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News 1:18 Kyosho Porsche 911 1964

Der erste der ersten Elfer

In Champagnergelb stand er 1963 auf der IAA. Damals hieß der Elfer noch „Porsche 901“. Kyosho hat als Neuheit den frühesten aller frühen Porsche 911 herausgebracht. Die Präsentationsfarbe ist natürlich erste Wahl unter den drei lieferbaren Tönen.

Der erste Elfer, Typbezeichnung „911“, ohne alles weitere: kein 911 S, kein 911 R, kein 911 T oder L, nur 911. Das gab es nicht allzu lange, zwischen 1964 und 1967. Denn zum Modelljahr 1968 (A-Serie) hieß das Einstiegsmodell in die Elfer-Baureife nunmehr 911 T (= Touring), und der seitherige Porsche 911 wurde zum 911 L (= Luxus) befördert. Kyosho macht also den allerersten Elfer, der als 901 auf der IAA im September 1963 präsentiert wurde und genau ein Jahr später unter der Bezeichnung 911 in Serienfertigung ging. Der 1:18-Sammler hat bislang zwei ausgesucht gute Ur-Elfer zur Auswahl, beide nicht mehr lieferbar, beide als Gebrauchtwagen ziemlich teuer: Zum einen das CMC-Modell, über dessen Wiederauflage immer mal wieder gemunkelt wird, zum anderen die AUTOart-Interpretation aus deren Diecast-Zeiten, das sicher nicht mehr revitalisiert wird, weil AUTOart generell seine Metallautos nicht erneut auflegt. Insofern ist also das Kyosho-Modell derzeit der einzig verfügbare frühe Ur-Elfer im 1:18-Diecast-all-open-Luxussegment. Andererseits haben die Elfer-Afficionados längst entweder den CMC oder den AUTOart. Und mit beiden (oder: mit jedem von diesen beiden) kann man sehr glücklich sein; es gibt keinen Grund, sie in der Sammlung durch eine Neukonstruktion zu ersetzen. Aber natürlich kann man sie ergänzen, wenn man möchte. Und der Elfer-Allessammler sammelt ohnehin alles in Sachen Elfer. Deshalb heißt er so.

Eine Kyosho-Neukonstruktion ist stets eine gute und schöne und begrüßenswerte Sache – egal, um welchen Fahrzeugtyp es sich handelt. Kyosho hat seine eigene Handschrift – was heute selten ist in unserem Business. Ein Kyosho-Modell ist nicht beliebig. Mit ein wenig 1:18-Erfahrung erkennt man einen Kyosho auf den ersten Blick. Die Erzeugnisse vieler anderer Hersteller sind eher austauschbar, haben keine eigene DNA. Man erkennt sie am eingravierten Markennamen auf der Bodenplatte oder an der spezifischen Verpackung. Aber nicht auf den ersten Blick, wenn sie anonym vor einem stehen.

Stabilität als konstante Kyosho-DNA

Kyosho, wir wiederholen uns, arbeitet old school. Ein heute neu konstruiertes Kyosho-Modell könnte auch von 1990 oder aus dem Jahr 2000 stammen. Kyosho entwickelte sich seitdem nicht (oder zumindest: kaum) weiter. Das ist aber beileibe nicht negativ gemeint. Kyosho kam mit seinem ganz eigenen Stil Anfang der 90er auf den Markt, pflegte ihn, pflegt ihn bis heute, kultiviert ihn geradezu, und die Qualität war schon damals so gut, dass sie heute noch locker bestehen kann. In einzelnen Segmenten des Formenbaus wurde Kyosho längst von der Konkurrenz überholt. An einem Kyosho-Modell sucht man eine Haubenkinematik ebenso vergebens wie filigrane Haubenlifter oder versteckte Scharniere. Kyosho arbeitet „ehrlich“. Da sieht man manchmal Schrauben, da werden Scharniere à la Schmuckkästchen verbaut, da wird nicht an Material gespart, aber eben auch nicht an Stabilität zugunsten der Filigranität. Sonderlich filigran sind Kyosho-Modelle nicht. Dafür kann man sie getrost in die Hand nehmen, sogar dann, wenn man mit Wurstfingern gesegnet und kein Meister der Bewegungskoordination ist. Man macht einen Kyosho nicht kaputt (es sei denn, man lässt ihn fallen – das überlebt er wohl kaum. Aber selbst hierbei wären seine Chancen noch größer als diejenigen von Modellen anderer High-Tech-Hersteller).

