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News 1:18 AUTOart Porsche 911 Carrera 2.7 RS 1973 The Circuit Wolf

Des Teufels Piste

Der ’73er Porsche Carrera 2.7 RS von AUTOart ist da, lange erwartet. Als Opener einer Serie bunter Farbvarianten bringt AUTOart ein Filmauto, oder besser: ein japanisches Manga-Auto: Der Porsche Carrera spielte eine gewichtige Rolle in The Circuit Wolf. Er wird mehrmals in Caramini-online zu Gast sein, auch als ziviler Wagen. Den Auftakt macht die Manga-Version.

The Circuit Wolf ist ein japanischer Manga, und zwar für große Buben, also heranwachsende Jungs. Es geht um Autos, um schnelle Auto, um Rennen und um Leidenschaft. Grob gesagt, ist The Circuit Wolf für japanische Jungs das, was Michel Vaillant für französische (oder: europäische) Jungs ist. Die Japaner nennen diese Art Jungen-Comics „Shōnen Manga“, und The Circuit Wolf lief in der japanischen Zeitschrift Weekly Shōnen Jump zwischen Januar 1975 und Juni 1979. Ein Sequel, also eine Neuauflage, gab es natürlich auch, wie immer, wenn etwas Erfolg hat. Circuit no Ōkami II: Modena no Tsurugi wurde 1989 bis 1995 in Weekly Playboy publiziert. Natürlich gab es auch einen Film, das war 1977. So, wie Jean Graton für Michel Vaillant bekannt ist und verehrt wird, ist für die Japaner der Circuit-Wolf-Autor Satoshi Ikezawa ein Idol ihrer Jugendträume. Circuit Wolf ist kein Leuchtfeuer. Es gab damals etliche Auto-Action-Mangas in Japan, im Abendland am bekanntesten mag noch Initial D sein – auch, weil es AUTOart-Modelle zu Initial D gibt. Man sagt, The Circuit Wolf habe japanische Jungs in den 70ern dermaßen geprägt, dass die Mangaserie für den großen Trend der Supersportwagen im Japan der 1990er und frühen 2000er Jahre verantwortlich sei, weil aus den kleinen Circuit-Wolf-Lesern dann finanzstarke japanische Business-Men geworden seien.

Der Inhalt ist schnell erzählt, er ist banal, aber effektvoll: Der Protagonist in Circuit Wolf ist Yuga Fubuki, ein junger Boy-Racer, der auf seinen weißen Lotus Europa schwört. Er macht sich bei lokalen Rennen einen Namen und wird dann vom Geschäftsmann Mister Yatabe entdeckt, der ein professionelles Rennteam ins Leben rufen will. So steigt Fukubi auf, zunächst in die Tsukuba-Klasse (japanische Nachwuchsserie) über die Formel 3 bis zur Königsklasse, der Formel 1. Dabei gibt es natürlich Rivalitäten mit anderen Fahrern, Liebesbeziehungen und physische ebenso wie psychische Kämpfe aller Art. Wie Jean Graton mit seinem Michel Vaillant, entschied sich auch Satoshi Ikezawa für real existente Lokalitäten (speziell Rennstrecken) und für vorbildlich dargestellte Autos (also keine Micky-Maus-Comicautos). Fubuki fährt den Lotus, seine Rivalen und/oder Freunde Porsche 911 Carrera RS 2.7, Lamborghini Miura, (Ferrari) Dino 206 GT, Lancia Stratos und Maserati Bora. Kurioserweise spielen japanische Wagen weniger eine Rolle, treten aber auf, so Toyota 2000 GT, Nissan Fairlady Z 432R, Mazda Cosmo Sport. Das macht den Manga sehr realistisch.

