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News 1:18 Kyosho Ferrari F40 (Pininfarina) 1987

Der Super-Hyper-Mega-Giga-Sportwagen

Der Ferrari schlechthin: der F40. Das Ferrari-F40-Modell schlechthin: der Kyosho. Für viele Sammler ein Muss, der Mittelpunkt einer Sportwagensammlung. Nun kommt er in seiner definitiven Ausführung, auf der seinerzeitigen Highend-Version basierend, in drei Farben neu: klassisches Rot und Schwarz, dazu überraschend in Pfefferminz.

Vor dem Ferrari F40 und dem Porsche 959 gab es Sportwagen, aber keine Supersportwagen. Selbst ein Porsche 930 war ein Sportwagen – sicherlich ein super Sportwagen, aber kein Supersportwagen. Der F40 und der Porsche 959 waren die ersten, die als Supersportwagen bezeichnet wurden. Seither hat sich das Genre vermehrt, und weil die Worte nicht groß genug sein können, muss auch der Supersportwagen gesteigert werden: Megasportwagen, Hypersportwagen, Gigasportwagen. Es ist nicht bekannt, wer das Wort des „Supersportwagens“ prägte, ob es von Seiten der Industrie kam oder ob es ein Journalist erstmals verwendete. Plötzlich war es da, um diese beiden Ausnahmeautomobile zu beschreiben: 1986 der Porsche 959, ein Jahr später der Ferrari F40.

Das Attribut „super“ ist tendenziell nicht falsch. Diese Beiden gingen in jeder Hinsicht, konzeptionell, technisch, auch preislich über die traditionellen Sportwagen hinaus. Das Wort kommt aus dem Lateinischen, ist das erste Glied bei Zusammensetzungen mit der Bedeutung von „über alle Maßen“, und als Adverb bedeutet es „oben“, „darüber“, „obendrauf“. Als konkrete Typbezeichnung, vor allem für die sportlichste Ausführung innerhalb einer Typenreihe, ist „Supersport“ hingegen schön älter. So gab es 1967 einen Chevrolet Camaro Super Sport und Chevrolet nannte schon 1957 ein Corvette-Showcar „Super Sport“. Letztlich ist das Kürzel „SS“ auch als „Super Sport“ zu interpretieren, wenngleich es im historischen Zusammenhang natürlich für anderes steht und deshalb heute nicht mehr verwendet wird. Der Mercedes SS aus den 30er Jahren hieß „Super Sport“, der legendäre SSK demnach „Super Sport Kurz“.

Super Modellauto vom Supersportwagen

So legendär wie der F40 ist das Kyosho-Modell desselben. Und es ist, ebenso wie der F40, auch „uralt“. Der Ferrari zählt 37 Lenze. Der Kyosho ist nicht allzu viel jünger (er kam erstmals Anfang der 90er) und hat in seiner langen Geschichte so einige Wiederauflagen und operative Eingriffe erlebt. So gab es einen „Lightweight“ mit OZ-Felgen, Schiebefenstern, anderem Auspuffendrohr und geänderten Türpappen. Dann erschien 2020 eine deutlich modifizierte „Highend“-Ausführung mit speziellem Flügel, an der beispielsweise der Tankdeckel geöffnet werden konnte. Sodann gab es 2016 sogar einen Resine-F40 von Kyosho in der Samurai-Serie, der aber in Wahrheit ein GT Spirit war, den Kyosho exklusiv verkaufte. Irgendwann verzichtete Kyosho auf das Reserverad unter der Bughaube. Ein fünftes Rad ist bei unterschiedlichen Radgrößen hinten und vorne ja auch eine Art Lotterie. Lange Zeit gab es den Kyosho F40 in Rot, Gelb und Schwarz, den klassischen Farben.

Seine Kritiker werfen dem Modell stets die nicht ganz korrekt wiedergegebene Frontpartie (zu flach, zu „keilig“), manchmal auch den aus ihrer Sicht zu hohen Heckflügel vor, andere monieren die Rückleuchten und deren Abstand nach außen – letzteres zu recht! Das stimmt wirklich. Aber sicherlich spielt bei dieser Mäkelei eine Rolle, dass viele der lautesten Kritiker an der Anschaffung dieses Modells scheiterten und es sich deshalb bewusst schlechtredeten. Die allgemeine Haltung der Ferrari-Community lautet hingegen seit Jahrzehnten uneingeschränkt: Die Kyosho-Interpretation ist – trotz des Rückleuchten-Fehlers – nach wie vor der beste all-open-F40 in 1:18. Und das wird er wohl auch bleiben – es sei denn, CMC entdeckt den F40 für sich. Auch der Verfasser dieser Zeilen meint, dass die Proportionen des Kyosho F40 passen, er ein exzellentes Modell ist, und das Rücklicht-Problem wurde zwischenzeitlich beseitigt. Und überhaupt und außerdem: so ikonisch und populär der Ferrari F40 ist – wer ihn in 1:18 all open will und mit Billigmodellen à la Bburago und Hot Wheels nichts anfangen kann, der hat keine Alternative zu Kyosho.