Das gilt auch für den aktuellen Früh-Elfer. Er ist formal einwandfrei, Proportionen passen, Dimensionen passen, Shutlines passen, die Verarbeitungsqualität ist hervorragend, die Lackierung ebenso, die Detailrecherche ist über jeden Zweifel erhaben. Mit den Haubenscharnieren muss man leben, das ist, wie gesagt, Kyosho-DNA. Und eine herausnehmbare Filzmatte unter dem vorderen Deckel, wie wir sie von Minichamps und, ganz aktuell, auch von AUTOart kennen, darf der Sammler auch nicht erwarten. Was er aber erwarten darf, sind vernünftig umgesetzte Scheibenwischer. Und da trieb es Kyosho unserer Ansicht nach mit der Stabilität etwas zu dolle. Die Wischer sind grobschlächtig und passen nicht zur Charakteristik des ansonsten fein gemachten Modells. Einem halbwegs erfahrenen Modellbauer sollte es ein Leichtes sein, sie gegen graziler gemachte Austauschteile zu ersetzen. Aber muss es bei einem knapp 300 Euro teuren Modell sein, dass man sich Gedanken über den möglichen Austausch eines nicht zufrieden stellenden Bauteils macht?

Gehen wir zum Angenehmen über, zu den positiven Seiten des Porsche 911: all open, gelenkt und gefedert, alles passgenau, glänzender Chrom, das Haubengitter als Fotoätzteil, der Motor schön detailliert, verkabelt und hinreichend bunt, dazu viele Wartungsaufkleber auf dem inneren Heckblech, der Innenraum fein detailliert, fünf klasse Instrumente mit chromeingefassten, bestens skalierten Ziffernblättern, ein bisschen Holz, auch der Lenkradkranz beholzt, die Sitzflächen der schwarzen Recaro-Stühle mit schwarz-weißem Pepitastoff zeitgemäß bezogen, der Innenraumboden ist nicht hochflorig beflockt, sondern trägt einen filzartigen Überzug, was dem Original durchaus näher kommt als veloursartige Schlingenware. Auch der Kofferraum ist befilzt, nur die Batterie ausgespart, auf dem Abschlussblech das Typenschild aufgedruckt, Dichtungsgummis gibt es keine. Die Türen schließen mit einem satten Klack, die Schriftzüge sind aus Goldchromfolie, das vordere Porsche-Logo nur ein Druck (das hätte man schöner machen können), Motor, hintere Radaufhängung und Auspuff in der Bauchschau gefallen uns sehr gut. Die im Original optionalen Chromradkappen sehen verlockend aus. Sie sind in einem Teil mit den Radkappen gefertigt (die ein geprägtes Porsche-Logo in der Mitte tragen). Das heißt, Kyosho kann diese Räder nur in Chromversion machen, es sei denn, die Felgen würden schabloniert gesilbert.

Der Elfer vor seiner Evolution

Bis 1973 wurde der Ur-Elfer gebaut, dann kam das G-Modell. Aber das heißt nicht, dass sich am Elfer während dieser ersten neun Jahre nichts geändert hätte. Viel hatte sich geändert, und der wahre Ur-Elfer, also der „erste Ur-Elfer“, entspricht den Baujahren 1964 bis 1967. Hinten boxert ein 2-Liter-Sechszylinder mit 130 PS und Trockensumpfschmierung. Der erste 911 hatte serienmäßig eine Webasto-Standheizung und Liegesitze, wesentliche Extras gab es nicht, auch kein Schiebedach. Der Kunde konnte wählen, ob er die Stahlfelgen silbern lackiert oder verchromt haben wollte. Gleich im ersten Produktionsjahr startete die motorsportliche Karriere des Neunelfers und drei Monate nach Produktionsbeginn wurde er schon als GT-Wagen homologiert. Nur Tage später starteten Herbert Linge und Peter Falk mit einem Werkswagen bei der Rallye Monte Carlo 1965, die sie als Fünfter im Gesamtklassement beschlossen. Ein sanftes Tuning brachte den Zweiliter auf 160 PS, und die Monte war der Auftakt zu zahlreichen Rallyeerfolgen.

