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Sammeln 1:43 Dongguan Shangija Raimündle Traktor 1967

Der Raimündle aus Liechtenstein

Ein Unikat, der Raimündle Traktor von 1967 aus Liechtenstein: Ihn gibt es als Metallmodell direkt von und bei der Philatelie Liechtenstein. Ein chinesischer Hersteller verwirklichte den landwirtschaftlichen Nationaltraum des Fürstentums in 1:43, kaufen kann man ihn bei der dortigen Philatelie, einer Abteilung der Liechtensteinischen Post.

Das Fürstentum Liechtenstein ist mit 40.000 Einwohnern verhältnismäßig klein, hat aber elf Gemeinden. Eine davon ist Mauren mit gut 4500 Bewohnern und einer gemeindeeigenen Kulturgütersammlung. Dieser reihte Mauren 1996 den Raimündle ein, einen Traktor aus dem Jahre 1967. Er stammt aus Liechtenstein, ist etwas ganz Besonderes, ein Einzelstück, also ein Kulturgut. Mittlerweile erstrahlt er in neuem Glanz, und dieser Glanz ist knallrot. Raimündle heißt er nach seinem Erbauer, dem Liechtensteiner Original Raimund Matt (1920 bis 1977), in seiner Region gut bekannt und landläufig „D’r Raimündle“ genannt. Matt war ein schlagfertiger Mensch, der unmögliche Arbeiten erledigte. Er konnte riesige Bäume mitsamt den Wurzeln ausreißen, verunfallte Fahrzeuge weit über normale Personenwagen hinaus, bis hin zu Baggern und landwirtschaftlichem Gerät, bergen, einmal sogar einen Panzer der schweizerischen Armee, nachdem alle militärischen Mittel versagt hatten, und ansonsten war er Waldarbeiter. Dazu benötigte er seinerseits ein schweres Gerät, das er nicht kaufen konnte. Also konstruierte er es selbst und baute es zusammen mit dem Werkstattinhaber der Ringgarage in Mauren, Robert Wille: den Raimündle Traktor. Der war bis zu Matts Tod 1977 im Einsatz, stand danach in Mauren herum und vergammelte, bis die Gemeinde ihn erwarb und von der Garage Max Beck in Schaan restaurieren ließ. Der Raimündle Traktor ist also so eine Art „Nationalfahrzeug“ im Fürstentum, jeder kannte ihn und alle sind froh, dass er überlebt hat.

Für die Liechtensteiner ist ein Raimündle als Modellauto somit ein nationaler Traum, und die Philatelie Liechtenstein verwirklichte ihn. Normalerweise kauft man bei der Philatelie hübsche Briefmarken mit Sonderstempeln. Für Modellautosammler ist eine Philatelie nicht gerade der erste Anlaufpunkt, wenn sie an besondere Miniaturen denken. Auch deshalb benötigten wir einen externen Hinweis auf die Philatelie Liechtenstein – von selbst wären wir nie darauf gekommen, in deren Angebot nach Modellautos zu schauen. Jedenfalls beauftragte die Philatelie in Schaan den chinesischen Modellautofabrikanten Dongguan Shangija, der auch im Auftrag von Volkswagen-Shanghai deren Industriemodelle in 1:43 fertigt, mit einem Raimündle. Und weil ein Raimündle alleine zu wenig für eine Angebotslinie der Philatelie wäre, kaufte sie bei Dongguan Shangija gleich noch ein paar Oldtimer und Klassiker aus deren allgemeinem Angebotsprogramm ein, die ebenfalls über den Philatelie-Online-Shop zum gleichen Preis verfügbar sind (oder waren, ein paar Modelle sind bereits ausverkauft). Caramini-online dankt Thomas R. Oertel aus Gera für den Hinweis und dafür, jene Modelle für uns fotografiert zu haben, die er erwarb und die teilweise heute nicht mehr verfügbar sind. Einige gewiefte Online-Händler haben sich bereits eingedeckt und verkaufen die Liechtensteiner Modelle mit teils erheblichem Preisaufschlag auf Ebay. Sinnvoll ist also stets, zuerst bei der Philatelie Liechtenstein unter

