1/18

News 1:18 Norev Peugeot 402 Éclipse 1937

Von Schnecken, Schildkröten und einem Taschenspielertrick

Ein uraltes Prinzip, das schon mehrmals wiederauferstanden ist und sich dennoch nie richtig durchgesetzt hat: das Coupé-Cabriolet. Peugeot hat es als Erster in Serie gebaut und Norev erinnert daran mit einem Achtzehner, dessen Dach in akrobatischer Nummer im Kofferraum verschwindet.

Das Stahldach ist aus Plastik. Was widersprüchlich klingt, ist dem Modellbau geschuldet. Das Modell besteht zwar komplett aus Zinkdruckguss, alles kann geöffnet werden, lenk- und rollbar. Aber sein Dach ist aus Kunststoff, denn es ist ein Athlet, muss so einiges können und darf darum nicht zu viel wiegen: Die riesige Kofferraumhaube klappt nach hinten auf, ist also über der Heckstoßstange angeschlagen. Darunter versteckt sich, wie eine zweite Haut, das einteilige Dach, das an einer von Norev minutiös nachgebildeten Gestänge- und Scharnierphalanx wie bei einem Taschenspielertrick nach vorne oben schwebt und am Windschutzscheibenrahmen einrastet. Unterhalb des Daches ist sogar noch Platz für einen Kofferraum, von Norev gefüllt mit einem Reserverad und zwei herausnehmbaren, hübsch umgesetzten Reisekoffern.

So funktionierte früher das Coupé-Cabriolet, mit einteiligem Dach. Erfunden und konstruiert hatte es der tüftelnde Pariser Zahnarzt Georges Paulin, als Erster in Serie gebaut wurde das Prinzip von Peugeot. Der Gedanke, der dahinter steckt, ist klar: das ganzjahrestaugliche Cabriolet, das wesentlich mehr als einen kompromissbehafteten Wetterschutz durch ein windiges Stoffverdeck bietet. Sein Nachteil: Das Dach ist groß und schwer und muss immer mitgeführt werden. Schnecken und Schildkröten können ein Lied davon singen. Und beide sind nicht gerade als Ausbund an Schnelligkeit und Agilität bekannt – Attribute, die Autohersteller ihren Produkten gerne und schon immer zuschreiben.

Eine Mode von gestern

Das Prinzip bewährte sich nicht. In den 50er Jahren griff Ford in den USA die Idee erneut auf, nach wie vor mit einem riesigen, einteiligen Dach, das unter einer Heckhaube verschwand (Ford Fairlane 500 Skyliner 1957). Auch Karosseriebauer wie Rainer Buchmann in Frankfurt tüftelten an der Idee. Er setzte beim Mercedes C 126, den er in ein Cabriolet verwandelte, auf eine Konstruktion, bei der das komplette Dach auf der Kofferraumhaube abgelegt wurde. Auch nicht das Gelbe vom Ei! Dann kam in der zweiten Hälfte der 90er eine neue Manie der Coupé-Cabrios, nunmehr mit mehrteiligen Dächern, die sich elektrisch zusammenfalten ließen. Im Prinzip nicht schlecht. Aber damit die zusammengefaltete Dachkonstruktion im Heck Platz hatte, waren diese Autos oftmals so plump gestylt, hatten einen so fetten Hintern, dass es alles andere als schön war, dem sportlichen Charakter komplett widersprach und obendrein sind die Elektrokonstruktionen, zumindest ab einem gewissen Alter, fehler- und verschleißanfällig. Zudem will der Cabrioletfahrer ein Stoffverdeck haben. Er will es einfach. Heute ist die Mode der Coupé-Cabrios eine Mode von gestern. Aber leider ist überhaupt das Cabriolet eine Mode von gestern.

Das Auto ohne Scheinwerfer

Von der wirklich beeindruckenden Dachkonstruktion abgesehen ist der Peugeot 402 Éclipse ein Norev-Achtzehner in hauseigener Tradition. Formal schön umgesetzt ist die äußerst ungewöhnliche Formensprache dieses Peugeot, denn er ist ein „rasender Kofferraum“ und weist obendrein keine sichtbaren Scheinwerfer auf, denn diese sind aus aerodynamischen Gründen hinter dem großen Chromkühlergrill versteckt. Er sieht also aus jeder Perspektive anders aus, als man sich gemeinhin ein Automobil vorstellt. Sehr sauber ist der goldene Doppelstreifen entlang der Flanken aufgedruckt, die Felgen im Artilleriestil sind mit Chromradkappen bestückt, diese dezent mit einem beigefarbenen „Peugeot“-Schriftzug dekoriert. Unter der zweiflügeligen Haube sitzt ein sauber miniaturisierter Vierzylinder, der vorbildgerecht relativ einfach gehaltene, hellbraune Innenraum ist korrekt wiedergegeben.

Dieser Peugeot ist anders als alles andere, er ragt heraus, auch unter seinen Zeitgenossen, er ist ein konstruktiver Meilenstein im Art-Déco-Stil und es ist schön, dass es ihn gibt. Angesichts des konstruktiven Aufwandes ist es erstaunlich, dass Norev dieses Modell für 90 Euro anbieten kann, doch erklärt sich dies vielleicht dadurch, dass es die Neuheit in Schokoladebraun eine Farbvariante ist, und derern gab es schon mehrere in den vergangenen Jahren. Er hat sich also amortisiert. Ebenfalls aktuell lieferbar, aber nur im Norev-Online-Shop: Das gleiche Modell in hellem Grün („Wassergrün“) in einer 200er-Auflage zum selben Preis.

afs

473 Exemplare des Peugeot 402 Éclipse wurden von 1936 bis Kriegsausbruch produziert. Der Wagen war sehr teuer, wurde nur auf Bestellung hergestellt, und Peugeot verlangte eine merkliche Anzahlung. In diesem Auto steckte sehr viel Handarbeit, auch wenn die Basis ein Fließbandfahrzeug war.
Modellfotos: bat
Ein Auto wie kein anderes: Rasender Kofferraum, ein mit 5,19 Metern Länge riesiges Fahrzeug mit verhältnismäßig wenig Innenraum, obgleich Peugeot den 402 E4Y Éclipse auf dem verlängerten Chassis des 402 Familiale aufbaute. Die Kofferraumklappe ist so riesig, dass sie im Original nicht einrastete, sondern mit zwei Schrauben manuell geschlossen werden musste. Norev legt zwei Koffer bei.
Sieht so ein Auto von vorne aus? Wo sind die Augen? Auf den ersten Blick keine Scheinwerfer. Sehr gewöhnungsbedürftig.
Hinten angeschlagene Türen, bequem zum Entern, nicht ungefährlich in der Praxis. Damalige Fahrzeuge waren recht einfach möbliert. Gut zu sehen die Krückstockschaltung am Armaturenbrett. Der Instrumenten-Solitär stammt von Jaeger und informiert über Tempo, Spannung, Benzinvorrat, Öldruck und Uhrzeit.

Steckbrief:

Norev 184873 Peugeot 402 E4Y Éclipse 1937 dunkelbraun. Fertigmodell Zinkspritzguss/Kunststoff, Maßstab 1:18. UVP 89,90 Euro.