Silberkeil mit Klappis
Aus dem einen Ende der Republik kamen die Scorpions, aus dem anderen der BMW M1. Deren Heavy Metal („Lovedrive“, „Animal Magnetism“) und Auspuffklang („Roaarhhh!“) waren die angesagten Sounds um 1979/80. Die Scorpions stehen im Plattenschrank, der Norev M1 in der Vitrine. Nun auch in Silber.
Jeder kannte ihn Ende der 70er und Anfang der 80er. Jeder träumte davon. Aber zu Gesicht bekam kaum ein Fan den BMW M1. Wer in München wohnte, sah vielleicht den ein oder anderen auf der Straße. Aber sonst nicht. Oder kaum. Wer den M1 live sehen oder röhren hören wollte, musste sich zur Rennstrecke bemühen, ein Tagesticket kaufen. Im Rahmenprogramm der Formel 1 lief 1979/80 die Procar-Serie. Dort traten die trainingsschnellsten Formel-1-Fahrer in heißen Werks-M1 gegeneinander und gegen Privatfahrer an. Das war manchmal spannender als der Formel-1-Lauf selbst.
Der M1 baute auf der Stylingstudie BMW Turbo von 1972 auf, geschaffen von Paul Bracq, und hatte ein Design aus der Feder Giorgetto Giugiaros. Die Entwicklung erfolgte in München, aber auch in Sant’Agata Bolognese bei Lamborghini. Das war ein totaler Rohrkrepierer, was nur durch die Verhältnisse bei Lamborghini dazumal erklärbar ist. Ferruccio Lamborghinis Sohn Antonio zeigte nämlich keinerlei Interesse an des Vaters Automobilbusiness. Deshalb veräußerte Ferruccio Lamborghini 51 Prozent seines Unternehmens 1972 an den Schweizer Geschäftsmann Georges-Henri Rossetti. Dessen Landsmann René Leimer erwarb 1973 den Rest. Ferruccio Lamborghini leitete die Automobili Ferruccio Lamborghini noch ein Jahr weiter, dann zog er sich zurück und bewirtschaftete ein Weingut in Umbrien. Lamborghini ging es damals finanziell schlecht, und die beiden Schweizer bekamen Kredite von der italienischen Regierung für das avisierte Geschäft mit BMW, den M1 zu bauen. Sie zweckentfremdeten aber die Kredite und forcierten den Geländewagen Cheetah (von dem sie sich ein Geschäft mit der US-Army erhofften und aus dem später der Lambo LM 001 werden sollte) und versiebten dadurch den Deal mit BMW. 1978 war Lamborghini illiquide.
Also musste BMW die Entwicklung wieder völlig in die eigene Hand nehmen (und gründete dafür die BMW Motorsport GmbH), und letztlich wurde die Karosserie des M1 nicht bei Lamborghini gebaut, sondern war ein echter Bausatz: Aus Italien kamen von unterschiedlichen Firmen der Gitterrohrrahmen und die Karosserie, zusammengefügt wurde das bei Giugiaros Firma Italdesign, dann nach Stuttgart zur Karosseriefirma Baur spediert und dort komplettiert – 453 Mal zwischen Herbst 1978 und Ende 1981, darunter 54 Procars und 399 Streetcars (und dann gab es noch drei Nachbauten durch die Firma AHG Gartemann in Bielefeld). BMW selbst hatte also mit der M1-Produktion direkt nichts zu tun. Angetrieben wurde der M1 von einem als Mittelmotor eingebauten 3,5-Liter-Reihen-Sechser mit Vierventiltechnik und Turboaufladung, 277 PS stark. Dieser Motor trieb später auch den M 635 CSi und den ersten M5 an. Zeitweise übertrafen die M1-Fahrleistungen diejenigen des Porsche 911 Turbo.
Das Norev-Modell ist nicht neu, neu ist seine Farbe, und das Modell ist bekannt gut – wohl der beste M1 in 1:18. Die Form ist absolut getroffen und das Modell kann alles, was von ihm erwartet wird: Es offenbart sein Inneres, Türen und beide Hauben sind zu öffnen, ein Teppichboden ist verlegt (vulgo: der Boden ist beflockt), die Klappscheinwerfer funktionieren, der M1 lenkt und federt sogar. Es gab vier Serienfarben (rot, orange, weiß und dunkelblau), die Norev bereits verwirklichte. Dann gab es noch drei Sonderfarben (Schwarz, Grau und Silber), die Norev noch Potenzial für weitere Varianten bieten. Grau gab es schon, Silber ist nun neu, bleibt noch Schwarz übrig. Alles am Norev M1 ist schön gemacht, der Innenraum ist vorbildlich zweifarbig schwarz mit grauen Sitzflächen und Inletts in den Türinnenverkleidungen, auch das Kofferräumchen hinten ist beflockt, schöne Leuchten hinten und vorne, das Aufklappen der Schlafaugen geschieht mit einem Hebel am Boden, also ohne Gefummel mit den Fingernägeln, die flächig gestalteten Felgen sind eine Schau und über die Detaillierung des Chassis’ hüllen wir großzügig die Aura des Schweigens. Es gibt Sammler, die vom Norev M1 alle Farben haben, und deren Entscheidung ist sicherlich eine richtige.
afs







Foto: Michael Borgeest
Steckbrief:
Norev 183226 BMW M1 E26 1980 silber. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP 89,90 Euro.