Im Laufe seines Lebens wurde der Kyosho F40 also immer wieder verbessert, und die nun vorliegende Neuauflage (in Japan seit Mai 2024 am Markt, nunmehr beim Importeur Minichamps angelangt) ist die definitive Evolutionsstufe. Sie basiert auf der 2020 so genannten Highend-Ausführung und ist wirklich all open: die beiden Tankdeckel gehen ebenfalls auf, der Motor- und Innenraum ist aufwendiger gestaltet und mit wertigeren Materialien versehen als bei der alten Standardausführung (massig Carbon-Nachbildung), die Zentralmuttern der Felgen tragen richtige Splinte (das ist klasse!) und Kyosho überarbeitete auch den hinteren Grill, sodass das ewige Genörgel über falsch positionierte Rückleuchten nun nicht mehr angemessen ist. Das Ferrari-Emblem auf der Vorderhaube ist nun erhaben und neu ist eine kleine Bedruckung an der unteren, linken Ecke der Windschutzscheibe. Lieferbar ist das Modell im Standard-Rosso-Corsa („ein F40 muss rot sein“), schwarz und, nun erstmals, in Pfefferminzfarbe. Die entspricht aber nicht tongenau dem Schaltkulissen-Einzelstück in Verde Pallido, dem so genannten Minty Forty, der erst seit 2021 nach einer Restaurierung in dieser Farbe für Furore sorgt. Der Pfefferminz-F40 ist deutlich dunkler als Verde Pallido; entweder wurde ein nachlackierter F40 als Vorbild genommen oder es handelt sich um eine Phantasierfarbe – aber äußerst attraktiv, vor allem als Zweit-F40 in der Vitrine. Der Schwarze mit OZ-Felgen und der Türkisfarbene sind werksseitig noch lieferbar, der Rote ist vergriffen, aber bei Minichamps und somit bei den Fachhändlern ist er erhältlich.

Wie transportiert ein F40 einen Besenstiel?

Das Modell strahlt die komplette Aggressivität und Kampfbereitschaft des Originals aus, seine ebenso professionelle wie provisorische Schönheit, ein Heer aus NACA-Lufteinlässen, wie das in den 80er Jahren alles andere als normal war. Zu öffnen sind der vordere Teil der Karosserie und der hintere Teil der Karosserie. Stehen bleibt dann der mittlere Teil der Karosserie, an dem sich zwei Türen und zwei Tankklappen öffnen lassen. Und in der vorderen Haube wiederum sind zwei Klappscheinwerfer, die auf Knopfdruck in die Welt blicken. Wir zählen also acht bewegliche Karosserieteile, was bei einem zweitürigen Fahrzeug eine ganze Menge ist. Das Modell lenkt und federt. Der äußere Teil ist rot lackiert, der innere Teil ist über und über mit Carbon versehen. Im mittleren Karosserieteil sind zwei orangefarbene Plastikstühle mit Sicherheitsgurten untergebracht, im hinteren ein Motor, im vorderen eine Mulde für das Reserverad ohne dasselbe. Die hintere Haube hält von alleine nicht offen, ihr Gewicht beträgt geschätzt ein Drittel des Modellgewichts. Das halten keine Haubenlifter aus, und Derartiges gibt es auch nicht. Dafür liegt der Styroporbox (mit knallroter Umverpackung!) ein Stab bei, den man einklemmen kann und der die Haube offen hält. Wie mag das beim Original sein? Muss man als F40-Fahrer stets einen Besenstiel zur Hand haben, um die Haube offen zu halten? Und falls ja, wie und wo transportiert man einen Besenstiel im F40? Die Fixierung der vorderen Haube ist einfacher gelöst: Es sind zwei sehr stabile Drähte, bei Geländewagen wird Derartiges gerne als Astabweiser verwendet, die den Drang der Haube nach vorne unten abfängt und dafür sorgen, dass diese nicht auf dem Asphalt respektive Schreitisch aufschlägt. Die Türen öffnen an unsichtbaren Scharnieren und schließen mit sattem Klang.