In den ersten Jahren tat sich evolutionär wenig, Porsche war mit der Entwicklung des Targa beschäftigt (Produktion ab Dezember 1966). Im September 1966 verschwand das hübsche Holzlenkrad zugunsten eines mit Lederkranz, wodurch das Kyosho-Modell sehr einfach auf die Modelljahre 1964 und 1965 eingegrenzt werden kann. 1966 wurde dann auch noch das Armaturenbrett abgeholzt, die Schalttafelblende wurde mit Kunstleder verkleidet und der Heckschriftzug saß fortan horizontal statt schräg. Ab 1967 gab es dann den potenten 911 S mit seinen charakteristischen, geschmiedeten Fuchs-Alufelgen, und (nahezu) jeder Modellautohersteller, der sich dem frühen Elfer widmet(e), zog natürlich das Topmodell vor. Alleine deshalb blieben Ur-Elfer en miniature eher selten – mit einem 911 S oder einem 911 Carrera 2.7 RS trifft man (vermeintlich) eher den Sammlergeschmack als mit einem 130-PS-Uri. Umso schöner, dem CMC und AUTOart nun den Kyosho zur Seite stellen zu können.

In Japan erschien das Modell im September 2024 und ist nun in allen drei Farben beim Importeur Minichamps angekommen. Die Farben sind wohl gewählt und baujahreskonform. Champagnergelb gab es zwischen 1964 und 1969, Signalrot kam schon zu 356er-Zeiten 1954 und blieb bis 1965 auf der Porsche-Farbpalette, Irischgrün erschien gleichzeitig mit dem 911 anno 1964 und war bis 1977 erhältlich.

afs

Der erste der ersten Elfer, das Modelljahr 1964: Das ist die Kyosho-Neuheit, ein old-school-Modell, bis auf die klobigen Scheibenwischer vortrefflich umgesetzt und sehr charmant. Elfer gibt es in Hülle und Fülle, aber frühe Elfer führen ein diskretes Dasein. Vielleicht sind sie zu alt und die relevante Zielgruppe ist zu jung.
Modellfotos: bat
Die fünf Elfer-Armaturen sind legendär und wurden von Kyosho gut wiedergegeben. Holz war im Blickfeld des 911-Fahrers nur kurzzeitig vorhanden, der Lenkradkranz bis 1965, die Schalttafelblende bis 1966.
Der Klassiker im hinteren Motorraum, immerhin zwei Dreifach-Fallstromvergaser von Solex. Der rote Farbklecks ist die Verteilerklappe. Nett sind der Aufkleber auf dem Lüfterradgehäuse und die fünf Hinweiskleber auf dem inneren Abschlussblech.
Filzstoff und aufgedrucktes Typenschild. Das Erkundungspotenzial des vorderen Kofferraumes hält sich in überschaubaren Grenzen.
911er-Schriftzüge kennt man in vielerlei Typographien über all die 61 Jahre hinweg, seitdem uns der Elfer begegnet. Aber diesen geschwungenen und güld’nen Schriftzug bekommt der Car-Spotter nicht alle Tage vors Auge (oder: vor die Smartphone-Kamera). Selten sind sie geworden, die wirklichen Ur-Elfer, also die Fahrzeuge der ersten Stunde aus der Mitte der 60er Jahre!

Steckbrief:

Kyosho KYO8969Y0 Porsche 911 1964 gelb. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP des Importeurs Minichamps 292,95 Euro.