1/18

News 1:18 Touring Modelcars Ford Consul 2.3 GT Coupé 1974

Großer Ford im Trainingsanzug

Alltagsklassiker aus den 70ern, all open und unter der magischen 100-Euro-Schwelle: Touring Modelcars bringt sein Ford Consul GT Coupé nun in Daytonagelb mit schwarzem Vinyldach. Die absolute Zeitreise in die Seventies.

Ende der 80er Jahre und in den frühen 90ern war die Gründerzeit der Modellautoproduzenten. Heute ist die Stimmung alles andere als gründerzeitlich, es ist eine Konsolidierungsphase, ein Kampf ums Überleben in wirtschaftlich und gesellschaftlich schwierigen Zeiten. Es gehört viel Mut dazu, in der Jetztzeit eine neue Modellautomarke zu gründen. Thomas Langejürgen tat es mit der Marke Touring Modelcars und brachte 2024 sein erstes Modell, einen Alfa Romeo Duetto Spider von 1966, gefolgt von einem Opel Commodore B GS/E Coupé, als Dritter kam ein Ford Consul 2.3 GT Coupé von 1974, den Caramini-online nun in seiner zweiten lieferbaren Farbvariante als Muster erhielt. Hinter Touring Modelcars steckt aber kein Newcomer, sondern ein alter Hase, und der kann die Marktgegebenheiten gut genug einschätzen, sodass sein Geschäftsrisiko wohl nicht allzu groß ist.

Thomas Langejürgen betreibt seit 1994 den Modellautogroßhandel Ravensberger Handelskontor, zunächst im westfälischen Werther, seit 2004 im eigenen Firmengebäude in Herford. Er ließ schon viele Sondermodelle fertigen, sowohl in 1:43 (beispielsweise von Autocult) als auch in 1:18 (beispielsweise von Norev), die exklusiv bei ihm erhältlich waren. Da ist der Schritt zur eigenen Marke nicht weit. Ob Langejürgen nun besondere Farben bei Norev in Auftrag gibt oder gleich ein komplettes Modellauto (nicht bei Norev!), ist kein großer Unterschied. So entstanden also die drei Erstlinge, so werden weitere Modelle folgen. Aber Langejürgen hat aus den Erfahrungen der Vergangenheit, da er seine Modelle in sehr frühem Entwicklungsstadium öffentlich machte, gelernt. Früh seine Claims zu besetzen, hat Vorteile, fraglos. Man hofft, die Mitbewerber von dem angekündigten Fahrzeugtyp fernzuhalten und man weckt den Appetit der Käufer. Der Appetit kann aber zur Gier werden, und wenn sich das Projekt verzögert, kann der Druck der Kunden auf den Hersteller groß werden. Zu groß. Deshalb entschied sich Langejürgen, wie andere auch (beispielsweise Almost Real), seine Neuheitengeheimnisse erst dann zu lüften, wenn der Erscheinungszeitpunkt nahe bevor liegt.

