Der Kombi vom GT-R
Ein schöner, großer Kombi aus Japan. So weit, so gut. Aber vom Hocker haut diese Beschreibung niemanden. Der Name „Stagea“ löst auch nicht gerade Begeisterungsstürme aus. Aber wenn man erfährt, dass der Stagea viel Technik mit dem Nissan GT-R teilt, quasi ein GT-R Kombi ist, so wird zumindest jener hellhörig, der den GT-R liebt – und Kombis auch. GT Spirit widmet sich dem Stagea in der schärfst möglichen Version.
Heute mag ein Sportwagen-Kombi nicht mehr jene Reize haben wie vor 30 Jahren. Heute ist der Pkw-Kombi weitgehend out, „man“ fährt SUV, und SUVs gibt es mittlerweile auch von Porsche oder Lamborghini. Aber Mitte der 90er war das anders. Eine E-Klasse als T-Modell konnte auch ein AMG oder Brabus sein, einen Audi RS6 Avant gab es auch, BMW tat sich mit einem M5 Touring stets schwer (nur E34 und E61). Transport und Sport, also Trans-Sport, war möglich, aber war alles andere als alltäglich. Als Nissan den Stagea brachte, und zwar auf seiner – konstruktiv damals noch getrennt von der Marke Nissan gehaltenen – Skyline-Schiene, war das schon ein ziemlicher „Trigger“ (das Wort gebrauchte man damals noch nicht). In Asien war der Stagea konkurrenzlos. Nach Europa kam er offiziell nie, in Einzelimporten hingegen schon – und war hier stets ein absoluter Exot, nur den in die Materie Eingeweihten bekannt. Schon ein Nissan GT-R, so kultig er in Japan schon immer gewesen ist, war in Europa eine reine Insider-Angelegenheit. Und ein Stagea als GT-R Kombi war absolut ausgefallen. Die wenigen, die bei uns herumfuhren, fielen aufgrund ihres eher konservativen Stylings nicht auf, und selbst Autokenner lasen mit gerunzelter Stirne den Heckschriftzug und mussten erst mal ihren „Auto-Katalog“ oder die schweizerische „Katalognummer“ konsultieren (Mitte der 90er tat man das noch, Wikipedia ging erst im Januar 2001 online – und da hatte noch längst nicht jeder einen Computer!). Wer sich schlau machte, hatte zumeist ein neues Objekt der Begierde. Ein solches ist der Nissan Stagea noch heute. Umso schöner, dass uns Ottomobile diesen Wunsch erfüllt. Und, wie es sich für Ottomobile gehört, gleich in der heißest möglichen Version, also so richtig GT-R-mäßig: die Autech-Version 260 RS. Da kracht’s aus dem Vollen!
280 PS sind untertrieben
In zwei Generationen produzierte Nissan den Stagea zwischen 1996 und 2007 als Nachfolger des Skyline Wagon und in Konkurrenz zum Subaru Legacy Touring Wagon. Ihn kaufte der japanische Kunde in den „Nissan Prince Stores“ und ihn konstruierte bei Nissan die Prince-Abteilung. Denn Nissan hatte den Konkurrenten Prince 1966 aufgekauft, der brachte die Modellreihe Skyline als Mitgift ein, und beide Schienen blieben stets getrennt. Ottomobile widmet sich dem ersten Stagea, dem Typ WC34, gebaut zwischen September 1996 und März 2001. Optisch erinnert er an den Skyline GT-R Typ R34, technisch teilt er viele Komponenten mit dessen Vorgänger Typ R33. Seine Topmotorisierung, der 2,6-Liter-Biturbo-Sechszylinder mit 280 PS, tat auch im GT-R R33 Dienst – ebenso wie die Vorderachse, denn der Stagea 2,6 teilte dessen Allradantrieb (plus Fünfstufen-Automatik und hinteres Sperrdifferenzial).
Von Otto kommt eine Tuningversion auf Basis des 2,6 Liters, der 260 RS Autech Version, realisiert von der Nissan-eigenen Tuningabteilung Autech. Zwischen 1986 und 2022 lief Autech parallel zu Nismo (Nismo kümmerte sich um Rennsport, Autech um Straßentuning), seither sind Autech und Nismo fusioniert und firmieren unter „Nissan Motorsports & Customizing Co., Ltd.“. Das heißt, heute gibt es sowohl Autech als auch Nismo nicht mehr.
Der Stagea 260 RS Autech Version wurde vier Jahre lang 1996 bis 2001 produziert: 2,6-Liter-Biturbo, Fünfgang-Schaltgetriebe, Allradantrieb, hinteres Sperrdifferenzial, Brembo-Bremsen, geschmiedete 17-Zoll Alufelgen, Unterfahrschutz, speziell verstärkte Karosserie, Fahrwerksmodifikationen, dazu ein kompletter Bodykit mit Dachkantenspoiler. Innen erbte der Autech einiges vom GT-R R33, so das Lenkrad, die Armaturen, Lederschaltknauf und die speziellen Vordersitze. Offiziell wurden 280 PS Leistung angegeben, aus fiskalischen Gründen (nahezu alle japanischen Werkstuningwagen hatten damals kurioserweise genau 280 PS), aber auf dem Prüfstand waren es viel mehr Pferde, jenseits der 300. – Von der zweiten Stagea-Generation (2001 bis 2007), einer kompletten Neukonstruktion auf Basis des Skyline GT-R Typ R35 gab es 2003/2004 eine noch stärkere Autech-Version namens 350 RS mit 3,5-Liter-V6, offiziell natürlich wieder „nur“ 280 PS. Das Segment des Pkw-Kombis gab Nissan anschließend zugunsten eines SUV auf, in Japan Nissan Skyline Crossover genannt, im Rest der Welt Infiniti EX35 ab 2007.
Ottomobile votierte für Sonic Silver KR4, langweilig zwar, aber zeittypisch, und mit dem Rundum-Bodykit sieht der Stagea tatsächlich ungemein sportlich aus und steht satt auf den Rädern. Aggressive Front, schön durchbrochene Alus, der schwarze Innenraum aufgelockert durch ergraute Sitzflächen, die hinteren Seitenscheiben und das Heckfenster dunkel getönt, auf der Heckklappe und im Grill „Autech“-Logos – der Stagea macht was her! Es gibt etliche GT-R-Sammler, sie sammeln quer durch die Generationen (immerhin seit 1971!), teilweise nach Farben und nach Modellherstellern – ja, es existieren sehr umfangreiche 1:18-GT-R-Sammlungen. Und dazu kommt nun, zur optischen Verfeinerung, ein silberfarbener Kombi. Alles richtig gemacht, Otto!
afs




Modellfotos: bat


Fotos: Reinhard Barthel
Steckbrief:
Ottomobile OT471 Nissan Stagea 260 RS (Typ WC34) Autech Version 1996 silber. Fertigmodell Resine, Maßstab 1:18. Auflage 2000 Exemplare. Preis ca. 100 Euro.