Von Münchner Weißwürsten und Nürnberger Rostbratwürstchen
Es wird immer familiärer, immer kleiner, immer weniger. Aber dadurch hat man mehr Zeit füreinander, die Gespräche gehen tiefer, der Hektik- und Stressfaktor sinkt. Caramini-online schlendert durch die heiligen Hallen der Nürnberger Spielwarenmesse. Nicht, um über Neuheiten zu berichten – das machen genügend andere. Wir besprechen sie erst, wenn sie am Markt sind. Aber um Kontakte zu pflegen, neue zu knüpfen, Trends zu erkennen, Präsenz zu zeigen und manchmal auch nur, um mit dem Standpersonal herumzualbern.

Nürnberger Rostbratwürstchen bekamen wir auf der Spielwarenmesse in Nürnberg. Eine Münchner Weißwurst bekamen wir nicht. Zum Glück! Denn zur Weißwurst, die bekanntlich das 12-Uhr-Läuten nicht erleben darf, sollte man ein Weißbier trinken. Und wir vertragen tagsüber kein Bier. Das würde voll reinhauen! Es wäre auch nicht gerade imagefördernd, wenn wir angedödelt, torkelnd und mit Bierfahne unsere Termine an den Messeständen wahrgenommen hätten. Man wird dann nicht unbedingt ernst genommen… Das Caramini-Team machte zu Dritt die Spielwarenmesse unsicher, quasi ein Betriebsausflug mit Ansage. Bei den meisten für Caramini-online wichtigen Firmen hatten wir im Vorfeld Termine ausgemacht und wurden freundlich empfangen. Manche Firmen, zu denen wir Kontakt suchen wollten (was ja der Sinn einer Messe ist), mussten wir mangels Kenntnis eines Ansprechpartners spontan aufsuchen. Auch da war der Empfang wohlwollend. Wir nahmen mit innerer Freude zur Kenntnis, dass Caramini-online mittlerweile, nach einem Jahr des Bestehens, etabliert und durchaus bekannt ist.
Zurück zu den Würsten, und damit zum Thema Modellautos. Die Nürnberger Rostbratwürstchen sind das fränkische Nationalgericht. Mit der Münchner Weißwurst haben die Franken weniger am Hut, sie steht nun mal stellvertretend für die Landeshauptstadt, wie BMW auch. Und da ist der Brückenschluss gegeben. Das Modellautojahr 2025 wird bayrisch, wird ein totales BMW-Jahr. Kein Porsche-Jahr, kein Mercedes-Jahr, sondern ein BMW-Jahr. Kaum ein Hersteller, der keinen neuen BMW oder gar mehrere auf der Agenda hat, und bei manchen Herstellern wie Minichamps haben wir sogar den Eindruck, sie hätten sich voll auf BMW eingeschossen.
Gut, Minichamps war erneut nicht in Nürnberg vertreten, veröffentlichte aber zu Messezeiten seine 2025er Neuheitenliste. AUTOart war auch nicht da, schon lange nicht mehr, Herpa schwänzte erstmalig. Auch andere Hersteller vor allem im 1:87-Bereich, sparten sich den Messeauftritt. Selber schuld, kann man sagen. Natürlich kostet die Messe Geld und Ressourcen, und der Winter im Frankenland ist besonders rau und hart, Hotelzimmer zu Messezeiten sind Mangelware. Zudem gibt es immer weniger Händler, die ihre Jahresbestellung aufgeben. Die beiden originären Gründe der Messe, dass Händler fürs Jahr bestellen und dass die Neuheiten des Jahres präsentiert werden, sind durch das Internet nicht mehr gegeben. Dennoch ist die Messe ein Schaulaufen, sehen und gesehen werden. Man kommt miteinander ins Gespräch, die Händler mit den Herstellern, die Presse mit den Herstellern (und den Händlern). Man kennt sich, man ist das Jahr über miteinander in Kontakt, aber einmal im Jahr schüttelt man sich die Hände und schaut sich in die Augen. Das ist gut für das Verhältnis zueinander. Das wissen auch jene, die geschwänzt haben. Wir sahen so manchen, der sich zwar den Stand sparte, sich aber dennoch eine Reise nach Nürnberg und eine Eintrittskarte gönnte. Denn auch die Hersteller untereinander, also die Big Bosse der Modellautobranche, haben eben einmal im Jahr die Gelegenheit, sich persönlich auszutauschen.