Wer vom Circuit Wolf noch nie gehört hat, trotzdem er früher überzeugter Comicleser war und heute noch Comicliebhaber ist, muss wissen, dass dies eine reine innerjapanische Angelegenheit war und ist – dort aber nach wie vor große Bedeutung hat. Kyosho hatte die Lizenzen, die Circuit-Wolf-Fahrzeuge zu produzieren und schlachtete dies weidlich aus, in 1:18 wie in 1:43 und 1:64. Kyosho ging sogar so weit, in Ermangelung eines eigenen Porsche 911 Carrera RS das elende 1:18-Modell von Jouef zu importieren und im Doppelpack mit dem eigenen Lotus Europa als Circuit-Wolf-Geschenkset anzubieten. Derzeit hat Kyosho keine Circuit-Wolf-Modelle mehr im Angebot, aber AUTOart hat seit einiger Zeit eine Lizenz und startete im März 2023 mit dem Lotus Europa, dem Manga-Auto von Yuga Fubuki. Und nun kommt der zweite Wagen aus dem Manga, der neu konstruierte Porsche 911 Carrera 2.7 RS von 1973 – neu, weil er nun ein Kunststoff-Modell ist und außer dem Vorbild nichts gemein hat mit dem längst nicht mehr lieferbaren AUTOart-Modell aus Zinkdruckguss. Während der Lotus (zumindest bis jetzt) ein Solitär im AUTOart-Programm geblieben ist, ist der Porsche der Opener für eine ganze Reihe ziviler Fahrzeuge identischen Typs in unterschiedlichen Farben. The Circuit Wolf scheint für AUTOart wichtiger zu sein als der Straßen-Porsche. Denn in Japan (und/oder ganz Asien?) bedeutet die Circuit-Wolf-Lizenz offenbar, dass es sich um Bestseller-Modelle handelt. In Europa ist dieses Thema nichts als Nische, aber sicherlich interessant für Sammler von „prominenten“ Autos aus Filmen oder Comics, für jene, die den Mainstream den anderen überlassen und natürlich ein absolutes Muss für Elfer-Allessammler.

Natürlich ohne Hakenkreuz

Satoshi Ikezawa, der Autor, gründete 2021 in Kamisu City das Circuit-Wolf-Museum, in dem die 30 wichtigsten automobilen Protagonisten aus dem Manga und aus anderen Filmen im Original ausgestellt sind, darunter wahre Pretiosen wie der offene Toyota 2000 GT aus dem James-Bond-Streifen You only life twice, Miura und Countach, Mazda Cosmo Sports, diverse Ferrari, DeTomaso Pantera, Cobra, Jaguar E-Type, Maserati Khamsin, diverse japanische Hochkarat-Klassiker und natürlich ein Porsche 911 Carrera RS in Grandprixweiß. Das ist der wagen von Hayase Sakun, dem Rivalen des Protagonisten Yuga Fubuki. Sowohl im Manga als auch im Kinofilm von 1977 waren die deutschen Porsche-Wagen mit einem weithin sichtbaren Hakenkreuz versehen, im Manga trug der grandprixweiße Carrera RS das Hakenkreuz auf der Beifahrertüre, im Film trugen es ein orangefarbener sowie ein blaumetallicfarbener 911 S „Ur-Elfer“, ein hellgrünmetallicfarbenes G-Modell und ein roter 924 auf der vorderen Haube und auf der Fahrertüre. Das ist natürlich mehr als delikat. Es symbolisiert im fernen Ausland das deutsche Auto und das Auto des Feindes. Beides trifft auf Hayase Sakun zu, er fährt einen deutschen Porsche und er ist der Böse und somit der Feind des guten Yuga Fubuki. Das ist ein geschichtsfernes Denken, wobei man natürlich nicht der ganzen Welt zumuten darf und kann, sich mit der deutschen Geschichte und den deutschen Gesetzen auseinanderzusetzen und auszukennen.

