Almost Real in Ruf-Nähe
Almost Real in Ruf-Nähe: Anniversary, SCR, CTR und der Rodeo-Prototyp gehören nun ins Portfolio und sie kommen in immer wilderen Farben. Quasi der Aufstand und Aufschrei gegen das weiß-schwarz-silber-anthrazitfarbene Einerlei auf den Straßen. Wir haben uns den SCR ausgesucht in absolutem Kermitgrün, innen und außen, und sogar die Bremszangen passen dazu.
Es ist das Auto, natürlich, ein Porsche, der kein Porsche ist, aber von Almost Real ist und somit schon alleine deshalb etwas ganz Wundervolles darstellt. Aber es ist auch die Farbe: so abstoßend herrlich, so aggressiv beruhigend, so samtig aufkratzend, so textmarkermäßig, sieht ein wenig nach der Farbe von Gas-Wasser-Heizung-Lieferwagen aus, aber auch nach dem kultigen Kermit, riecht nach Granny-Smith-Äpfeln, Birkenblättern oder reifem Kopfsalat, lässt sich aber auch mit gefräßigen, grünen Raupen, einer Python oder Natter oder Schwammtüchern und Spülbürsten assoziieren, ist eigentlich unporschös, aber passt dennoch zum Porsche, der ja kein Porsche ist.
Grün ist er nicht nur außen. Im gleichen Grün sind seine Bremszangen. Und mit dem Außengrün korrespondieren Teile der Innenausstattung, die Einlagen der Türverkleidungen, die Beschläge des Armaturenbretts sowie Teile der Kofferraumverkleidung. Und der Rest des Inneren: ebenso verrückt, eine Hirschleder-Mischung aus hellem Sandbeige und leichtem Grün, eine ungesunde Mischung, aber hoch interessant. Jedenfalls mutig. Dieses Auto wird nie zum Leasingrückläufer. Dieses Auto ist das Statement seines Eigentümers, der längst nicht nur Besitzer ist.
Es gibt das Auto in echt, Chassis-Nummer 2 des Ruf SCR, also der erste Produktions-SCR nach dem Prototyp, zugelassen im Oktober 2022, von Sotheby’s bei der Tegernsee-Auktion im Juli 2024 mit 11.000 Kilometern auf der Uhr angeboten. Und für 1,15 Millionen Euro verkauft. Der zweite von insgesamt 70 gebauten, und der erste, der als Gebrauchtwagen öffentlich angeboten wurde.
Spartanisch und zugleich crazy
Genau diesen Ruf SCR, Chassis Nummer Zwei, hat Almost Real nun nachgebildet, mit der bayerischen Berglandschaft, dem Hirschkopf und dem Umriss von Bayern in Textmarkergrün, das auf den Kopfstützen zu finden ist. Und nochmals, in größer, auf der Verkleidung des Benzintanks unter der vorderen Haube. Und ein drittes Mal auf dem Boden des winzigen Kofferräumchens, das die vordere Haube ebenfalls freigibt. Für den (sicherlich bayerischen) Erstbesitzer muss dieser speziell für ihn konfigurierte Wagen eine Mischung aus Drama und Wahnsinn gewesen sein, und die pure Existenz dieses Ruf SCR lässt den Betrachter völlig verblüfft zurück. Warum hat sich der Eigentümer nach so kurzer Zeit von ihm getrennt? Und kauft er sich als Erinnerung nun die Almost-Real-Miniatur?
Mehr als eine Million hat er für seinen Gebraucht-SCR bekommen, da kann er 300 Euro für das Modell locker verschmerzen. Denn was er bekommt, muss einen Fetischisten, wie er es angesichts seines Grünapfel-Ruf ist, erfreuen. Da stimmt alles, denn das ist Almost Real pur. Alleine die Scheinwerfer: hervorragender Job, separate Leuchten, und im Glas ist sogar der „Ruf“-Schriftzug eingraviert und schwarz hervorgehoben. Die Vorderhaube an wunderschönen Scharnieren offenbart im Gegensatz zu anderen Ruf von Almost Real nahezu kein Texturcarbon, denn was formal texturcarbonisiert ist, wird durch die Hirschlederausschlagware kompensiert, und natürlich durch die doppelte bayerische Berglandschaft in Green Apple. Und dann hinten! Klasse Saugmotor, die Ansaugbrücke carbonisiert, dazu ein wenig Farbe, die Auspuffendrohre mit geprägtem „Ruf“-Schriftzug, durchbrochene Fotoätzgrills in Front- und Heckschürze. Die Anmutung der Innenraummaterialien ist täuschend echt, Leder sieht nach Leder aus, riecht aber nicht nach dem Hirschen, das Armaturenbrett samt Uhren und Piktogrammen ist traumhaft. Absolut spitze die Darstellung der Lautsprecher in den Türverkleidungen. Dieser Porsche ist kein Luxusliner, sondern ein Sportwagen, ist innen karg (wenngleich crazy!) und spartanisch. Sehr gut gemacht ist der verlaufend ausgeführte Grünkeil der Windschutzscheibe.
Über Ruf selbst hat Caramini-online schon mehrmals berichtet, jeder Almost-Real-Ruf war uns bisher einen Beitrag wert. Darum in Stich- und Schlagwörtern: Ruf ist als Kraftfahrzeughersteller anerkannt, ist also kein Tuningbetrieb, eröffnet 1939 als Autowerkstatt, der Gründersohn Alois Ruf jr. stieg 1975 ins Porsche-Tuninggeschäft ein, legendär ist der Ruf CTR Yellowbird von 1987, mit 342 km/h Topspeed der damals schnellste Serienwagen der Welt. 2017 Debüt der ersten kompletten Eigenentwicklung, Ruf SCR, CTR und Anniversary, optisch und konstruktiv ähnlich dem Elfer Typ 964, aber doch komplett anders: andere Dimensionen, Karosserie komplett aus Kohlefaser mit Stahl/Alu-Hilfsrahmen, eigens entwickelter 4-Liter-Sechszylinder-Boxermotor mit 510 saugenden Pferden im SCR und 710 PS im Anniversary.
Almost Real macht von jeder Ruf-Farbe 504 Exemplare. Die unrunde Zahl hängt mit der Größe der Verpackung und der Versandart zusammen. 504 Stück passen in einen Container. 504 klingt nach viel, aber der Porsche-Fans sind deren viele weltweit, und ein derart individueller Ruf SCR macht so manchen davon heiß. Hier gilt: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Dieser Ausspruch wurde ewig lange Michail Gorbatschow zugeschrieben und ging in die Geschichtsbücher ein. Dabei hat er ihn nie gesagt. Es war sein Sprecher Gennadi Gerassimow, und der sagte ihn auf russisch. Die prägnante Übersetzung stammt tatsächlich vom dpa-Reporter (und späteren „Welt“-Politikchef) Joachim Schöttes und seinem AP-Kollegen Jürgen Metkemeyer. Beide einigten sich darauf, den russischen Satz pointiert zu übersetzen. So fand er seinen Weg in die Welt. Und er gilt auch in Bezug auf den birkengrünen Almost-Real-Ruf: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Denn dann ist er weg. afs
Steckbrief:
Almost Real 880205 Ruf SCR 2018 birkengrün. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP des Importeurs Minichamps 299,95 Euro.