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News 1:18 Norev Mercedes W202/S202 1993/1997

Die Einschläge rücken näher

Rost war bei der C-Klasse W202 ein Riesenproblem. Rost ist bei einem Norev-Modell gar keines. Norev bringt die Mercedes C-Klasse W202 als Limousine in Vor-Mopf-Version sowie nach dem Facelift inklusive eines AMG C36 sowie das T-Modell in der gemopften Variante. Zunächst werden Mercedes selbst und Modelissimo exklusiv beliefert. Die Fachhandelsversionen starten Anfang 2025.

Die Einschläge rücken näher. Die Klassiker werden jünger. Der Rezensent wird älter. Das ist eine Wechselwirkung. Was für den Älteren ein Gebrauchtwagen ist, dessen Aufstieg und Fall er mit der kontemplativen Distanz des Autofans miterlebt hat, ist für den anderen ein Kultmobil, auf dessen Rücksitzbank sich seine Kindheitserlebnisse fokussieren: Wer heute 35 oder 40 ist, hat die Mercedes C-Klasse W202 als Junge (oder Mädchen oder beides, mal so, mal anders) erlebt – genau in jener Zeit, wenn die Jungs (oder…) sich für Autos interessieren, Auto Motor Sport lesen, jede Ausstattungsvariante und jede Farbbezeichnung kennen, die technischen Daten herunterbeten können. Das prägt, das brennt sich ein, das verklärt. Und wenn dann noch der Vater einen W202 hatte oder sich einen wünschte… Und wenn dann noch der Junge, zum jungen Manne geworden, sich seinen Traum erfüllte und einen Gebrauchten erwirbt – dann hat das schon eine andere Qualität, als wenn der ältere Betrachter, für den weit ältere Benze Klassiker sind, mitansieht, wie die Dinger in zweiter oder dritter Hand aufgemotzt und angerotzt wurden, wie sie gar fürchterlich rosteten und das Daimler-Image gefährdeten.

Es gibt also mehrere Zugangsweisen zum Thema Mercedes W202. Noch vor wenigen Jahren antwortete die Daimler-Merchandising-Abteilung auf die Frage des Verfassers dieser Zeilen, ob denn auch der W202, also die zweite C-Klasse, und der W210, also die erste E-Klasse mit dem Vieraugengesicht, je als Norev-Modell in der bekannten Norev-Mercedes-Klassiklinie erscheinen würde, antwortete: „Sehr wahrscheinlich nicht, wir haben danach keinerlei Nachfrage seitens unserer Kunden.“ Und jetzt ist der W202 da. Wie lange wird es dauern, bis der W210 kommt?

Normalerweise erscheinen die Mercedes-Klassiker gleichzeitig im Daimler-Benz-Accessoireshop und als Fachhandelsmodelle. Denn es handelt sich nicht um Industriemodelle im klassischen Sinne, bei denen die Industrie eine Vorlaufzeit hat. Vielmehr entstehen sie in enger Kooperation zwischen Norev und Daimler-Benz, der Konzern beteiligt sich nicht an den Werkzeugkosten, garantiert aber eine gewisse Abnahme an Modellen in exklusiver Farbe/Ausstattung. Das ist diesmal anders. Der W202 erscheint zuerst exklusiv bei Daimler-Benz und bei Modelissimo (beide sind bereits damit beliefert, die Modelle sind dort im Angebot), und erst mit halbjährigem Abstand werden sie Anfang 2025 als Fachhandelsmodelle erscheinen.

Smarte Konstruktion mit vielen Varianten

Norev hat das Modell wieder „smart“ konstruiert. Diesen (bemühten) Begriff bemühen wir, um zum Ausdruck zu bringen, dass die Modellkonstruktion erlaubt, mehrere Versionen zu bringen und nicht nur Felgen zu variieren. Norev bringt die Urversion und die gemopfte Version, Norev changiert zwischen den Ausstattungslinien und realisiert sogar einen 1993er AMG-W202 (auf Basis des C 280 Sport), und natürlich gibt es die C-Klasse als W202, mithin als Limousine, und als S202, was das T-Modell bezeichnet. Norev hat die Auswahl zwischen vier Felgentypen (10-, 8-, 6-Loch plus AMG-Felge) und zweierlei Sitzen, es gibt drei Lenkräder, zwei Sätze Türverkleidungen, zwei Sätze Stoßfänger und Schweller sowie zwei Kofferraumdeckel. Interessant: Die Limousine kommt als 1993er und 1997er Modell, das T-Modell nur in der 1997er Faceliftversion – was aber insofern kein Wunder ist, als das T-Modell vor dem Facelift nur ein 15monatiges Leben hatte.