In Deutschland ist das Zeigen eines Hakenkreuzes, sofern es sich nicht um ein zeitgenössisches Original handelt, verboten (und der Film lief auch nicht in Deutschland). Gleichsam ist das, was wir als Hakenkreuz bezeichnen, im Hinduismus, Jainismus und Buddhismus ein Manji-Zeichen, also ein glücksbringendes Symbol der Göttlichkeit – die Interpretation eines Symbols ist nun einmal kulturabhängig. Die japanischen Bausatzhersteller, die den Circuit-Wolf-Porsche machten, legten den Modellen ein Hakenkreuz-Decal bei (was den Verkauf des Modells in Deutschland und anderen Staaten ausschloss). AUTOart nimmt sich die künstlerische Freiheit, auf das Hakenkreuz zu verzichten – wohl wissend, das Modell somit nicht hundertprozentig original nachgebildet zu haben. Aber es hätte mit dem Symbol in Deutschland, Österreich und auch anderen europäischen Staaten schlichtweg nicht angeboten werden dürfen. Die Japaner hingegen dachten sich dabei wahrscheinlich nichts Schlimmes. Doyusha beispielsweise fertigte das Filmauto als 1:20-Plastikkit und legte nicht nur das Hakenkreuz-Decal bei, sondern schmückte die gezeichnete Schachteloberseite sogar damit. Und überdies schrieb Doyusha auf die Box tatsächlich „Polshe“ statt „Porsche“ und „Karera“ statt „Carrera“- was zusätzlich beweist, dass man sich in dieser Firma womöglich um das Produkt bemühte, aber sicherlich nicht um die Begleitumstände desselben. Kyosho hingegen verfuhr anders: Die legten dem undekorierten Modell je nach Verkaufsland Hakenkreuz-Decals bei oder nicht – in Deutschland selbstverständlich nicht. Auf der Kyosho-Verpackung war der Porsche ebenfalls mit Hakenkreuz zu sehen. – Natürlich wäre nahe liegend, diese Thematik zu illustrieren, zumindest mit Abbildungen der jeweiligen Boxen des „Polshe Karera“. Das lassen wir aber bleiben. Aus guten Gründen. Auch aus Selbstschutz.

Ohne das Hakenkreuz bleibt von der Charakteristik des Filmautos wenig. Es ist ein absolut serienmäßiger Porsche 911 Carrera 2.7 RS, und das einzige, was ihn davon unterscheidet, wie er in Zuffenhausen zur Welt kam, sind die japanischen Kennzeichen sowie 39 kleine Sternchen, die auf der Vorderhaube angebracht sind (und deren tiefere Bedeutung, sofern es eine gibt, sich uns nicht erschließt). Lackiert ist der Wagen in Grandprixweiß, die Felgensterne und Donauwellen sind in Orange gehalten. Natürlich sollten wir nun das Modell selbst besprechen. Tun wir aber nicht. Das heben wir uns auf, wenn der zivile Straßen-Porsche von AUTOart zu Gast auf dem schwarzen Schreibtisch sein wird. Das wird nicht mehr lange dauern.

afs

The Circuit Wolf ist die englische Übersetzung des japanischen Titels サーキットの狼, transkribiert Sākitto no Ōkamii. Ins Deutsche könnte man dies „Die Rennstrecke des Wolfes“ übersetzen, aber das klingt holperig. Treffender wäre vielleicht „Die Piste des Teufels“ oder „Des Teufels Piste“ (frei nach Carl Zuckmayers Dramentitel Des Teufels General).
Modellfotos: Hans-Joachim Gilbert
Das AUTOart-Vorbild entspricht der erleichterten Sportversion des Carrera RS, 272 Mal gebaut, hintere Stoßstange aus Kunststoff, Klebestreifen statt Gummi-Stoßleisten, kein Schwellerchrom.
Mit Filzabdeckung und ohne. Darunter ein schönes Reserverad, aber nicht im Carrera-Orange lackiert.
Nettes Detail: zeitgenössischer Aufkleber, der auf die Porsche-Markenweltmeisterschaften 1969, 1970 und 1971 verweist.
Nicht so ganz original, aber ein bisschen original: Er trägt die 39 Sternchen auf der vorderen Haube, aber die Donauwellen in frühester Version, obendrein in Blau, ebenso wie die Felgen. Ausstellungsstück in Satoshi Ikezawas Circuit-Wolf-Museum in Kamisu City.
Foto: Tokumeigakarinoaoshima

Steckbrief:

AUTOart 78026 Porsche 911 Carrera 2.7 RS 1973 „The Circuit Wolf“. Fertigmodell Kunststoff, Maßstab 1:18. UVP 289,95 Euro.