Auto-Katalog 2025. Motor-Presse Stuttgart 2025. 258 Seiten. Keine ISBN, weil Zeitschrift. Im Zeitschriftenhandel erhältlich. Preis 12,90 Euro.
„Früher kannte ich jedes Auto auf der Straße. Und heute nahezu keines mehr. Ich erkenne allenfalls noch einen Mercedes oder Porsche.“ Eine weit verbreitete Aussage, oft gehört, stets gepaart mit einem Schuss Resignation, oftmals auch mit Kritik am „Einheitsdesign“, das es früher vermeintlich nicht gab – tatsächlich aber sehr wohl, alle Giugiaro-Autos sahen weitgehend gleich aus, und Giugiaro bestimmte in den 70ern und 80ern das europäische Design.
Man kann dieses Nichtwissen zu einem Nichtwissenwollen kultivieren. Man kann aber auch gegensteuern und sich wenigstens ein Mal im Jahr mit den neuesten Modellen und dem aktuellen Angebot der Automobilindustrie beschäftigen. Dazu dient seit 1957 der Auto-Katalog aus dem Motorpresse-Verlag. Seitdem es den Jahreskatalog der Schweizerischen Automobilrevue nicht mehr gibt (seit 2021, weil es auch den Genfer Salon nicht mehr gibt, anlässlich dessen er jährlich erschien), ist der Auto-Katalog im wesentlichen das einzige deutschsprachige Organ in diesem Metier. Und er ist weit preiswerter als der (sündhaft teure) schweizerische Katalog es war. 12,90 Euro sollte es dem Autofan schon wert sein, sich einmal im Jahr mit dem Angebotsspektrum zu befassen, die Modelle aus aller Welt durchzublättern inklusive Exoten und Supercars sowie Zukunftsstudien.
Die Lektüre ist spannend und schwankt zwischen Optimismus und Wehmut. So erfahren wir vom Aus des Klassikers Morgan Plus 8, von mangelndem Vertrauen der Käufer in E-Autos (das ist allerdings nicht neu), dass gebrauchte Elektriker Ladenhüter sind, aufschlussreich sind die Statistiken (2024 wurden mehr Lada als Lancia in Deutschland neu zugelassen, der Tesla Model Y war vergangenes Jahr noch der Elektro-Bestseller, trotzdem kamen vier Mal so viele Gölfe neu auf die Straße).
Der Hauptteil ist der Katalog an sich, 2400 Personenwagen, eine ganze Menge! Sicher kein Fehler, sich mal die Chinesen von BYD, Dongfeng, Great Wall, Nio und natürlich XPeng (alleine des kuriosen Namens wegen) genauer anzusehen, und selbst die Staatskarossenmarke Hongqi ist in Deutschland am Start. Erschreckend ist, wie einstmals stolze, deutsche Hersteller wie Ford und Opel ihr Programm ausdünnen – bei Ford scheint es ein bewusster Suizid zu sein. Und Jaguar verkauft gar nichts mehr, weil es Verbrenner nicht mehr und Elektrokatzen noch nicht gibt. Dafür wird Lancia wieder international angeboten. Der Katalog schafft es auch, das mittlerweile nahezu undurchsichtige Mercedes-Programm so zu präsentieren, dass man endlich die Unterschiede der einzelnen Klassen begreift. Renault hat wieder ein neues Topmodell, den Rafale, dem man auf der Straße womöglich nie begegnen wird. Den putzigen Suzuki Jimny gibt es nicht mehr und mit Togg tritt in Deutschland erstmals ein türkischer Autohersteller auf den Plan. Wer mit den in Deutschland vertretenen Marken wenigstens halbwegs à jour ist, findet den internationalen Teil im Auto-Katalog spannender – jene Marken, die hier nicht vertreten sind oder auch die beispielsweise chinesischen Varianten deutscher Hersteller.
Der Auto-Katalog ist eine Institution. 2014 gab der Verlag die Einstellung bekannt, wurde von Protest-Leserbriefen überschüttet und revidierte seine Entscheidung. Seit 2016 erscheint er wieder jährlich, und der Jahrgang 2015 bleibt eine Lücke. Nach einem Schmökerabend des Auto-Kataloges 2025 auf dem Sofa oder Balkon kennt man sicherlich nicht alle Autos auf der Straße. Aber man kennt ein paar mehr als zuvor. Und wir müssen froh sein, dass es den Katalog noch zum gemütlichen Durchblättern gibt, und nicht nur zum Daunlouden auf dem Bildschirm.
afs