Der kleine Freund der Familie
Der R5 war ein Hit – nicht nur in Frankreich. Chic, innovativ, fröhlich, bunt, ein typisches Kind der frühen 70er. Aber ihm fehlte etwas, zumindest in den Augen vieler Franzosen: hintere Türen zum Einsteigen. Sieben Jahre brauchte Renault, um das zu akzeptieren und schob 1979 den Viertürer nach. Es gibt viele R5 in 1:18, und nun gibt es dank Ottomobile erstmals einen viertürigen. Natürlich, Otto-typisch, in der Topversion GTL.
Ein Personenwagen in Frankreich hat vier Türen. Etwas anderes stand nie zur Debatte. Nur ein Sportler durfte linksrheinisch zweitürig sein. Renault brachte seinen revolutionären R5 zweitürig und brach damit ein Tabu. Die Franzosen akzeptierten es, er war ein riesiger Erfolg. Dennoch sah Renault genügend Gründe, eine viertürige Version nachzuschieben, dem Kundenwunsch entsprechend. Denn Renault sah, dass einige potenzielle Käufer zu Peugeot abwanderten und den viertürigen 104 in der gleichen Größenklasse bevorzugten. Renault brauchte immerhin sieben Jahre, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen. Erst im Sommer 1979 kam der Viertürer auf den Markt. Landläufig zählt man die Heckklappe als Türe mit, also ein Fünftürer. Aber das ist unsinniges Marketingsprech. Eine Heckklappe ist so wenig eine Türe wie ein Kofferraumdeckel oder eine Motorhaube. Die Tankklappe ist auch keine Türe. Die Handschuhfachklappe noch weniger. Denn nicht alles, was aufgeht, ist eine Türe (auch das Schiebedach geht auf).
Den viertürigen R5 gab es nur in gehobenen Ausstattungen, nie als Grundmodell, und er war bei Weitem nicht so erfolgreich (und auch nicht so peppig-knackig-hübsch) wie der Zweitürer. Die Einstiege waren knapp geschnitten, der unveränderten Außenlänge geschuldet, und man sah dem Styling an, dass der Wagen als Zweitürer entworfen worden war (Design: Michel Boué) und nachträglich zum Viertürer umgemodelt wurde. Und darüber hinaus behalf sich Renault in Frankreich bei seiner spanischen Tochter FASA-Renault. Die hatte nämlich, weil in den Südländern Schrägheckwagen nicht als Familienauto akzeptiert werden, eine Stufenheckversion des R5 entwickelt. Dieses Autochen hieß Renault Siete (also R7), und es spendete seine Hintertüren für den später geborenen, französischen Schrägheck-Viertürer. Er war also ein Nischen-R5 mit adoptierten Karosseriepressteilen, der familienfreundlichste R5, und obgleich es eine richtiggehende R5-Schwemme in 1:18 gibt, ist bislang kein Viertürer darunter gewesen. Das ändert sich nun dank Ottomobile.
Das Topmodell GTL ab 1976 setzte die innovativen Kunststoffstoßfänger an den Flanken fort und war somit rundum beplankt, was ihm fast die Aura der Zweifarbigkeit verlieh. 1980, als der Fünftürer erschien, unterzog Renault den R5 einer Modellpflege, vor allem im Innenraum, aber auch neue sportliche Stahlfelgen exklusiv für den GTL (später auch für den TS).
Rouge 705 statt Bordeaux 721
Das Ottomobile-Modell mit der Nummer OT1059 in der schönen und für das Auto fast zu edlen Farbe Bordeaux 721, auf nur 999 Exemplare limitiert und im Mai 2024 erschienen, war binnen Tagen ausverkauft. Ottomobile hatte sich verkalkuliert, viel zu wenige produziert. Darum legte Otto rasch nach und brachte ein Vierteljahr später das gleiche Auto in leicht anderer Farbe und unter der Nummer OT1147 erneut, nunmehr in Feuerwehrrot (Rouge 705). Die Form bestens getroffen – man darf sich nicht verunsichern lassen: Wir alle haben den R5 als Zweitürer in Erinnerung, der Viertürer war selten, ist fast vergessen. Natürlich wirkt das Modell wie das Original proportional verschoben durch die kürzeren Vorder- und die zwanghaft hinzugefügten Hintertüren. Aber er stimmt schon, der Otto! Vorne zeigt er einen kleinen Spoiler à la R5 Alpine, die Rundumbeplankung ist formintegriert und schabloniert lackiert, der Heckschriftzug chrombedampft, auf der Heckscheibe die nette Renault-Eigenwerbung für das Renault-elf Formel-1-Team mit stilisiertem Boliden, die Heckscheibe weist Heizdrähte auf und natürlich den Scheibenwischer, der eine GTL-Eigenart ist. Die Windschutzscheibe ist auch nicht schmucklos, vorbildgerecht die Steuer-Plakette für 1984 und der Versicherungsnachweis in der linken, unteren Ecke. Ganz klasse gemacht ist der an der Innenseite der Windschutzscheibe angeklebte Innenrückspiegel. Innen sehr helles Beige, das viel Einblick gestattet, Armaturenträger und Lenkrad schwarz, an den Türinnenseiten ist roter Karosserielack zu sehen, wo es bei Renault nicht für Stoff gereicht hat. Schön auch, dass Ottomobile nicht nur die Streuscheiben der Scheinwerfer strukturiert, sondern auch die Rücklichtgläser (die im Original nicht aus Glas, sondern aus Plastik sind).
Offenbar ging der Wechsel vom bordeauxroten zum feuerwehrroten R5 GTL bei Otto ein bisschen schnell vonstatten, denn an ein neues Kennzeichen hat Otto in der Hektik nicht gedacht. Beide tragen das selbe und sind im Département 92 Hauts-de-Seine zugelassen, also im westlichen Pariser Speckgürtel. Das ist eine der wohlhabendsten Regionen in Frankreich und dorthin passt der R5 GTL in Topversion als chicer Zweiwagen für Madame. Und abgesehen davon: In diesem Département befindet sich auch das Renault-Stammwerk in Boulogne-Billancourt, also vielleicht der Wagen eines Werksangehörigen. Ottomobile spricht von einem 1984er Baujahr, was stimmt und was das letzte Baujahr des Ur-R5 war. Aber das Ottomobil kam in der dargestellten Form bereits zum Modelljahr 1980 im Spätsommer 1979 auf den Markt, weswegen wir es als 1980er deklarieren. Seine vorderen Kopfstützen waren zwar erst im letzten Produktionsjahr 1983/84 serienmäßig, aber vorher schon als Extra zu haben. Die Farbe Rouge 705 war zwischen 1975 und 1984 auf der Renault-Farbpalette.
afs
Steckbrief:
Ottomobile OT1147 Renault 5 GTL Viertürer 1980. Fertigmodell Resine, Maßstab 1:18. Auflage 999 Exemplare. Preis ca. 100 Euro.