Die Einjahres-Version

Der Ford Granada der ersten Generation (1972 bis 1977) inklusive seiner Einstiegsversion Consul erlebte ein kleines Facelift 1974 und ein großes im Folgejahr, das ursprünglich nicht geplant, sondern dem neuen und umtriebigen Ford-Köln-Generaldirektor Robert A. Lutz zu verdanken war. Köln war ursprünglich der Meinung, die kleinen 1974er Überarbeitungen reichten für den zweiten Lebenszyklus des Consul/Granada aus. Bis 1974 hatte Ford keine Zweitürer-Limousine im Programm, sondern ein Fastback-Modell mit ausgeprägtem Hüftschwung, das die Kunden nicht als Alternative zu einem konventionellen Zweitürer-Stufenheckmodell akzeptierten. 1974 kam dann die Zweitürer-Limousine, am Fastback fiel der Hüftschwung weg, die Karosserie wurde geglättet und der Wagen wurde als das bezeichnet, was er schon immer war: als Coupé. Gleichzeitig erschien mit dem exquisit ausgestatteten Granada Ghia eine kleine Luxuslimousine, oberhalb des Granada GXL angeordnet. Ansonsten gab es für 1974 ein paar Detailänderungen: Die Zeituhr befand sich nun in der Mittelkonsole und ist somit auch vom Fahrer zu erspähen, nicht mehr am Armaturenbrett über der Ablagefläche in Höhe des Beifahrers. Eine reine Nomenklatur: Der Einstiegs-Granada hieß zuvor nur „Granada“, ab Modelljahr 1974 hörte er auf die Bezeichnung „Granada XL“. Den Granada XL sollte es nur im Modelljahr 1974 geben. Denn 1975 traten die Lutz-Modifikationen an: Großes Facelift, Neuordnung der Palette unter Wegfall aller Consul-Versionen. Der zuvor auf sportlich getrimmte Consul GT, die Touring-Neuheit, fiel weg, für alle Granadas außer dem Turnier gab es statt dessen die sportliche S-Ausstattung. Zudem wurde bei allen Fahrzeugen das Fahrwerk gestrafft, viel Chrom wurde gegen Mattschwarz getauscht, die Front wurde stets tiefer gelegt, komplett neue Instrumente in neuem Träger. Lutz machte Schluss mit Schwulst und Chrom, er machte die Ford-Palette sportlicher und war mit dieser Strategie erfolgreich Unter seiner Ägide produzierte und verkaufte Ford 1977 die Hälfte mehr als zwei Jahre zuvor, Ford hatte einen Marktanteil von 15 Prozent. Zum Vergleich: 2024 beträgt der Markanteil in Deutschland bis Juni magere 3,7 Prozent. Das ist angesichts der Tatsache, dass Ford seine Modellpalette selbst killt und nur noch auf Elektro und SUV setzt, keine Überraschung; wahrscheinlich verhindert lediglich der erfolgreiche Transit noch Schlimmeres, denn Ende 2025 soll auch der Focus ersatzlos gestrichen werden.

Die Consul-GT-Charakteristika unfallfrei recherchiert

Touring Modelcars macht also das Consul GT Coupé des Jahrgangs 1974 und kann, ohne seine Formwerkzeuge zu ändern, keinen anderen Jahrgang darstellen. Denn zuvor hatte der Wagen eine Hüftschwung-Karosserie und danach ein anderes Armaturenbrett. Aber Touring Modelcars kann mit dem, was sie geschaffen haben, etliche Versionen des Jahrgangs 1974 umsetzen: Das Coupé gab es als Consul und Consul L (dafür bräuchte es eines anderen Kühlergrills) sowie als sportlichen Consul GT. Ohne dessen Zusatzscheinwerfer im Grill ließen sich dann noch die Granada-Versionen XL und GXL umsetzen – und die Ford-Farbpalette im Jahre 1974 war recht umfangreich (das aktuelle Daytonagelb gehört dazu). Touring Modelcars werden also die Vorbilder nicht ausgehen. Jedenfalls wird jede Variante ein Vinyldach tragen müssen, denn die beiden längs verlaufenden Nähte des Kunstlederdachs sind in die Karosserie graviert.

Da wir nun schon beim Dach sind, soll die Beurteilung auch bei der Dachpartie beginnen und somit den einzigen Schwachpunkt des Modells benennen. Dann haben wir es hinter uns und können uns dem großen und positiven Rest widmen. Das Dach ist zu flach, nicht überwölbt und fällt obendrein nach vorne etwas ab. Das ist schade. Es fällt besonders auf, wenn man das Modell im Profil oder direkt von vorne betrachtet. Bei der üblichen Sicht auf ein Modellauto, also in der Hand haltend und somit Blick von schräg oben, kann man mit dem Defizit leben.