Laut Produktmanager Sascha Voss wird es binnen des kommenden halben Jahres folgende Versionen geben: Modelissimo erhält die 1993er Limousine in Almandinrot, die 1997er in Onyxgrau und den C36 AMG in Silber (bereits ausgeliefert); im Juli folgt das gemopfte T-Modell in Obsidianschwarz und in Aquamarinblau. Bei Mercedes ist erhältlich: 1997er Limousine in Aquamarinblau und ’93er C36 AMG in Almandinrot; folgen werden im Juli die frühe Limousine in Polarweiß und das späte T-Modell in Silber. Die Farben der Norev-Fachhandelsmodelle, avisiert für Jahresanfang 2025, stehen ebenfalls fest: 1993er Limousine in malachitgrün und 1997er T-Modell in Rauchsilber.

Für den arrivierten Bürger: Der W202 Elegance in der 1997er Version, ein Modell für Daimler-Benz. C-Klasse fuhr, wer von der E-Klasse träumte, aber für den die E-Klasse zu weit entfernt war. Und C-Klasse fuhr, wer partout keinen Dreier-BMW fahren wollte. Seines Imitsches wegen…
Modellfotos: bat
Helles Interieur, Wurzelholz, klassisches Lenkrad, bequeme Möbel: Die Elegance-Version. Für nicht-Mercedes-Fahrer: Ein Mercedes mit Schaltgetriebe hat vier Pedale. Drei sind so, wie sie jeder kennt, Und das vierte, ganz links, ist die Feststellbremse. Deshalb heißt sie in Stuttgart auch nicht „Handbremse“, weil sie mit dem Fuß betätigt wird (gelöst wird sie allerdings von Hand, mit einem Hebel links unter dem Armaturenbrett).
Modelissimo entschied sich ebenfalls für den gemopften W202, aber nicht Bürgers Liebling. Die Ausstattungsvariante Esprit basiert auf der Basisversion, ist aber jugendlich aufgepeppt, was an den farbigen Sitzflächen und Innenverkleidungen gut erkennbar ist. Damit wollte Daimler-Benz tatsächlich die Dreier-Klientel abschöpfen, den jugendlichen oder jung gebliebenen Facharbeiter mit ordentlichem Gehalt.

Burkholderia cepacia ist schuld am Rost

Von der „zweiten C-Klasse“ zu sprechen, ist insofern falsch, als der erste Baby-Benz, der W201 von 1982, noch nicht C-Klasse hieß. Wir tun es dennoch, es vereinfacht die Sache und bringt Klarheit. Aber eigentlich sind solche Petitessen unnötig und unwichtig, da es eindeutige Typbezeichnungen gibt: Wer vom W201 redet, muss nicht „Baby-Benz“ sagen (was eigentlich eine unangemessene Bezeichnung für einen Zwei-Liter-Mittelklassewagen ist), und wer W202 sagt, muss sich nicht überlegen, ob das nun die erste oder die zweite C-Klasse ist.

Die Limousine erschien im Mai 1993, das T-Modell mit einiger Verzögerung im März 1996, vier Ausstattungsvarianten Classic, Esprit, Elegance und Sport, Design Bruno Sacco. Die kleine Modellpflege für das Jahr 1996 brachte optisch außer grau-roten Heck- und weißen Blinkleuchten kaum Veränderungen, weitreichender war das große Facelift im Juni 1997: Stoßfänger und Schwellen anders, neuer Kühlergrill und Kofferraumdeckel mit Sicke unter dem Kennzeichen, lackierte Stoßleisten, getönte Rücklichter, neue Türverkleidungen waren die hauptsächlichen optischen Veränderungen. Der sechszylindrige C36 AMG überlebte das Facelift nicht, ersetzt durch den C43 AMG mit V8-Motor.

Daimler-Benz hatte für den W202 einen großen Konstruktionsaufwand betrieben und ein gutes Auto geschaffen, was sich in seinem Stückzahlerfolg widerspiegelt, 1.847.382 Stück, darunter 221.247 T-Modelle, diese ausschließlich im ehemaligen Borgward-Werk in Bremen-Sebaldsbrück hergestellt. Die Crux des W202 war, dass Daimler-Benz von Anfang an eine neue Lackiermethode anwandte, Lacke auf Wasserbasis, und die Tauchbäder waren bakteriell verunreinigt (für die ganz Genauen und die Biologen: die Bakterien heißen Burkholderia cepacia, ein Problemkeim, kommt meist im Meer, im Grundwasser und im Erdboden vor). Das Blöde war, und darauf musste man erst mal kommen, dass die Verunreinigung erst ab der dritten Woche nach Neubefüllung der Anlage mit Lack auftrat. Deswegen existieren wenige W202, die keinerlei übernormalen Rostbefall aufweisen. Es war ein Glücksfall, einen solchen Wagen bekommen zu haben.