Wie beim Original, dient die Karosserie (Design: Pietro Camardella unter Aldo Brovarone bei Pininfarina) nur dazu, den Motor zu beherbergen und den Fahrer vor Umwelteinflüssen zu schützen. Der Mittelpunkt dieses Ferrari ist nicht die Pininfarina-Schöpfung, sondern der Dreiliter-V8, hochgezüchtet auf 478 PS, mit vier Ventilen pro Zylinder, vier Nockenwellen, zwei Turboladern, zwei Ladeluftkühlern und einem für Ferrari bis dahin nicht üblichen Maß an Elektronik, zu verantworten von Chefingenieur Nicola Matarazzi („Vater des F40“). Das Heckfenster ist quasi das Tor zur Hölle, das Inferno ist für jeden sichtbar. Erlebbar ist es für jenen, der den Schlund auftut. Der erlebt ein Motorwunder, das zwar von Firmen wie Almost Real zu toppen ist, aber für Kyosho the cream of the crop ist. In diesem „Technikabteil“, das Motor, Getriebe und Fahrwerk beherbergt, kann man sich beim Betrachten in Details verlieren, manche sind bunt, jedes ist ein Einzelteil, und die Summe der Einzelteile ist ein Motorenwunder, das man immer wieder anschauen möchte.

Ein Kyosho genießt es, befummelt zu werden

Genau das kann man getrost machen: Das Auto immer wieder anschauen, in der Hand halten, aus der Vitrine nehmen, betatschen, befingern, befummeln. Das nimmt ein Kyosho nicht übel. Andere schon, er hingegen genießt es scheinbar sogar. Er will betatscht werden! Da geht nichts kaputt, da hüpft kein Kleinteil davon, da verbiegt kein Fotoätzteil, da bricht kein Spiegel. Kyoshos sind stabil, stabil genug, um dem gesitteten Spieltrieb erwachsener Sammler standzuhalten.

Die aktuelle Auflage des Kyosho Ferrari F40 ist gleichsam auch die beste, am weitesten modifiziert, am edelsten ausgestattet auf dem Niveau der früheren Highend-Ausführung. Es ist ein Modell, das viele Sammler als Muss betrachten, der Kyosho-F40 als Mittel-, Anker- und Höhepunkt einer 1:18-Sportwagensammlung. Gebrauchte Kyosho F40 können preiswerter sein als die aktuelle Neuanschaffung, sind aber zumeist auf weniger hohem Fertigungsniveau, weil es sich um alte Standardmodelle handelt. Unsicher ist, wie oft Kyosho den F40 noch auflegen wird. Vielleicht ist dies die letzte Neuauflage, zumindest aber wohl eine der letzten. Wer Neuwagen liebt und Gebrauchtwagen ablehnt (nicht zuletzt aus hygienischen Gründen), sollte somit den Kauf nicht unbedingt in Erwartung künftiger Reeditionen hinauszögern. Der rote Ferrari F40 – da hängt auch ein ganz dickes Stück Nostalgie daran. Denn so manche heute respektable 1:18-Sammlung begann in den 80er Jahren mit – ja, was wohl? Einem roten Bburago F40 natürlich, damals für 39,95 D-Mark gekauft! Der war das Initiationserlebnis…

afs

Kaum ein Sportwagen hat mehr ikonischen Charakter, kaum einer fasziniert mehr. Für die Kinder der 80er Jahre ist es der Sportwagen schlechthin. Er hing als Poster überm Bett. Er war Schulhofgespräch und Jungmännertraum. Heute ist er Altmännertraum. Aber Traum ist er immer noch. Man kann ihn sich erfüllen, von Kyosho in 1:18.
Modellfotos: bat
Carbon im Übermaß, alles carbonisiert. Und das Carbon, völlig glatt aufgetragen, hat genau den richtigen Glanzgrad, nicht zu viel, nicht zu matt, seidig eben. Das Lenkrad allerdings, nun ja, da hat der Kyosho-Formenbauer wohl gerade keine Lust gehabt.
Eine Carbonwanne unter der vorderen Haube, ein bisschen was darinnen, viel darum herum. Aber kein Reserverad. Das hat ohnehin jeder F40-Fahrer aus Gewichtsgründen herausgenommen. Es wäre ja auch zu peinlich, eigenhändig am Straßenrand einen Radwechsel durchzuführen. Es könnte ihn ja jemand sehen, der ihn kennt.
Das Herz, unter Glas und frei zugänglich. Das beeindruckt auch heute noch, obgleich (oder: weil) es eine 90er-Jahre-Konstruktion von Kyosho ist, die immer wieder modifiziert wurde und nun im definitiven Stadium ist. Schade, dass es keine Zahlen gibt. Es wäre interessant zu wissen, aus wie vielen Teilen diese Motor/Getriebe/Fahrwerk-Einheit besteht. Vor allem, wenn man sich vergegenwärtigt, dass so mancher 18er aus insgesamt höchstens 50 Einzelteilen besteht.
Freude für’s Spielkind im Manne: Klappis zu, Klappis auf, Klappis zu… Bei einem Kyosho-Modell kan man das beliebig oft machen. Da geht nichts kaputt.

Steckbrief:

Ferrari F40 (Pininfarina) 1987 rot. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP des Importeurs Minichamps 409,95 Euro.