Alles andere ist prima. Vom Dach abgesehen, stimmen sämtliche Proportionen und Dimensionen, die Türen und Hauben schließen mit klassenüblichen Spaltmaßen, die Türen weisen keine Doglegs auf, die Hauben die üblichen Scharniere, und ebenfalls wie üblich ist der Öffnungswinkel der Motorhaube zu gering. Das Modell lenkt mit Verbindung zwischen Vorderrädern und Lenkrad, im Kofferraum ist ein nicht herausnehmbares Reserverad links stehend untergebracht. Er ist mit einer Gummimatte ausgeschlagen, wie in echt, im Innenraum ist Teppichboden ausgelegt, auch wie in echt. Der Innenraum gefällt uns gut. Er ist auf Consul-Niveau gehalten, also kein Holzimitat (das 1974 bei Ford noch lithographiertes Blech im Granada XL und GXL war, nur der Ghia verfügte über echtes Holz), er trägt die kleine Mittelkonsole mit Schaltstock und bedruckter Uhr, Armaturenbrett, Lenkrad und Türinnenverkleidungen sind authentisch. Die Armaturen selber sind beim großen Ford vor dem ’75er Facelift so tief in Höhlen versenkt, dass man die Ziffernblätter beim Modell nicht sehen würde (im Original sah man sie auch nicht gut!). Hier gingen die Formenbauer einen sinnvollen Kompromiss ein und machten die bedruckten Ziffernblätter sichtbar.

Unter der Haube steckt der „Kölner V6“, dem man seinen Hubraum nicht ansieht. Es könnten 2, 2,3 oder 2,6 Liter sein, nicht der 3-Liter, das ist ein anderer Motor. Den Consul GT gab es ab 2,3 Litern aufwärts, und die Hubraumbezeichnung an den Kotflügeln belegt diesen Motor. Also muss es der 108 PS starke 2,3 Liter sein! Jedenfalls muss der Consul-GT-Lenker kräftig kurbeln, denn eine Servolenkung hat der Wagen nicht, es gibt keinen Behälter für die Servoflüssigkeit. Der Motor ist kein separates Teil, sondern Norev-like eine nach oben ausgeformte Motorplatte, aber gut gemacht. Alle nötigen Zusatzaggregate an der Spritzwand und den Innenkotflügeln sind auch da, wir erkennen den Hauptbremszylinder, die Lichtmaschine, die Batterie, den Scheibenwasserbehälter (weiß) und an der Spitzwand den großen Heizungskasten. Auf dem vorderen Abschlussblech findet sich das Typenschild als Druckwerk. Die Haube hält von selbst auf, eine Haltestange gibt es nicht und braucht es nicht (im Original schon!).

Den Lichttest bestanden

Von außen ist der Consul GT korrekt recherchiert. Er trägt den Chrom da, wo er sein soll, und das ist in Sachen Consul/Granada je nach Baujahr und Ausstattungslevel unterschiedlich. Da können fast nur Recherchefehler passieren, aber Touring machte seine Sache unfallfrei – selbst bei den Stoßstangen, die korrekterweise keine Gummiauflage tragen, sondern Hörner. Eine winzige Unkorrektheit haben wir gefunden, aber das ist Nietenzählerei: Die Hubraumangabe auf den Kotflügeln ist im Stil ab 1975 gehalten, müsste aber keine sachliche Graphik („2.3“) sein, sondern ein mehrfarbiges Ornament, in dem „2300“ steht. So what! Der Grill ist schwarz, eine Consul-GT-Eigenheit (die ab 1975 Allgemeingut wurde) mit zwei Halogen-Zusatzscheinwerfern. Ein bisschen seltsam ist, dass die Abschlusszierleiste der Motorhaube nur ein silbernes Druckwerk ist, für deren Fortsetzung links und rechts entlang der Scheinwerfer aber separate Chromleistchen verbaut werden, und mit der Position des Antennensockels auf dem linken vorderen Kotflügel sind wir auch nicht einverstanden. Der müsste näher an der Windschutzscheibe sein, wenn original verbaut. Aber man konnte sich damals auch ein Auto ohne Radio kaufen und dieses nachträglich einbauen lassen, und dann platzierte der Radio-Mann die Antenne eben dort, wo er am bequemsten hinkam. Sehr nettes Detail ist der Aufkleber an der Windschutzscheibe, der belegt, dass der Consul-Fahrer beim Lichttest war. ADAC-Mitglieder konnten das machen lassen, und wenn die Polizei eine Lichtkontrolle machte, wurden Fahrer durchgewunken, die diesen Kleber am Auto trugen. Bleiben die Räder als Rest der Betrachtung: Sportstahlfelgen mit 185 SR 14er-Reifen trug der Consul GT, und die trägt auch das Modell, sehr hübsch miniaturisiert und zweifarbig lackiert, die Zahl der Radmuttern stimmt, die Nabe ist mit dem charakteristischen Ornament bedruckt, die Reifen haben keine Flankenbeschriftung, aber typisches 70er-Jahre-Profil.