Die Tatsache, dass ein Mercedes überhaupt rostete, sowie der Umgang von Daimler-Benz mit diesem Problem war nicht gerade imagefördernd für die Marke selbst und auch nicht für die beiden betroffenen Modellreihen W202 und W210. Nur bis zu acht Jahre alte Fahrzeuge erfuhren Kulanz, aber auch nur bei scheckheftgepflegten Exemplaren. Dazu rang sich Daimler-Benz erst durch, nachdem die Medien massiv Druck gemacht hatten. Daimler-Benz versuchte sich zu winden, damit die eigentlich geltende 30jährige Durchrostungsgarantie nicht griff – die so genannte mobilo-life-Garantie, seit 1998 gültig, aber nur bei Scheckheftpflege in der Vertragswerkstatt.

Genau so ist der W202 in Erinnerung geblieben: ein zwar gepflegtes, aber trotzdem rostiges Auto. Dieses T-Modell ist sogar ein Sondermodell, ein Esprit Selection, angeboten zwischen Juni 1999 und März 2000, gab es nur als T-Modell, mit Klimaanlage und breiten 205/44 R 16-Reifen auf „Merak“-Alus. Aufnahme des 14jährigen Wagens im August 2014 in Bad Urach. Ein 14 Jahre alter Mercedes sollte nicht dermaßen rostig sein…
Foto: afs

Mit den Felgen kann Norev munter spielen

Rostprobleme gibt es bei Norev-Modellen nicht. Zinkdruckguss rostet prinzipiell nie, kann seine Eigentümer aber mit anderen Unzulänglichkeiten ärgern. Norev macht auch keine „used cars“ mit Beulen, Kratzern, Rostschäden und verwohnten Innenräumen (was eigentlich mal ganz reizvoll wäre), sondern bildet Neuwagen nach. Von den neun bereits ausgelieferten oder in Auslieferung begriffenen W202 und S202 liegen uns vier vor, zwei Mercedes-Versionen (frühe Elegance-Limousine in Aquamarinblau sowie spätes Esprit-T-Modell in Rauchsilber) und zwei Modelissimo-Versionen (1993er C36 AMG in der serienmäßigen Ausstattungslinie Sport in Silber und späte Esprit-Limousine in Onyxgrau). Damit decken wir also die komplette Bandbreite ab und haben drei der möglichen vier Felgenvarianten (fehlt noch die 10-Loch-Felge mit dem Spitznamen „Gullideckel“). Bei den Felgen kann Norev munter variieren, denn innerhalb der einzelnen Ausstattungslinien waren nahezu alle Felgen optional lieferbar.

Dass die Modelle formal hervorragend gelungen sind, bedarf kaum einer Erwähnung, ist bei Norev-Mercedessen selbstverständlich. Da die Rohkarosserie identisch ist, tragen alle ein Schiebedach. Am Chassis fällt die schwarze Auspuffanlage (außer beim C 36, dort silbern) auf. Schürzen und Schweller sind bei Urmodell-/Mopf-Version tatsächlich unterschiedlich, auch der Kofferraumdeckel je nach Version mit/ohne Sicke, unterschiedliche Färbung der Rückleuchten, je nach Baujahr werden verschiedene Türinnenverkleidungen verbaut. Die vorderen Blinkergläser sind bei allen Modellen weiß. Der Innenraum trägt Teppichboden, der Kofferraum ist sowohl bei der Limousine als auch beim T-Modell unbeflockt. Die Modelle für Mercedes tragen den Heckschriftzug C 200 und unter der Haube den Vierzylinder. Der Onyxgraue für Modelissimo gibt sich von außen anonym und outet sich nach Öffnen der Haube als Diesel, im C36 sitzt natürlich der 3,6-Liter-Reihensechszylinder mit 24 Ventilen und 280 PS. Die Charakteristika der neuen Familie W202 entspricht den bisherigen Norev-Mercedessen, an denen es nichts auszusetzen gibt außer den wie immer etwas herben Haubenscharnieren und der Zweidimensionalität der Motoren, die unseres Erachtens beim W202 stärker ausgeprägt ist als bei anderen Norev-Mercedes-Modellen. Außerdem ist etwas wenig Farbe im Motorraum, ein rotes Pünktchen für den Griff des Ölmessstabes wäre nett. Immerhin ist das Schlossplattenblech mit einem Typenschild dekoriert. Schön wie immer sind das Warndreieck an der geschwärzten Kofferraumhaubeninnenseite (was für ein Wort!) und die Abschlussleiste des Kofferraums, besonders beim T-Modell mit Warnhinweisen. Warum die Kofferräume nicht beflockt wurden, können wir uns nur mit Kostengründen erklären – zumindest im Elegance liegt Teppichboden im Gepäckabteil aus.

