifizieren: Moderne Technik, gepaart mit den Gefühlen, die ein gewohntes und altes Design auslöst. Es traf auch den Audi Quattro. Warum sollte er verschont bleiben? Ottomobile bringt den elektrischen Elegend EL1 Celeste.
„Celeste“ heißt himmlisch, und Celeste hieß ein Mitsubishi Lancer Coupé in den 70ern. Nun heißt ein gerestomodifizierter Audi Quattro „Celeste“. Hergestellt wird er von Elegend, einem deutschen Start-up, dessen Name das „E“ für „Elektro“ geschickt mit der „Legende“ kombiniert. Vorgestellt wurde er 2021 auf der IAA in Deutschland und international auf der Monterey Car Week im August 2024 im Umfeld des Pebble Beach Concours d’Élégance. Elegend aus dem oberbayrischen Beilngries will 30 Exemplare bauen und für jedes 890.000 Euro oder 970.000 Dollar haben. Dafür bekommt man einen Elektro-Quattro mit 816 PS, und laut Elegend-Vorstand und Celeste-Designer Marcus Holzinger stammt ein sehr großer Interessentenkreis für den EL1 Celeste ohnehin aus den USA. Das Elektrofahrzeug vermittelt den Eindruck eines kurzen Audi Sport Quattro S1 aus den 80er Jahren, ist aber eine eigenständige Konstruktion mit speziell für ihn geschaffenem Chassis, ein Carbon-Monocoque. Auch die Karosserie ist eine Eigenkreation, aber die Proportionen und die Anmutung zitiert den Audi, auch einige Details wie die Radhäuser oder die Haubenhutze mit den drei Kühlschlitzen. Der Betrachter meint, einen Audi Sport Quattro S1 zu sehen, sieht aber eine eigenständige Konstruktion. Eine Art Fata Morgana also, und so gesehen kein Restomod und auch kein Replikat, sondern etwas neu Geschaffenes mit bekannten Zitaten (und Zutaten). Elegend erfand dafür den netten Neologismus „Retrofusion“, weil Vergangenheit und Zukunft miteinander verschmelzen. Innen alles modern, Infotainment, Bluetooth-Schnittstellen, Navi, Multimedia, Kameras, Sensoren, Elektrik, Sichtcarbon und Materialien, die heute als wertig empfunden werden. Zwei Elektromotore bringen zusammen 816 PS an Vorder- und Hinterachse, gut für einen 2,8-Sekunden-Sprint auf Tempo 100 und 300 km/h Topspeed. Elegend versprach, ab 2024 insgesamt 30 EL1 Celeste in Handarbeit zu bauen.
Ein Modellauto gewordenes Denkmodell
Das Modell fasziniert durch eine unglaubliche optische Dynamik und Präsenz. Es ist fast breiter als lang und ein absoluter Styling-Gag ist das Glasdach in Form eines überdimensionierten NACA-Einlasses. Natürlich fühlt man sich an einen Sport Quattro S1 erinnert. Und natürlich platziert man das Modell in der Audi-Quattro-Abteilung in der Vitrine – stets im Bewusstsein, dass es dazugehört und eben doch nicht dazugehört. Und genau das macht seinen Reiz aus. Ottomobile verzichtete (wieder einmal) auf die Carbon-Darstellung und behalf sich mit hochglänzendem Schwarz – was zwar nonchalant ist, gleichsam aber lässig aussieht. Die strukturierte Heckscheibe ist kein Cellon, sondern ein richtig modelliertes Teil aus transparentem Kunststoff, die B-Säule allerdings ist Bestandteil einer einteiligen Cellonfläche. Klasse gemacht sind die metallicweißen Felgen mit riesigen, gelochten Bremsscheiben dahinter, und farbige Bremszangen vermisst niemand – alleine schon, weil die Karosserielackierung alleine vermag, das Auge anzuziehen: ein Silber mit ganz leichtem Stich ins Hellgrüne, gepaart mit vielen glanzschwarzen Akzenten, dazu das rote, umlaufende Leuchtband am Heck und die Neuinterpretation der klassischen Audi-Front mit Schriftzug unter Glas. Der Innenraum sitzt Röhl-mäßig wie ein Neoprenanzug in Schwarz-Weiß mit Türinnenverkleidungen in Karosseriefarbe. Elegend bietet zwei Ausstattungslinien an, New Line und Classic Line, Otto votierte für New Line.
Der Elegend EL1 ist ein wahr gewordenes Denkmodell, und es macht Spaß, sich mittels des Otto-Mobils diesem zu öffnen und hineinzutauchen. Der Quattro hat bekanntlich nicht einen eigenen Designer, sondern basiert auf dem Audi (80) Coupé B2, und den zeichnete Giorgio Giugiaro (auf der Basis der 80er Limousine, die von Claus Luthe entworfen wurde). Beide, Giugiaro und Luthe, wären heute ungefähr gleich alt (Giugiaro lebt noch, Luthe starb 2008) und haben ihren Stil somit zur gleichen Zeit entwickelt. Hätte einer der Beiden, der eine auf Erden, der andere im Autohimmel, in der heutigen Zeit den Auftrag erhalten, den Quattro nochmals zu zeichnen, so würde er sicherlich nicht anders aussehen als es der Elegend EL1 Celeste tut.
afs




Modellfotos: bat


Fotos. Elegend

Foto: Elegend
Steckbrief:
Ottomobile OT477 Elegend EL1 Celeste 2024. Fertigmodell Resine, Maßstab 1:18. Auflage 999 Exemplare. Preis ca. 100 Euro.