Farblich passt der Daytonagelbe Consul GT mit seinem Vinyldach hervorragend neben die BoS-Viertürer-Limousine des Jahrgangs 1975 aus Resine, Ende 2015 erschienen. Dann hat man nicht nur ein Pärchen in Daytonagelb mit schwarzem Dach, sondern wohl auch die formal besten Vertreter dieser Baureihe. Perfekt sind beide nicht, das BoS-Modell leidet unter den unsäglichen Zellon-Wabbelscheiben und einer B-Säule, die nur ein Druckwerk ist, das Touring-Modell hat seine Schwachstelle in der Dachpartie. Aber bei der MCG-Diecast-Limousine sind viel mehr formale Fehler zu finden als beim BoS-Resinemodell, und am Granada Hüftschwung-Coupé von Cult Scale, ebenfalls ein Resiner, sind lediglich die Radkappen gut gelungen. Angekündigt ist noch ein Schuco 1:18-Resiner, ebenfalls ein geglättetes Coupé à la Touring Modelcars, aber als luxuriöser Ghia. Bisher ist das Modell nicht am Markt, und nach Prototypenfotos beurteilen wir nichts.

Generell ist das Trio von Touring Modelcars zu begrüßen, macht Appetit auf Weiteres und bereichert den Kosmos an „bezahlbaren“ all-open-Achtzehnern. Preislich konkurriert Touring Modelcars mit Norev. Qualitativ ist noch ein weiter Schritt dorthin. Thomas Langejürgen beauftragte nicht Norev mit seiner eigenen Serie. Hätte er es getan, wäre auch das Dach formal in Ordnung.

afs

Der übliche Blick auf ein Modellauto, leicht schräg von oben, macht Freude: ein all-open-Modell eines interessanten Vorbilds zu einem sozialverträglichen Preis.
Modellfotos: bat
Genau so sollte man ihn nicht anschauen. Im Profil wird das formenbauerische Defizit der Dachpartie offenkundig.
2,3-Liter-V6 mit 108 PS, aber ohne Servolenkung: Gut gemachter „Kölner V6“ als Motorplatte, schöne Anbauteile, zu geringer Haubenöffnungswinkel.
Die zweifarbige Sportstahlfelge auch als fünftes Rad am Wagen, sehr gute Rückleuchten, die Chromzier korrekt recherchiert.
„Consul“ in Schreibschrift, korrekt bis inklusive Modelljahr 1974, und der rote „GT“-Schriftzug suggeriert Sportlichkeit. Übrigens: Consul/Granada hatten als einer der ersten Wagen zwei Rücklichtbirnen. Wenn eine durchbrannte, leuchtete das Schlusslicht dennoch.
Aufkleber des Lichttests 1976. Das ist nicht nur ein sympathisches Detail, sondern belegt auch, dass der Consul im Stadium eines zwei Jahre alten Gebrauchtwagens wiedergegeben ist. Sonst könnte der 1974er Wagen ja nicht beim 1976er Lichttest gewesen sein.
Unten alles Wesentliche dran, vor allem die aufwendige Einzelradaufhängung hinten, mit der Ford endlich Schluss machte mit den archaischen Hinterachskonstruktionen, die zuletzt beim Vorgänger P7b auf immer lautere Kritik gestoßen war.

Steckbrief:

Touring Model Cars 18080005 Ford Consul 2.3 GT Coupé 1974 gelb/mattschwarz. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. Auflage 552 Exemplare. UVP 98 Euro.