https://www.philatelie.li/ki/Weitere-Produkte/Geschenkideen.html

direkt zu schauen, ob ein Modell verfügbar ist, bevor man bei Händlern oder privaten Geschäftemachern kauft. Die Modelle kosten 29,90 Franken plus Porto. Wer aus Deutschland bestellt, erhält eine Rechnung in Euro (pro Modell 31,44 Euro plus 8,41 Euro Porto plus 2,79 Einfuhrumsatzsteuer, insgesamt 42,64 Euro pro Modell) und kann nach Erhalt der Waren auf ein deutsches Konto überweisen. Das Paket kommt direkt nach Hause ohne Zoll-Zusatzkosten. Man muss sich aber in Geduld üben. Schnell geht bei der Liechtensteiner Philatelie gar nichts, und wenn man, wie in unserem Falle, ein Modell mit Transportschaden erhält und reklamieren muss, so kann es über zwei Monate dauern, bis ein fehlerfreies Ersatzmodell auf dem Schreibtisch steht. Die Philatelie will nämlich das defekte Modell zurück, bevor Ersatz verschickt wird. Die Rücksendung aus Deutschland nach Liechtenstein kostet knackige 20 Euro Porto (unversichert!) und eine Zolldeklaration muss ausgefüllt werden – so ist das eben mit nicht-EU-Ländern wie diesem kleinen Fürstentum.

Der Raimündle ist einzigartig und einmalig

Die Firma Dongguan Sqcmodel Toy Model Ltd. existiert seit 2011 und stellt, wie so viele in China, Modellautos im Auftrag her, unterhält also keine eigene Produktlinie und keine Fachhandelsmarke. Alles ist möglich, jeder Maßstab, Diecast, Plastik oder Resine, Dongguan macht auch Plastikkits, sowohl Eigenentwicklungen als auch lediglich Produktion extern konstruierter Modelle. So manches Modell, gerade in 1:18, sogar in 1:12, das wir unter den Namen wohl etablierter Modellautohersteller kennen und kaufen können, stammt von Dongguan Shangija. Wir wollen hier keinen davon outen, denn für die Modellautohersteller, welche ihre Produkte im Auftrag fertigen lassen, ist es ja ein gut gehütetes Geheimnis, wer ihr Produzent ist. Und was hat der Sammler letztlich davon, zu wissen, dass ein bestimmtes Modell von Dongguan Shangija oder sonst einer in Europa völlig unbekannten Chinafabrik kommt? Jedenfalls, und mit dieser Aussage tun wir niemandem weh, kommen sehr viele für den chinesischen Heimatmarkt gefertigte 1:18- und 1:43-Industriemodelle von Dongguan Shangija und so manches 1:18-Metall- oder Resinemodell für deutsche (und holländische!) „Hersteller“, von dem es niemand denkt.

Die Philatelie Liechtenstein jedenfalls orderte von jedem Modell, auch dem Raimündle, 5000 Stück, und die sind einzeln durchnummeriert (unser Exemplar trägt die Nummer 78 von 5000). Natürlich sind 5000 Miniaturen von einem Fahrzeug, für das sich letztlich hauptsächlich die Liechtensteiner und ein paar Exoten-Traktoren-Sammler interessieren, eine optimistische Zahl. Aber darunter macht es Dongguan Shangija bei einer Diecast-Neuentwicklung eben nicht. Wider Erwarten der Philatelie Liechtenstein verkauften sich die populären Klassiker à la Jaguar XK150 oder Mercedes 300 SL Roadster sowie die „richtigen“ Oldtimer à la Ford Model T besser als der Raimündle, denn der Traktor ist nach wie vor lieferbar, der Unimog 411, Luxus-Klassiker aus den 30er Jahren und die Nachkriegsfavoriten von Aston Martin, Ferrari, Jaguar und Mercedes sind es größtenteils nicht mehr. Das ist uns gleichgültig, denn all diese gibt es, oftmals viel besser gemacht, von anderen Herstellern, aber der Raimündle ist einmalig und einzigartig. Den wollten wir haben!

Was denn nun – Traktor oder Abschlepper?

