Schwerlast in Frankreich ist Berliet
Wenn in Frankreich Schweres zu transportieren war, also ganz Schweres, so griff man zum Berliet TBO. Das war die schwerste und stärkste Zugmaschine des Lastwagenbauers aus Lyon-Vénissieux, ein Dreiachser mit zwei angetriebenen Hinterachsen (also 6×4). Da gab es Versionen für 95, ja sogar für 120 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht. Aber das wog niemand nach. 150 bis 200 Tonnen am Haken waren die Regel, 300 Tonnen waren möglich. Es gab Versionen mit ultrastarken Cummins-Dieseln und Clark-Schwerlastachsen. Aber im Normalfall war alles Berliet, im Auslieferungszustand zumindest: Berliet-Achsen und ein Berliet-Magic-Sechszylindermotor mit bis zu 340 PS. Der Magic-Motor ab 1958 war ein Sechszylinder-Diesel mit Direkteinspritzung, diese unter MAN-Lizenz gefertigt. Das faszinierte französische Jungs in den 50er und 60er Jahren, und bedient wurden sie von Norev mit Miniaturen aus ABS-Plastik (die sich im Laufe der Zeit so schön verzogen), und sie alle trugen die so genannte M3-Kabine. Heute gibt es wieder Berliets mit M3-Kabine von Norev, und eben auch von Ixo.
Ixo setzt die Kabine auf das Schwerlast-Chassis und realisierte schon etliche Versionen – darunter auch interessante Feuerwehr-Kranwagen, in erster Linie aber schwere Sattelzüge. Das konkrete Modell namens 15M3 ist ein spätes Exemplar, gebaut zwischen 1967 und 1973 – sieht aber genauso aus wie 1957, als die M3-Kabine vorgestellt wurde. Das Militär nutzte ihn, in der Sahara förderte er Öl, Transformatoren beförderte er, als Zugmaschine für Autotransporter, für Tiefladesattelauflieger oder als Flugfeldtankwagen fungierte er – und heute gehört der TBO zu den französischen „Poids-Lourdes“-Legenden. Die Berliet-Kabine im frühen Nachkriegsstil erschien Ende 1949 und wurde 1960 zur M2-Kabine weiterentwickelt, was aber lediglich eine eckigere Motorhaube bedeutete, kein neu entwickeltes Fahrerhaus. Das kam drei Jahre später mit der M3-Kabine, die dann bis 1974 Gültigkeit hatte und der der französisch-amerikanische Designer Raymond Loewy den letzten Schliff gegeben hatte. Die Kabine gab es als Frontlenker (zum Beispiel für den berühmten Berliet GAK 5) und mit einer Haube. Berliet nannte den Kabinen-Typus „Relax-Kabine“, und als sie 1963 erschien, war die Panorama-Windschutzscheibe bei einem LKW-Fahrerhaus tatsächlich sehr fortschrittlich.
Das Ixo-Modell in dunklem Rot mit ebensolchen Felgen, Kotflügel und Fahrgestell in Schwarz, ist eine Farbvariante, der Vorgänger war gelb mit rotem Chassis und trug ähnliche Warnschraffuren wie die neue Interpretation. Im Gegensatz zu sonstigen Ixo-Lastwagen sind hier nicht nur Kabine und Fahrgestell aus Metall, sondern auch der Aufbau, was das Modell ziemlich schwergewichtig macht – das passt zu einem Schwerlast-Sattelzug. Eine spezifische Firmenbeschriftung trägt er nicht, dennoch gibt es einiges auf dem Dachschild zu lesen, nämlich die Warnung, hier komme ein „Convoi exceptionnel“. Zwischen Kabine und Sattelpfanne trägt der Berliet sein Reserverad und zwei monströse Seilwinden, zwei kleine Reserveräder, passend für den Auflieger, sind auf dessen Vorderteil montiert. Beweglich ist nichts außer den beiden Aufliegerrampen, die lose beiliegen und vom Sammler montiert werden müssen/dürfen/sollen.
In Deutschland dürfte die „Berliet-Szene“ äußerst überschaubar sein (und sich am ehesten auf das Saarland konzentrieren), doch in Frankreich ist Berliet quasi die Lastwagenmarke schlechthin und war im Schwerlastbereich stets führend – was erklärt, warum sich Ixo und Norev bei französischen LKWs am ehesten auf Berliet stürzen. Die vielen dortigen Partwork-Lastwagen-Serien waren Berliet-dominiert, und es gab sogar eine, die sich ausschließlich den „Camions Berliet“ widmete, alleine sie bestand aus 60 Modellen.
afs




Modellfotos: bat
Steckbrief:
Ixo TTR033.23 Berliet TBO 15M3 6×4 Tieflade-Sattelzug 1967 dunkelrot. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:43. UVP 69,95 Euro.