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News 1:18 BoS Vector M12 1996

Echt faszinierend: Der „schlechteste Supersportwagen der Welt“

Ein Lambo Diablo in Verkleidung, ein amerikanischer Supersportwagen, von Top Gear als „schlechtestes Auto der Welt“ diskreditiert, nur 14 Mal gebaut, mit dem Look absoluten Edelmetalls: BoS legt den Vector M12 erneut auf, in kühlem Goldmetallic. Sehr faszinierend! Nicht nur das Auto, auch seine Geschichte.

Derjenige, dem Mathe verhasst war, weiß nicht mehr, was ein Vektor in der linearen Algebra ist. Wer Bio liebte, weiß, dass es ein Krankheitserreger ist. Der alte Lateiner erinnert sich an den Vector als Reisenden und Träger, angeleitet vom Verb vehere, was fahren bedeutet. Und der Autofan? Der kennt noch den Vector M12, ein US-Supersportwagen auf Basis des Lamborghini Diablo. Und er erinnert sich an das vernichtende Urteil, der Vector sei das „worst Car in the entire World“, wie es der einstige Top-Gear-Hauptmoderator Jeremy Clarkson einst sagte und was Top Gear dazu animierte, den Vector auf Rang 3 seiner Liste der elendsten Supercars aller Zeiten einzureihen. Er sah verrückt aus, war mit der Raffinesse eines Rüsseltieres konstruiert und in der Verarbeitungsqualität eines Tesla gebaut. Model Car World mag den Vector M12 und hatte mehrere im Programm, in 1:43 unter den Hauslabeln Neo und BoS und in 1:18 als BoS-Modell in Rot, Ende 2018 erschienen. Er passte recht gut zu seinem Vorgänger im Geiste, dem Vector W8, den es ab 2007 von Ricko in 1:18 gab, Der M12 von BoS verkaufte sich gut, nicht zuletzt die Lamborghini-Aficionados brauchen ihn als Diablo-Derivat. Nun erscheinen bekanntlich keine neu geschaffenen BoS-Achtzehner mehr, aber erfolgreiche Modelle werden in neuer Farbe wieder aufgelegt. Der Vector gehört zu den Auserwählten und ist nun in recht kühlem Goldmetallic neu am Markt, kleine Auflage, nur 300 Stück.

Ballistische Boden-Luft-Rakete mit meshed Grills

Das futuristische Design (aus der Sicht der Mitt-90er!) hat BoS hervorragend umgesetzt, dazu eine wunderschöne Lackierung. Die Gitter sind meshed, also meshed grills, aber logischerweise ist nichts dahinter, weil es sich ja um eine Resine-Skulptur handelt. Dennoch gab sich BoS damit viel Mühe, und wir zählen immerhin 14 mattschwarz lackierte, fotogeätzte Gitter plus einen Tankverschluss aus demselben Material. Ganz klasse sind die Felgen mit poliertem, am Modell also verchromtem Außenrand und mattsilbernem Felgenkranz, der ein wenig an das Wankel-Symbol erinnert, dahinter sehr flächige, silberne Bremsscheiben (warum keine glänzenden Ätzteile? Dann würden wir auf 19 kommen!) mit schwarzen Bremszangen. Mitte der 90er war die Mode farbiger Bremssättel offenbar noch nicht geboren, auch nicht in Supersportwagenkreisen. Die Scheiben sind dunkel getönt, was den Einblick ins Interieur einschränkt, aber der äußeren Optik gut tut. Wir erkennen braune Möblierung und zweifarbige Türinnenverkleidungen. Vom Motor erkennen wir hingegen nichts, denn er ist zwar vorhanden, aber unter großflächigen Lamellen verborgen. Was soll’s! Von etlichen Lamborghini Diablo diverser Hersteller, allen voran AUTOart, wissen wir ja, wie ein Lambo-V12 aussieht. Dafür brauchen wir keinen Vector von BoS. Die Heckschriftzüge sind Decals, ebenso die Kennzeichen aus dem Staate Arizona mit 1997er-Plaketten, also zeitgenössische Zulassung. Der Vector macht sich ganz prima in einer Lamborghini-Sammlung. Er gehört einfach dazu für jene, die den Fokus nicht allzu eng auf Sant’ Agata Bolognese richten.

