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News 1:18 Ottomobile Renault 18 Turbo Police Nationale BSN 1983

Franzose mit US-Geheul auf dem Dach

Auf den ersten Blick ein ganz normaler, französischer Polizeistreifenwagen. Auf den zweiten ein ganz heißer Feger: Ottomobile macht den Renault 18 Turbo, von dem eine Spezialeinheit zur Verfolgung von Autodieben rund um Lyon sechs Exemplare bekam. Und die heulten wie US-Streifenwagen in „Einsatz in Manhattan“. Denn sie trugen US-Leuchtbalken und Sirenen.

Im Westdeutschland der 80er Jahre war die amerikanische Kultur tonangebend – oder zumindest das, was man darunter verstand. Bei den Franzosen, deren Nationalstolz ausgeprägt ist, war das damals noch nicht so, aber Anglizismen hielten Einzug in die Sprache und Hollywood-Filme und -Serien liefen auch auf TF1 und auf France 2. Aus Räuber- und Gendarm-Serien kannte jeder das Heulen amerikanischer Martinshörner, das wechselnde Signal aus tiefen und hohen Tönen. Aber gegen alle Erwartungen haben nicht deutsche, sondern französische Polizeibehörden für eine ganz spezielle Einheit mit einem ganz speziellen Streifenwagen einige US-Leuchtbalken fürs Dach und dazu den „American Siren Sound“ übernommen.

Der Renault 18 als Viertürer und als Kombi „Break“ war in den 80ern der am meisten verbreitete, französische Streifenwagen, damals reinweiß lackiert mit breiten roten Streifen, flankiert von schmalen, dunkelblauen Streifen, dazu „POLICE“ in Dunkelblau auf den Türen und der Motorhaube. Das waren alles ganz normale R18 mit ganz normalen Motoren. Aber die BSN, die Brigade Sécurité de Nuit, bekam den R18 Turbo. Und weil für ihn ein original französisches Martinshorn viel zu banal gewesen wäre, erhielten die Fahrzeuge eigens aus den USA importierte Rundumleuchten, welche die Franzosen deutlich modifizieren mussten, damit sie auf das R18-Dach passten. Denn ein R18 ist nun einmal schmaler als jeder US-amerikanische Streifenwagen.

Wie kam es dazu? Um 1980 stieg in Frankreich die Diebstahlquote von Hochleistungsfahrzeugen, vor allem deutsche Mercedes S-Klassen, auch schwere BMW-Limousinen, deutlich an und die Polizei war bei eventuell anstehenden Verfolgungsjagden mit ihren Kleinwagen à la Peugeot 104 hoffnungslos unterlegen. Dann wurde die „Brigade de conduite rapide“ (also die Schnellfahrertruppe) gegründet, die Fahrer erhielten ein viertägiges, spezielles Fahrtraining auf der Rennstrecke in Le Mans. Eine Unterabteilung waren die nur nachts tätigen BSN, also die Nachtüberwachungsbrigaden, und die bekamen sechs R18 Turbo mit dem US-Geheul, eingesetzt dort, wo der Autodiebstahl seinen Höhepunkt hatte: Vaulx en Velin und Vénissieux in der Region Lyon, beide in den 80ern soziale Brennpunkte mit gefährlichen Banlieus. Der Leucht-, Blink und Heulbalken auf dem Dach war aus Sicht der Polizisten genial. Er verfügte über drei wählbare Sounds und hatte einen zusätzlichen Nachtmodus. Darüber hinaus waren schwenkbare Hochleistungsleuchten integriert, womit dunkle Straßen oder Parkplätze ausgeleuchtet werden konnten.

Heute existiert kein Original mehr, aber es gibt einen Nachbau im Museum der APP (Amicale Police Patrimoine), dem französischen Streifenwagenmuseum. Und es gibt 999 Otto-Mobile, hervorragend getroffene Miniaturen, wie üblich, mit Zellonscheiben, wie üblich. Der Blaulichtbalken ist eine Wucht, der Mittelteil mit den Sirenen verchromt, flankiert vom blau- und gelbtransparenten Teil rechts und links, der jeweils Einblick in sein Inneres gewährt: Da sind die im Original schwenkbaren Hochleistungsscheinwerfer zu sehen. Ottomobile gab sich nicht mit dem Dachaufbau und der spezifischen Police-Dekoration zufrieden. Auch wenn der rundum schwarze Innenraum wenig Einblicke zulässt, so ist doch die spezielle Polizeiausstattung zu erkennen, ein Funkgerät mit Hörer.

Der R18 wurde von 1978 bis 1986 produziert, neuer Grill in den letzten beiden Jahren, das Otto-Mobil trägt den Ursprungsgrill. Der Turbomotor hielt 1980 Einzug, ein Wolf im Schafspelz, 109 PS aus 1,6 Litern, ab Modelljahr 1983 sogar 125 PS, somit ein 200-km/h-Auto. Die BSN erhielten ihre Wagen 1983, also letztes Baujahr vor dem Facelift und 125 PS unter der Haube. Auch die sechs BSN-Turbo-Streifenwagen trugen an den Flanken den typischen „Turbo“-Zierstreifen und die spezifischen Alufelgen. Ein sehr ungewöhnliches französisches Polizeiauto mit einer netten Historie.

afs

Auf den ersten Blick ein durchschnittlicher R18 Streifenwagen. Aber die Felgen, der „Turbo“-Streifen an der Flanke und der spezielle Dachaufbau verraten ihn als Hochleistungsjäger böser Buben in der Region Lyon, wo Anfang der 80er kein Mercedes, BMW oder Audi vor Diebstahl sicher war. Damals gingen die gestohlenen Autos von Frankreich aus direkt in die Maghreb-Staaten. Der Ostblock war noch kein Absatzgebiet, denn er war abgeriegelt.
Modellfotos: bat
Das ist modellbauerisch ausgezeichnet. Blautransparenter und gelbtransparenter Bereich mit Scheinwerfern, mittig die Sirene und als „Hütchen“ die Nachtbeleuchtung mit blauer Rundumleuchte.
Sieht ziemlich original aus, ist es aber nicht. Diesen R18 Police schuf nicht mal ein Franzose, sondern ein spanischer Enthusiast, was am Kennzeichen unschwer zu sehen ist, und weil er ein Privatauto ist, trägt er natürlich auch kein Blaulicht.
Foto: Kilyann Le Hen

Steckbrief:

Ottomobile OT1156 Renault 18 Turbo Police Nationale BSN 1983. Fertigmodell Resine, Maßstab 1:18. Auflage 999 Exemplare. Preis ca. 100 Euro.