Die AMG-Version. Den AMG-Felgen gab Daimler-Benz den schönen Namen „Merak“. So hieß auch mal ein italienisches Mittelmotorauto aus Modena. Die AMG-Version ist ein Vertreter der „Vor-Mopf-Generation“, also ein 1993er Autro mit Kofferraumdeckel ohne Sicke.
 
Die Motoren hinken bei Norev stets der übrigen Detailliebe hinterher, was aber kein makel ist, sondern Teil der Firmenphilosophie. Natürlich könnte Norev anders. Aber dann wären Norev-Modelle eben merklich teurer. Beim W202 fällt die Zweidimensionalität des „Herzen“ im Auto unserer Meinung nach besonders auf.
Dafür ist der Blick auf den Kofferraumabschluss wieder typisch Norev: Schöne Leiste mit Schlossplatte, die in der Klappe sogar ihren Gegenpart findet, und obendrein bedruckt ist. Für eine Beflockung hat es aber nicht gereicht. Wir geben zu, nicht jeder Mercedes-Ausstattungsvariante des W202 im Detail zu kennen. Aber zumindest der Kofferraum des Elegance ist mit Teppichboden ausgelegt. Bei Norev liegt in keinem W202-Gepäckabteil Auslegware.

Der silberne Esprit fetzt so richtig

Einen speziellen Blick wert sind die Innenräume. Nicht, weil sie anders oder besser oder schlechter wären als bei anderen Norev-Benzen. Sie sind so gut wie erwartet und so gut wie immer. Aber sie sind eben bei den sportlichen Versionen besonders farbig, und das knallt! Der AMG ist ja noch halbwegs diskret, schwarzes Interieur mit Sitzflächen inklusive Kopfstützen und Innenverkleidungen im hell/dunklen Graukaromuster mit roten Einlagen. Aber im silbernen T-Modell und der dunkelgrauen Limousine, welche die jugendliche Ausstattung Esprit wiedergeben, fetzt es so richtig: Auch hier ist die Grundfarbe schwarz, aber die Sitzflächen sind knallrot, ebenso wie die Innenverkleidungen. Die blaue Limousine, ein seriöser Bürger im Elegance-Livrée, trägt keine Sportsitze, sondern das Gestühl des arrivierten Herrn in entsprechenden Farben, angereichert durch Wurzelholz.

Mit dem W202 begibt sich die Mercedes-Klassiker-Linie in die jüngere Vergangenheit, wo die Begriffe des Gebrauchtwagens und des Youngtimers verschwimmen, old ist der Timer noch lange nicht. Aber Norev deckt damit jene Mercedes-Generation ab, welche die jüngeren Sammler als historisch erachten – und die älteren akzeptieren den W202, weil er in eine Reihe gehört, weil er ein Mercedes ist, und weil ohnehin jeder Mercedes ab einem gewissen Alter interessant wird. Mit Sicherheit verkauft sich ein W202 besser als sich ein Ponton-Mercedes heute verkaufen würde. Wenngleich sich die Mercedes-Klassiker-Liebhaber von Norev eher einen Ponton als eine C-Klasse W202 wünschen würden. Da stellt sich schlichtweg die Frage: Welche Kohorte ist kaufkräftiger und somit wichtiger, die 30 bis 40jährigen oder die 60- bis 70jährigen? Norev und Mercedes haben diese Frage eindeutig beantwortet.

afs

Das T-Modell macht Norev ausschließlich in der „gemopften“ Version nach 1997, für Daimler-Benz in der jugendlichen Esprit-Version mit Farbe im Innenraum und ein wenig tiefer gelegt. Die Tieferlegung setzt Norev nicht in 1:18 um.
Da kommt Farbe ins Spiel: Die Esprit-Ausstattung, innen komplett schwarz bis auf die Sitzflächen und die Einlagen in den Türinnenverkleidungen. Der Esprit kostete gegenüber dem Classic keinen Aufpreis. Und nur den Esprit gab es in der Sonderfarbe Lichtgelb.

Steckbrief Modelissimo-Modelle:

Norev 183371 Mercedes W202 Esprit 1997 Onyxgraumetallic (Auflage 1250 Exemplare) und 183380 Mercedes C36 AMG 1993 silber (Auflage 1000 Exemplare). UVP je 99,95 Euro.

Steckbrief-Mercedes-Accessoire-Modelle:

Norev B6 604 0704 (Mercedes-Bestellnummer) Mercedes C200 W202 Elegance Aquamarinblaumetallic (unlimitiert) und B6 604 0705 Mercedes C200 T-Modell S202 Esprit Brillantsilber 1997 (Auflage 1000 Exemplare). UVP je 110 Euro.