Was sich Raimund Matt nach persönlichen Bedürfnissen ausdachte und zusammenbauen ließ, lässt sich nicht so einfach kategorisieren. Ist es ein Traktor? Ist es ein Abschleppwagen? Eher eine Kombination aus beidem. Die alleinige Bezeichnung „Traktor“ wird ihm jedenfalls nicht gerecht. Das Fahrzeug ist denkbar einfach konstruiert: gleich große Räder, hinten Zwillingsbereifung, ein Rahmen, vorne ein Motor (5,7-Liter-V8-Benziner, hört sich nach US-Small-Block aus einem alten Chevy an) unter einer von einem LKW entliehenen Haube. Vorne eine Seilwinde, hinten ein im Winkel verstellbarer Kranausleger, ebenfalls mit Winde. Steht er senkrecht, so kann man damit Bäume inklusive Wurzeln ausreißen und womöglich auch tiefe Löcher bohren (nach Erdöl in Liechtenstein?), steht er schräg, so kann er havarierte Fahrzeuge bergen und transportieren. Raimund Matt sitzt auf einem Einzelsitz im Freien hinter einer einteiligen Windschutzscheibe und ist Herr über unheimlich viele Hebel, mit denen er den Allradantrieb und die Reduktion einlegt, womöglich die Druckluftbremse „aufbläst“, schalten kann er auch und eine Handbremse betätigen. Das Gerät hat also Allradantrieb, links des Rahmens der Tank, rechts ein Gerätekasten, und an einem langen Stab vor der Frontscheibe ist ein hoch ragendes Gelblicht befestigt.

All dies wurde von Dongguan Shangija peinlich genau rekonstruiert und miniaturisiert; ein Fahrzeug, an dem alle Technik offenbar ist, bedeutet einen hohen Konstruktionsaufwand. Der Kranausleger ist in Schrägstellung, mit Ketten und vielen Leitungen versehen, er kann auch in Vertikalstellung bewegt werden, was wir aus Furcht, etwas abzubrechen, unterließen. Im Netz kursiert ein Video eines Russen, der den Raimündle vorführt und dabei vor laufender Kamera so lange befingert, bis er ihn ruiniert. Dann zeigt der Russe auch noch den misslungenen Versuch, ihn zu kleben. Das muss nicht sein! Je aufwendiger ein Modell aufgebaut ist, desto fragiler ist es. Wir schauen ihn lieber mit den Augen als mit den Fingern an.

Der Raimündle passt also sowohl in die Kategorie Landtechnik als auch zu den Abschleppwagen, und weil das so ist, passt er eigentlich nirgendwo hin. Er ist eben der Raimündle und sonst nichts. Ein liebenswerter Exot, ein schön gemachtes Modell zu vernünftigem Preis, und trotz der zu optimistischen Auflage ist er wahrlich nicht in jeder Vitrine vorhanden. Mal sehen, wie lange die Philatelie Liechtenstein braucht, um ihre 5000 Exemplare loszuwerden.

afs mit Dank an Hans-Joachim Gilbert für Recherchearbeit

Traktor oder Abschlepper? Fisch oder Fleisch? Jedenfalls altes Blech, toughes Blech, restauriertes Blech, Unikat – eben der Raimündle. 5000 Stück zu ordern, war eindeutig zu optimistisch. Aber überhaupt einen Raimündle als Modell in Auftrag gegeben zu haben, dafür danken wir der Philatelie Liechtenstein. Der Mut muss belohnt werden: Leute, kauft einen Raimündle!
Modellfotos: bat
Völlig im Gegensatz zum hochdetaillierten sichtbaren Teil des Fahrzeugs steht die Machart des Bauches. Da gab sich Dongguan keine große Mühe. Wir hätten gerne ein bisschen altvordere Allradtechnik gesehen.
Lauter Produkte der Firma Dongguan Shangija in 1:43, erworben bei der Philatelie Liechtenstein, teilweise noch lieferbar, teilweise ausverkauft. Attraktive Vorbilder, aber kaum etwas davon gibt es nicht auch von anderen Herstellern.
Modellfotos: Thomas R. Oertel
Künstlerpech: Hier hat wohl eine Zusteller-Fachkraft mal wieder Paketweitwurf geübt, was der Raimündle nicht überlebt hat. Die Philatelie Liechtenstein wollte den Totalschaden zurück und sandte danach Ersatz. So verzögerte sich der Zeitpunkt zwischen Bestellung und Lieferung eines intakten Modells auf zwei Monate.
Modellfoto: bat

Steckbrief:

Dongguan Shangija Raimündle Traktor 1967. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:43. Preis inkl. Porto und Zoll nach Deutschland 42,64 Euro. Bestellbar bei der Philatelie Liechtenstein unter https://www.philatelie.li/ki/Weitere-Produkte/Geschenkideen.html