Er folg so hoch wie Ikarus

Vector ist ein kalifornischer Kleinserienhersteller von Supersportwagen und Prototypen und erlitt seit seinem Bestehen 1978 diverse Umfirmierungen, Konkurse, Höhen und Tiefen. Irgendwie schaffte es der Gründer Gerald Wiegert stets, dabei zu bleiben, und bis zu seinem Tode 2021 firmierte er als Geschäftsführer. Wiegerts Ambition ging dahin, Luft- und Raumfahrttechnologie mit dem Automobil zu verbinden, quasi den „Starfighter für die Straße“, wie er es ausdrückte. Überdies hatte er „America first“ im Sinne und wollte es den ausländischen Supersportwagenherstellern so richtig zeigen. Und so ganz nebenher entwarf er auch den Aquajet-Jetski, den Kawasaki in Serie baute, das Wetbike und den Raketenrucksack, an dessen Auftritt anlässlich der Olympischen Spiele 1984 sich manche noch heute erinnern. Und auch das Wetbike ist unvergessen, denn James Bond rettete die Agentin Triple X in „Der Spion, der mich liebte“ damit.

Schon Wiegerts Erstling, der Vector W8, hatte ziemlich italienische Anleihen, so die Scherentüren, und überhaupt war klar, dass er den Countach im Visier und zum Vorbild hatte. Wiegert sprach in typisch kalifornischer Hybris von 1500 PS, die der Corvette-Motor leisten sollte. Beim einzigen in Europa veranstalteten Vergleichstest 1981 blieb der Vector W8 mit Kabelbrand stehen, nichts wurde verglichen. Weigert konstruierte immer weiter, verbesserte den Vector, brachte neue Typen, die mehr oder weniger im Prototypenstadium verblieben, aber immer verwegener wurden. Mit Absichtserklärungen blieb Wiegert im Gespräch, verdiente aber kein Geld. 1993 übernahm die indonesische Mega Tech die Firma, die Namensrechte und Herren Weigert selbst. Ziemlich gleichzeitig kaufte Mega Tech die Firma Lamborghini von Chrysler, und im Januar 1996 wurde der neue Vector präsentiert, eine komplette Neukonstruktion namens M12, das BoS-Modell.

Aus Gründen der Effektivität rüstete Mega Tech den Vector mit dem Motor und den Brembo-Bremsen des Lambo Diablo aus und Wiegert musste zähneknirschend hinnehmen, dass sein Traum vom „all american Sportscar“ verpuffte. Das Styling stammte vom Lotus-Designer Peter Stevens sowie von Michael Santoro, der von Chrysler kam. Militär- und Raumfahrtkomponenten hatten nun keinen Platz mehr, Wiegert wurde nicht nur entmachtet, sondern seine überirdischen Ideale landeten komplett auf dem Müllberg der Automobilgeschichte. Der Vector war nun keine Vision mehr, sondern ein Straßenfahrzeug mit dem Potenzial auf Serienfertigung und Konkurrenzfähigkeit (auch preislich mit 200.000 Dollar). Und dann kam oben erwähnter Top-Gear-Moderator und BBC-Journalist Jeremy Clarkson und bezeichnete den Vector M12 als schlechtestes Auto der Welt, als „motorisierten Dreck“, „schwerfällig wie ein Schwein“. Vector träumte von 200 Fahrzeugen im Jahr, gebaut wurden unter der Mega-Tech-Ägide nur fünf, nach einem weiteren Besitzerwechsel weitere neun, insgesamt also 14. Wiegert bekam wieder Oberwasser, neue Investoren, neue Prototypen, neue Versuche, neues Glück, neue Versprechungen, neue Vorschusslorbeeren – so ging es weiter bis zu Wiegerts Tod 2021 – ein „american dream“ in all seinen Facetten.

afs

490 PS stark (und nicht 1500, wovon es Wiegert träumte): Vector M12 mit Lamborghini-Diablo-V12-Motor, Supersportwagen mit italienischen Genen und in amerikanischer Verarbeitungsqualität, aber äußerst faszinierend – nicht zuletzt durch die schillernde Figur des Gerald Wiegert. BoS erinnert mit seiner Neuauflage an diesen „american Dream“, der in den 90ern in aller Munde war, ähnlich der DeLorean-Geschichte.
Modellfotos: bat
Ein echter Vector M12, einer von 14: Kampfjet für den Highway, der die dort erlaubte Höchstgeschwindigkeit bereits im ersten gang erreicht.
Foto: Greg Gjerdingen

Steckbrief:

BoS 376 Vector M12 1996 goldmetallic. Fertigmodell Resine, Maßstab 1:18. Auflage 300 Exemplare. UVP 119,95 Euro (exklusiv bei Model Car World erhältlich).