La Linea mit Turnschuhen
Aller guter Dinge sind drei: Nach Laudoracing und Ottomobile bringt nun auch MCG den Alfa 75 Evoluzione – in Zinkdruckguss anstelle von Resine, also für eine andere Käuferschicht gedacht, für die Verfechter des „Metallautos“. MCG ist zu bescheinigen, die Form ebenso gut getroffen zu haben wie die Reine-Vorläufer.
Schönheit liegt im Auge des Betrachters, so sagt das Sprichwort und meint damit, dass es keine objektive Schönheit gibt, sondern nur eine individuelle, subjektive Einschätzung von optischer Gefälligkeit und Sympathie. Sei es das Erscheinungsbild uns begegnender Menschen, seien es Ausformungen von Natur, Kunst und Architektur oder das Design aller möglicher Gegenstände, zu denen natürlich auch, wenn nicht vor allem, die Form unserer geliebten Autos gehört, der wir seit ihrem Auftreten in unserer Welt eine große Bedeutung beimessen – alles unterliegt der ästhetischen Bewertung.
Dabei gilt die Fähigkeit der Italiener, wunderschön gestaltete Autos zu entwerfen, als legendär. Sie haben diese lange an der Herstellung von Pferdekutschen für den oberitalienischen Adel erprobt und seit dem Beginn der Automobilgeschichte mit dem Transfer dieses Knowhows auf das neue Objekt der Begierde geschärft. Ihrer Phantasie wurden dabei zum Glück niemals Grenzen gesetzt.
Wohin das geführt hätte, zeigt das Schicksal der venezianischen Gondelbauer, deren überbordendem Konkurrenzkampf um die schönste Gondel einst mit der weitreichenden Verordnung der Einheitsgondel bedauernswerter Einhalt geboten wurde. Die Kutschbauer wurden also zu Carrozzieri, Karosseriebauern, die zunächst im Einzelauftrag von den Fahrzeugherstellern angelieferte Fahrgestelle mit ihren schönen Aufbauten versahen. Mit zunehmender Stückzahl entstanden Serien und die Branche wurde zur Industrie. Das geschah weltweit. Das gestalterische Renommee der Italiener blieb jedoch erhalten und auch heute gewinnen interessanterweise die Serienfahrzeuge von Alfa Romeo noch immer regelmäßig die von den Autozeitschriften veranstalteten Ausschreibungen für das beste Design der Autoneuheiten – und das, obwohl dieselbe Klientel beim Händler oft den Produkten der anderen Hersteller den Vorzug gibt.
In der Vielfalt liegt die Würze
In der langen Geschichte von Alfa Romeo gab es immer wieder Autos von berückender Schönheit, aber genauso oft tauchten Designs auf, die zwar nie banal, aber häufig eher gewöhnungsbedürftig, um nicht zu sagen skurril waren. Das waren oft genug keine Studien, sondern ernst gemeinte Serienfahrzeuge. Eines davon war der Alfa 75 und das hatte seine Gründe. Mitte der 80er Jahre hatte Alfa Romeo finanzielle Probleme und die Übernahme durch den Erzfeind Fiat dräute am Horizont. Der geniale Alfasud erwies sich aufgrund von Qualitätsmängeln und politischer Querelen als Geldgrab und die auf der ebenso genialen, aber alternden Alfetta basierenden Modelle Giulietta und 90 waren auch nicht mehr das, was man heute eine Cashcow nennt. Der Nachfolger des Alfasud erhielt den berühmten Namen 33 und trug ein auffälliges Design namens La Linea, das nicht unumstritten war, aber nicht verhinderte, dass der 33 der zahlenmäßig größte Erfolg der Alfa-Historie werden sollte. Ihm folgte 1985 schließlich der 75. Der feierte mit seinem Namen das 75jährige Bestehen von Alfa Romeo und war aus Kostengründen wiederum eine stark facegeliftete Giulietta, also auch nur eine weitere Variante der Alfetta und des Alfa 90.
