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News 1:43 Ixo Škoda 110 R Coupé 1973

Wider die sozialistische Tristesse

Als „tschechischer Porsche“ wurde er bezeichnet, aber das war nichts als euphemistisch: Das Škoda 110 R Coupé war zwar schnittiger und sportlicher als die null-acht-fuffzehn-Škodas und ist bei tschechischen Sammlern heute äußerst beliebt. Aber sportlich ist es wahrlich nicht. Ixo erinnert an das Fastback-Coupé, und wenigstens die Farbe ist sportlich.

Eigentlich war es eine Chuzpe. Ein Auto, dessen Design von Ingenieuren und nicht von einem gelernten Stilisten stammt, auf Porsche trimmen. Das war die Absicht von Škoda, als das 110 R Coupé entstand. Da dachten sich die Herren in Mladá Boleslav, wir nehmen unseren kantigen, hübsch-hässlichen Škoda 100, ohnehin schon eine nicht ganz stilsichere Überarbeitung des Vorgängers 1000 MB, und machen dank neuer Dachpartie daraus einen tschechischen Porsche. Gesagt – getan. Das Auto an sich ist interessant, weil es der sozialistischen Tristesse zuwiderlief, weil es das so ziemlich einzige Ostblock-Serienauto mit sportlichem Touch war. Aber objektiv gesehen ist es nichts als ein mittelmäßiger Kompromiss, allenfalls für den Heimatmarkt dank fehlender Alternativen interessant. Škodas wurden damals nicht ohne Erfolg in den Westen importiert, auch nach Westdeutschland. Das Coupé gab es zu kaufen. Aber man sah es nahezu nicht auf der Straße. Der Škoda-Käufer wollte alles Mögliche, nicht zuletzt ein sozialistisches Statement zeigen oder seine böhmisch-mährische Flüchtlingsvergangenheit demonstrieren, aber einen sportlichen Škoda wollte und brauchte niemand im Westen. Und in die DDR wurde er gar nicht erst eingeführt. War ja immerhin eine dekadente Schüssel, das Coupé, wenn auch eine tschechoslowakische, dekadente Schüssel. Aber die Tschechen und ihre Autos waren ohnehin nicht hundertprozentig systemkonform. Alleine schon der Tatra, dieses nationale Aufbegehren gegen die sowjetische Doktrin, wonach alles über 2 Liter Hubraum aus der UdSSR zu kommen hatte…

Egal, er war, ist und wird sein, der Škoda 100R. Heute hat der Wagen in Tschechien Kultstatus, denn auch dort blieb er selten. Ixo ist in Sachen tschechische Autos bestens aufgestellt. Die dortige Ixo-Kioskserie verkauft sich besser als frische, dampfende böhmische Knödel und wurde jüngst sogar ein zweites Mal aufgelegt, mit den gleichen Modellen in anderen Farben, weil die Nachfrage das Angebot absolut überstieg – fast schon wie früher… Und die Tschechen sammeln wie wild Modellautos!

Der Škoda 100R hatte einen Vorgänger, und das war kein Coupé mit Fastback-Karosserie, sondern ein Stufenheck-Coupé, der Škoda 1000/1100 MBX. Der basierte auf dem viertürigen 1000/1100 MB von 1964 bis 1969, unterschied sich aber signifikant. Unterm Blech durch mehr Power dank zwei Vergasern. Ein Zweitürer mit nach hinten abfallendem und insgesamt niedrigerem Dach, hinten eine kecke Panoramascheibe. Der Clou aber war die Hardtop-Bauweise, damals einzigartig im Ostblock und eigentlich ein Luxusattribut des amerikanischen Klassenfeindes.

Ein großes Facelift machte aus dem 1000 MB zum Jahre 1969 die Škoda-Typen Š100 und Š110. Von ihm gab es ein Coupé, der „Porsche der Tschechoslowakei“, der Škoda 110 R ab 1970. Die schicken Doppelscheinwerfer des Ixo-Modells deuten auf die modernisierte Version nach 1973 hin, denn ursprünglich hatte das Coupé Einfachscheinwerfer. Die Radkappen, der Limousine entlehnt, hingegen sprechen für 1971 bis 1973. Anschließend, zusammen mit den vier Scheinwerfern, trug der Wagen Radkappen im Stile der Porsche-Fuchs-Felgen, keine Chromleiste mehr an den Vorderkotflügeln, dafür einen von außen zugänglichen Tankstutzen. Da bringt Ixo also die Versionen durcheinander. Alle Attribute außer den Radkappen sprechen für die 1973er-Version. Dank Doppelvergaseranlage 62 PS, gut für Tempo 145, innen ein wohl bestücktes Armaturenbrett und ein Lenkrad mit Holzkranz.

Mit 25 Euro ist das Modell sehr preiswert. Aber nur deshalb, weil es quasi ein „Abfallprodukt“ der Partwork-Produktion ist und sich das Formwerkzeug sich längst amortisiert hat. Seine Machart ist alles andere als billig, sondern sogar ziemlich detailliert und mit liebevollen Kleinigkeiten garniert. Man darf sich nicht vom Preis blenden lassen. Nicht alles, was teuer ist, ist gut. Und längst nicht alles, was günstig ist, ist schlecht.

afs

Wurde als Porsche der Tschechoslowakei angesehen: das Škoda 110 R Coupé. Und konstruktive Anleihen an den Elfer zu konstatieren, ist nicht abwegig: Heckmotor und Heckantrieb.
Modellfotos: bat
Ein zeitgenössisches Spielzeugmodell aus Plastik im Maßstab 1:18 stammt von Ites aus dem tschechoslowakischen Schweinitz. Eine formal hervorragend getroffene Miniatur mit zu öffnenden Türen, ziemlich fragil. In Kinderhand brechen die schlanken A-Säulen sehr schnell. Ein einwandfreies Exemplar zu finden, ist gar nicht so einfach.
In kleinerem Maßstab, ebenfalls aus der Zeit, ebenfalls Plastik. Die kleineren Modelle in 1:43 stammen von KDN aus Náchod (ab 1992: Kaden), jeweils frühe Versionen mit Regular Wheels. Die Größeren in 1:32 kommen aus Annaberg-Buchholz vom VEB Kombinat Plastspielwaren und wurden unter der Marke Plasticart vertrieben, der ehemaligen Firma Gevo von Georg Vogel. Frühes Exemplar mit Chromteilen, spätes mit mattschwarzen Stoßstangen.
Rot wie das Ixo-Modell, auch Doppelscheinwerfer, aber die Radkappen im Porsche-Fuchs-Stil. So muss das Škoda 110 R Coupé ab 1973 aussehen. Aufgenommen anlässlich eines Klassikertreffens 2018 in Prag. Das Plakat im Hintergrund erinnert an Albin Hugo Liebisch, den Konstrukteur der Motorräder Marke Böhmerland, zwischen 1925 und 1939 produziert. Die ersten Motorräder weltweit mit Leichtmetallfelgen!
Foto: Jiří Sedláček

Steckbrief:

Ixo CLC589N Škoda 110 R Coupé 1973 rot. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:43. UVP 24,95 Euro.