Ente mit (Kot-) Flügelproblem
Enten sind sympathisch. Als Geflügel wie als Auto. Auch die Norev-Ente in 1:43 ist ein hübsches Entlein. Aber mit einem Geburtsfehler – einem Konstruktionsmangel, weswegen die Vorderkotflügel dunkler lackiert sind als der Rest der Karosserie.
Es war eine der größten Partwork-Serien überhaupt und es ist mit Sicherheit die größte homogene, in sich geschlossene Entensammlung: Der Verlag Hachette beendete im Mai 2010 nach 6 ½ Jahren Laufzeit und 170 Modellen die Citroën-2CV-Serie im Maßstab 1:43, die in Frankreich (und nur dort!) 14-tägig am Kiosk oder im Abonnement erschien. Die Modelle kamen von Norev. Von Einzelstücken abgesehen, bestand die Serie aus einer Handvoll an Grundmodellen in vielen, vielen Varianten. Zu diesen Grundmodellen gehörte auch die Ente mit drei Seitenscheiben und vertikalem Heckabschlussblech, wie sie im Vorbild ab 1971 gebaut wurde. Mit runden oder eckigen Scheinwerfern war diese Karosserieform bis zum Entenende aktuell, also bis 1990.
Genau diese 2CV-Version adaptierte Norev im Jahre 2020 seinem Jet-Car-Programm. Es teilt seinen Namen mit jener Spielzeugauto-Serie aus Zinkdruckguss, mit der Norev Anfang der 70er Jahre seine Plastikserie ergänzte. Darin gab es auch einen 2CV, er erschien 1974 und hatte rechteckige Scheinwerfer sowie eine zu öffnende Motorhaube. Doch damit hat das neue Modell nichts gemein. Es war eine Neukonstruktion anlässlich der Kioskserie. Schon damals wunderte sich jeder, der sich auch nur ein wenig mit Formenbau auskennt, über die Machart. Norev machte sich nämlich mit diesem Modell das Leben unnötig schwer und baute der Miniatur quasi einen Malus ein, der an jeder der unzähligen Variationen zutage trat. Und das nun aktuelle Modell hat ebenfalls damit zu kämpfen. Norev gestaltete nämlich die Karosserie zweiteilig: Das „Häuschen“, also die eigentliche Karosserie, besteht aus Zinkdruckguss und ist logischerweise lackiert. Es beinhaltet die vorderen Kotflügel nicht. Die sind Bestandteil der Plastikbodenplatte, die aus schwarzem Kunststoff gefertigt ist. Da aber die Kotflügel der Ente logischerweise lackiert werden müssen, muss Norev an jedem Modell die Bodenplatte schabloniert extra lackieren. Das ist aufwendig, das ist teuer, das ist unnötig. Denn genügend Entenmodelle, auch aus dem Hause Norev, beweisen, dass es auch anders geht, nämlich mit vorderen Kotflügeln als Bestandteil der Karosserie.
Nun könnte man sagen, Norev habe damit ein Eigentor geschossen, sich ein faules (Enten-) Ei gelegt oder was auch immer – sofern diese Konstruktionseigenart keine negativen Auswirkungen auf die Miniatur hätte. Hat sie aber! Damals zu Zeiten der 2CV-Collection wie auch heute zu Zeiten der aktuellen Entenmodelle ist offensichtlich, dass es unterschiedliche Farbnuancen an der Karosserie und an den Vorderkotflügeln gibt. Das liegt entweder daran, dass der Lack auf Metall anders deckt als auf den schwarzen Kunststoffkotflügeln, oder es liegt daran, dass für Metalluntergrund eine andere Farbe verwendet wird als für Plastikuntergrund. Die Ursache kann dem Sammler gleichgültig sein, das Resultat aber nicht: Stets sind die Vorderkotflügel dunkler als die Karosserie, und das ist schade. Natürlich darf man bei einem 12,50-Euro-Miniaturauto, das ansonsten sehr sauber gefertigt ist, keine zu hohen Maßstäbe anlegen. Und doch… Hätte Norev diese Ente nicht komplizierter konstruiert als notwendig, so hätte der Verfasser diesen Sermon nicht zu schreiben und der geneigte Leser ihn nicht zu lesen brauchen.
Die Ente ist ein hübscher Vertreter ihrer Gattung, formal absolut in Ordnung, hübsche Machart (bis auf die ungewollte Zweifarbigkeit): separates Stoffverdeck, runde Scheinwerfer mit eingesetzten Linsen, Grill und Rücklichter als separate Teile, Vorderblinker als Formbestandteil, angegossener Außenspiegel (das war bei der Enten-Collection nicht so und ist ein „short-cut“), nettes, ententypisches Interieur mit eingesetztem, schwarzem Lenkrad, außen ein paar dekorative Druckwerke (Seitenzierleiste, Windschutzscheibengummi, Türgriffe, Tankdeckel), auch der Grill ist innen geschwärzt. Die Felgen, im selben Hellgrau wie die Stoßstangen gehalten, tragen Radkappen, an denen leider auf die nötige Silberung verzichtet wurde.
Die verstärkte hintere Stoßstange deutet auf ein Modelljahr nach 1975 hin, als gleichzeitig die Rechteckscheinwerfer erschienen. Erst mit dem 2CV Charleston 1980 kamen die nostalgischen Rundscheinwerfer wieder in Mode. Ein solches ist diese Ente nicht, sondern lackiert in Rouge Géranium AC435 und Beige Nevada AC 074, also ein spätes Serienmodell, das die 80er Jahre über Gültigkeit haben sollte, die Ente quasi in Letztausführung.
afs
Steckbrief:
Norev 150515 Citroën 2CV6 Club 1979 rot und 150514 dito beige. Fertigmodelle Zinkdruckguss, Maßstab 1:43. UVP je 12,50 Euro.