Wenn Kombis rennen
Das gab’s nur einmal: Ein Kombi beteiligt sich an der Tourenwagenmeisterschaft. Zwar nur in England, zwar nicht sonderlich erfolgreich. Aaaaaber äußerst publikumswirksam, der Star der Piste. Ottomobile macht den Volvo 850 Kombi, mit dem Jan Lammers in der Saison 1994 immerhin einen fünften Platz beim Rennen in Oulton Park errang.
Rennwagen rennen. Coupés auch. Auch Limousinen können rennen. Aber Kombis? Eigentlich nicht. Kombis schuften, aber rennen nicht. Und doch… Ein Rennwagen soll schnell sein. Aerodynamik hilft. Der Luftwiderstandsbeiwert ist bei Kombis oftmals besser als bei Limousinen, der Abrisskante wegen. Eigentlich spricht nichts gegen den Rennkombi, zumal er auch nicht schwerer ist als die Rennlimousine. Und er macht etwas her! Er ist der Liebling des Publikums. Und natürlich der Medien. Dennoch ist und bleibt der Rennkombi selten. Volvo setzte einen ein, 1994 bei der Britischen Tourenwagenmeisterschaft BTCC. Man spricht noch heute darüber, denn dies war eine äußerst originelle Idee. Es gab auch etliche Miniaturautos, quer durch die Maßstäbe. Selbst 1:87 wurde bedient, seinerzeit durch ein Wiking-Industriemodell für Volvo, in 1:43 von Minichamps und HPI-Racing, selbst in 1:64 gibt es ihn, von Tarmac Works, dazu einen 1:25-Plastikkit von Tamiya. Nun in 1:18, ein Resinemodell von Ottomobile. Ebenso wie das Original, ist das Modell originell – im positivsten Sinne des Wortes.
Volvo machte damals den Kombi sportlich. Den 850 T-5R ab Sommer 1994 gab es auch als Kombi, knackige 241 PS stark, kurzfristig dank Overboost sogar deren 256, eine Sonderserie mit spezieller Frontschürze, eigenen Alus, innen besonders fein. Ihm folgte der 850 R mit anderem Turbolader und 250 PS. Um diesen Hochleistungskombi zu promoten, war es eine gute Idee von Volvo-Sport zusammen mit Tom Walkinshaw Racing (TRW), keine Limousine, sondern einen Kombi (englische Bezeichnung Volvo 850 Estate) auf die Piste zu schicken – genauer: es waren zwei Exemplare. Zwar nur in Großbritannien bei der dortigen Tourenwagen-Meisterschaft (BTCC), aber immerhin! Der Marketinggedanke dahinter war, den Beweis zu erbringen, dass Praktikabilität und Alltagstauglichkeit – die Volvo-Domänen – durchaus mit Sportlichkeit und Fahrspaß zu kombinieren sind. Die Legende sagt dies: Volvo beauftragte den schwedischen Tuner Steffanson Automotive (SAM), einen Renn-850 zu konstruieren. Als SAM in die Fabrik kam, um eine Rohkarosserie abzuholen, waren nur Kombikarosserien verfügbar. Also nahm SAM einen Kombi. Dann kam Tom Walkinshaw Racing ins Boot, bekam einen Dreijahresvertrag und baute – wie selbstverständlich – die Rennwagen als Kombis.
Das wurde alles geheim gehalten. Selbst die beiden Fahrer, Rickard Rydell und Jan Lammers, erfuhren in letzter Minute, dass die Renn-850er Kombis waren. Letzterer belegte im zweiten Rennen in Oulton Park den fünften Platz. Diesen Lammers-Volvo macht Ottomobile. Den Regeln entsprechend wurde der serienmäßige 2,3-Liter-Fünfzylinder modifiziert, nur 2 Liter Hubraum, 290 PS stark, sequenzielle Sechsgang-Schaltung statt Fünfgangbox, und der Volvo trug einen Kat. Die erste Saison war reines Lernen, bestes Ergebnis war der erwähnte fünfte Platz, unterm Strich war Volvo ganz hinten – in den Medien aber ganz vorne. Volvo machte weiter in der Tourenwagen-Meisterschaft, nicht mit Kombis, sondern mit Limousinen, und in den folgenden beiden Jahren landete Rickard Rydell jeweils auf Platz Drei der Fahrerwertung.
Weiß-Blau und eiskalt
Wie beim jüngst besprochenen BMW 3.0 CSL von Ottomobile gab es auch beim Volvo vereinzelte Klagen von Sammlern, einen „krummen Hund“ erhalten zu haben. Und wie beim BMW haben wir ein völlig intaktes Modell erwischt, was auch hier belegt, dass offenbar einzelne Modelle vor der kompletten Aushärtung der Form entnommen wurden. Das scheint ein Problem eines einzelnen Mitarbeiters zu sein, der diesen seinen Fehler wiederholt. Herr Otto sollte ihm auf die Finger klopfen! Innen ist alles weiß und ist nahezu nichts. Ein weit vom Serienzustand entferntes Armaturenbrett, ein schwarzer Rennsitz auf der rechten Seite, die Türen immerhin mit schwarzer Innenverkleidung, ansonsten alles ausgeräumt und weiß, inklusive des Überrollkäfigs. Blau ist der Sicherheitsgurt, rote Akzente am Sitz. Außen unterscheidet sich der Renn-Elch kaum vom serienmäßigen 850 T-5R, außer, dass er extrem tief liegt. Und er ist phantastisch dekoriert. Die Grundfarbe ist weiß, die zweifarbig blauen Sektoren sind ebenfalls lackiert, der Rest sind Decals – aber im Gegensatz zu anderen Otto-Mobilen trägt der Volvo keine versiegelnde Klarlackschicht, glänzt also nicht einheitlich. Verglichen mit den Vorbildfotos hat Ottomobile in Sachen Dekoration alles richtig gemacht, und selbst die putzigen, fragilen (Serien-) Außenspiegel sind korrekt. Ein ungemein charmantes Modell!
afs




Modellfotos: bat

Foto: Archiv Volvo
Steckbrief:
Ottomobile OT482 Volvo 850 Estate BTCC 1994. Fertigmodell Resine, Maßstab 1:18. Auflage 2000 Exemplare. Preis ca. 100 Euro.