Um das zu verschleiern und um der neuen Generation ein eigenes Gesicht zu vermitteln, gaben die Hausdesigner unter Beibehaltung der Giulietta-Türen und -Frontscheibe dem 75 ebenfalls La Linea mit auf den Weg. Das war preiswert, geschickt, aber nicht klassisch hübsch. Aber wie so oft geraten die vordergründig Hübschen häufig verfrüht in Vergessenheit und die Formen, an denen wir uns reiben, werden zu Klassikern. So war es auch hier, und heute ist der 75er unbestritten ein echter Alfa und wird von Hardcore-lfisti gern als der letzte echte Alfa gefeiert. Das ist natürlich Unsinn, denn gerade macht sich der bei seiner Präsentation viel geschmähte neue Alfa Romeo Junior auf denselben Weg und holte sich schon seine ersten Designpreise ab.
Zum „richtigen Alfa“ gehört der Rennsport
Alfa ging seinerzeit unbeirrt seinen Weg und präsentierte 1987 den 75 1.8i Turbo Evoluzione als Basis für den Einsatz des 75ers im Rennsport. Dazu erhielt die Karosserie große, angesetzte Kotflügelverbreiterungen, einen massiven Frontspoiler und zwischen den Rädern so genannte Minigonne, italienisch für Minirock, aerodynamische Schwellerverkleidungen, die das Auto in der Summe mit den anderen Maßnahmen viel massiver wirken ließen, zumal die 15 Zoll Alufelgen vergeblich versuchten, die Radhäuser zu füllen. Den Wagen gab es nur in rot und er beherbergte in seinem Motorraum einen knapp 1,8 Liter großen Vierzylinder, der zusammen mit seinem Turbolader rechnerisch in die angestrebte 3-Liter-Klasse passte. 155 PS leistete der Evoluzione für die Straße und brachte es im Renntrimm immerhin auf annähernd deren 280. Fünfhundert Stück verließen das Werk und auch diese Version wird heute verehrt.
Alle guten Dinge sind drei
Was braucht es mehr an Beweisen für die Bedeutung dieses eigenwilligen Alfa als jenen, dass mit MCG nunmehr bereits der dritte Modellautohersteller seine Version des Klassikers in 1:18 auf den Markt bringt, nach Ottomobile und Laudoracing? Während die beiden Vorläufer aus Resine gefertigt wurden, besteht der ebenfalls sealed ausgeführte MCG aus Zinkdruckguss. Filigran und sauber gefertigt fehlt es dem Modell an nichts und auch das umlaufende schwarze La-Linea-Motiv ist plastisch richtig dimensioniert und äußerst sauber koloriert. So soll es sein. Die sehr schmalen Schlitze des Kühlergrills stehen dem in nichts nach. Der Innenraum ist korrekt koloriert und das Chassis, bei dem die einteilige Bodenplatte mit vielen Technikdetails gut detailliert ist, informiert den interessierten Betrachter über die eigenwillige De-Dion-Hinterachse und das ungewöhnlich hinten liegende Getriebe. Fehlt also nichts? Doch, eines fehlt und das ist der wie aus dem Zubehörhandel wirkende seitliche Plexiglaswindabweiser an den Vordertüren, aber den vermissen wir nicht wirklich. Nun gibt es also einen guten Evoluzione zu einem attraktiven Preis, der vor allem auch die Liebhaber von Metallmodellen ohne Abstriche glücklich macht.
mh

Modellfotos: bat



Steckbrief:
MCG 18428 Alfa Romeo 1.8i Turbo Evoluzione 1987 rot mit roten Rädern, 18429 schwarz mit silbernen Alfa-Romeo-Alu-Lochfelgen, 16430 weiß mit rotem Dekor und Alfa-Alus. Fertigmodelle Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP je 64,95 €.