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News 1:18 Minichamps Porsche 911 (992/I) GT3 RS 2022 Acidgrün

Erst Schweinfurt, dann Gift

Geht’s noch giftiger? Wohl kaum! Das ist die Farbe des Schlangenbisses, die Farbe des Schierlingsbechers, und der Sage nach hatte sich Napoleon an der Farbe vergiftet, weil er seine Wände damit streichen ließ. Mit Vorsicht zu genießen, äußerst exaltiert, aber nicht arsenhaltig: Minichamps bringt den aktuellen 911 GT3 RS in Acid Green.

220 Jahre ist es her, dass der österreichische Chemiker Ignaz von Mitis ein paar Chemikalien miteinander vermischte und so einen ganz besonderen Grünton herstellte, intensiv, leuchtend, hell. Industriell hergestellt wurde diese Farbe in Deutschland erstmals in Schweinfurt, und deshalb sprach die Kunst- und Modewelt vom Schweinfurter Grün. Maler verwendeten das Schweinfurter Grün liebend gerne (zum Beispiel Vincent van Gogh), wer es sich leisten konnte, nahm es als Wandfarbe für die Wohnung oder ließ sich edle Kleidung aus derartigem Stoff schneidern. Ein paar Jahre später stellte man fest, dass das Grün hochgiftig war, wenn es als Wandfarbe verwendet wurde, toxische Stoffe diffundierten in die Atemluft. Das lag daran, dass zu den verwendeten Chemikalien mit Arsen vermischtes Grünspan verwendet wurde. Auch Napoleon Bonaparte war großer Fan der Farbe, ließ im Exil auf Sankt Helena all seine Räume damit streichen. Man sagt, er sei an einer Arsenvergiftung gestorben, aber nicht, weil ihm jemand den Schierlingsbecher unterjubelte, sondern der Wandfarbe wegen. Das Schweinfurter Grün wurde jedenfalls zumindest in Deutschland verboten, doch der Name Giftgrün hat sich bis heute für den Farbton im Sprachschatz erhalten. Und die angelsächsische Welt sagt dazu Acid Green, also säurehaltiges Grün. Das erinnert an den „Acid Rain“, den Sauren Regen, der in den 80er Jahren ein beherrschendes Medienthema war und für das Waldsterben verantwortlich gemacht wurde. Acid Green und Giftgrün sind also delikate Begriffe, und niemand freut sich, in freier Wildbahn einer giftgrünen und hochgiftigen und hochaggressiven Grünen Buschviper zu begegnen – was allerdings in unseren Breitengraden höchst selten vorkommt.

Zur Hälfte übersetzt

Durchaus häufiger kommen giftgrüne Autos vor, zunehmend, vor allem Supersportwagen. Auch aus Zuffenhausen. Da gibt es die Farbe ebenfalls, Acid Green 2M8, seit 2014 an ein paar 918 Spyder belegt, aber tatsächlich erst auf der Porsche-Farbpalette, als die Elfer-Generation 991/II aktuell war, und richtig verbreitet hat es sich mit dem aktuellen 992. Mit etwas Phantasie findet man Ähnlichkeiten zum Porsche-Gelbgrün 137 und -Lichtgrün 253 aus den 70er Jahren. Aber das war lange nicht so intensiv und garantiert weniger giftig. Porsche übersetzt Acid Green sogar ins Deutsche, aber nur teilweise. In deutscher Porsche-Literatur steht tatsächlich Acidgrün zu lesen. Und Porsche verwendet die Farbe sogar typübergreifend an den Bremszangen aller Hybridfahrzeuge. Acidgrün wird allgemein als extrovertiert, gar psychedelisch eingestuft. Eine typische Paint-to-Sample-Farbe, nichts für Porsche-Mainstreamer: ein Neongrün mit Untertönen von hellerem Gelb, ein absolut knalliger Farbton, betont den Charakter speziell des 911 GT3 RS. Porsche spricht von „Exclusive Manufaktur Farbe“ und verlangt 15.446,20 Euro Aufpreis für Acidgrün.

Minichamps selbst, aber auch die Minichamps-Kernklientel, die Porsche-Enthusiasten, sind zur Zeit im GT3-Fieber. Einen nach dem anderen, in immer neuen Farben, bringt Minichamps an den Start. Der Minichamps-Produktnummernlehre nach sollte nun Farbvariante Nummer 29 an der Reihe sein. Der Markt scheint nach wie vor gierig zu sein. Denn die Modelle sind allesamt innerhalb kurzer Zeit werksseitig ausverkauft, die Händler ordern wie wild. Nun Acidgrün. Sieht rattenscharf aus! Der 911 GT3 RS Typ 992 ist mittlerweile sattsam bekannt, auch bei Caramini-online waren schon etliche Exemplare auf dem schwarzen Schreibtisch: ein all-open-Modell, lenkbar, gefedert, ohne Weissach-Paket (deshalb kein Carbon-Dach, keine Carbon-Fronthaube), diesmal auch keine bunten Bremszangen, dafür erneut die korrekte Lackierung der Außenspiegel in Exterieurfarbe und carbonisierter Oberschale (das hat bei den ersten Modellen nicht so recht gepasst und geklappt, jetzt passt’s und klappt’s), der Heckflügel lässt sich wie üblich verstellen.

Erneut beweisen sie alle drei, also Minichamps, Porsche und Acidgrün, dass die Farbe den Charakter des Fahrzeugs und somit auch des Modells komplett ändern. Das ist keine neue Erkenntnis und auch keine beruhigende. Denn sie impliziert, dass es weitere Farben geben wird (und das Paint-to-Sample-Programm umfasst schier unendliche Weiten) und dass es bedauernswerte Menschen gibt, die jede davon benötigen – zum rein physischen Überleben.

afs

Wenn man das Netz ein wenig nach GT3 RS und Acid Green durchforstet, erkennt man den Grad der Faszination unter den internationalen Fanboys: „It will burn your Eyes“, „C’est comme le Paradis“, „Radical Idea“, „Could you ask for anything more?“. Und weil jeder von ihnen einen Achtzehner in Acid Green haben möchte, hat Minichamps mit einer Farbwahl alles richtig gemacht.
Modellfotos: bat

Steckbrief:

Minichamps 110062028 Porsche 911 (992/I) GT3 RS 2022. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP 209,95 Euro.