Modellfotos: afs

Viele BMW und wenige H0-Autos
Die Trends der Messe: Wie eingangs erwähnt, scheint die Marke BMW momentan Oberwasser in der Modellautobranche zu haben, aber weniger mit historischen Modellen, eher aktuelle Fahrzeuge und Youngtimer ab den 90er Jahren. Nach wie vor dominiert 1:18, 1:43 ist auf dem Abstellgleis, 1:64 strebt aufwärts und wer die wichtigen Firmen nur nach dem Messeauftritt bewertet, muss glauben, 1:87 sei ein Auslaufmodell. Letzteres stimmt natürlich nicht. Aber wenn wir uns an frühere Messen erinnern und die Unzahl von 1:87-Anbietern, teils kleinste Hinterhofklitschen, die sich gemeinsam einen Winzstand teilten, so war die 2025er-Präsenz der H0-Autochen schon enttäuschend. Ob man den Maßstab 1:12 als „trendig“ bezeichnen mag, ist Ansichtssache. Immerhin erscheinen zunehmend Zwölfer, sowohl Diecast als auch Resine. Was uns ebenfalls auffiel: Gerade asiatische Hersteller, die ihre Heimatmärkte primär im Blick haben, setzen auf aktiven Eingriff in ihre Modelle durch den Sammler und bieten Zubehörteile an, die den Modellen beiliegen. Vor allem einen zweiten Satz Räder oder einen Austauschmotor, sodass der Sammler nach Belieben spielen kann. Die einen mögen das nett finden, die anderen affig. Aber wer es affig findet, kann nicht einfach sagen: Geht mich nichts an, dann bleiben die Zweiträder eben in der Verpackung. Nein, er spürt dieses Extra auch, denn gratis ist nichts, auch kein zweiter Satz Räder. Modellautos werden erneut teurer, und eine Abfahrtrampe, ein Figürchen oder ein Wagenheber sind ein schönes Feigenblatt, um die Preiserhöhungen zu rechtfertigen.




Eine allgemeine Erosion
Der Modellbau, also die Autos und die Modellbahnen, sind nun gemeinsam in einer Hälfte der Halle 7. Es werden immer weniger Aussteller auf immer kleineren Ständen. Modellautos und -bahnen spielen in Nürnberg eine zunehmend unwichtige Rolle. Die Messegesellschaft thematisiert dies, aber verkehrt es natürlich ins Positive und sagt, sie habe die Prioritäten anders gesetzt. Als ob die Messegesellschaft dies bestimmen würde! Sie bestimmt es nur mittelbar durch die Standgebühren. Aber es kommt nicht nach Nürnberg, wer von der Messegesellschaft dazu aufgefordert wird, sondern wer sich von der Messe etwas verspricht, Und es kommt nicht nach Nürnberg, wer sich nichts davon verspricht. Seien wir froh über jeden, der da war! Und hoffen wir, dass wenigstens die 2025er-Belegschaft auch 2026 erneut an- und auftritt. Manch einer war sich dessen gar nicht sicher. Natürlich gibt es Messestände, die mit Personal „aus der zweiten Reihe“ oder gar mit Personal auf Leiharbeitsbasis besetzt sind (bei denen der Interessent also nur Schulterzucken statt fundierter Auskunft erntet). Aber die meisten Modellautohersteller sind mit voller Besatzung vor Ort, oben angefangen beim Inhaber oder Geschäftsführer. Können die es sich leisten, dass ihre wichtigen Mitarbeiter, die Product Manager, zwei Wochen lang nicht am Arbeitsplatz sind und sich statt dessen in Nürnberg die Beine in den Bauch stehen, weil keine „Kundschaft“ kommt?


1:64: Sollen wir oder sollen wir nicht?
Die Anzahl der Modellbaufirmen, die auf der Spielwarenmesse ausstellen, ist also rapide zurückgegangen. Alleine der Modellautobereich in größeren Maßstäben war noch gut vertreten, im Gegensatz zu 1:87. Da hatte nur Wiking sein Eckchen mit den Neuheiten auf dem Siku-Dauerstand in Halle 12. Was uns aber aufgefallen ist, nahezu jeder Hersteller von Modellautos zeigte Miniaturen im Maßstab 1:64, mal mehr, mal weniger. Dieser Maßstab ist in Japan, China und auch den USA bereits fest als Sammlermaßstab etabliert, und in unseren Gefilden gewinnt er immer mehr an Bedeutung. Das betrifft nicht nur die Miniaturautos von Mattel, Matchbox oder Majorette, bei denen es eher Definitionsfrage ist, ob sie in die Kategorie Spielzeug oder Modell gehören. Die zum Teil extrem filigran gestalteten Modellfahrzeuge aus China, so von Mini GT (TSM) oder Tarmac, gewinnen zunehmend an Bedeutung, die Sammlergemeinde wird immer größer.
Natürlich sind die Preise für derart hochwertige Modelle höher angesiedelt als bei der klassischen Supermarktware der „drei M“ (Mattel-Matchbox-Majorette). Doch sind sie ihren Preis wert, das wird beim Betrachten sehr schnell klar. Aber auch die „drei M“ haben den Trend zur höheren Qualität erkannt und bieten spezielle Serien für diesen wachsenden Bereich des Modellautosammelns an. Ein Beispiel ist die auf der Spielwarenmesse von Majorette präsentierte neue Reihe „Collection“ mit gut gemachten Modellen zu einem Verkaufspreis von knapp unter 10 Euro.
Da Caramini-online diesen Trend nicht „verschlafen“ möchte, wollen wir die Berichterstattung über den Maßstab 1:64 verstärken. Kontakte zu verschiedenen Herstellern haben wir auf der Messe bereits geknüpft. Gerne können Sie, unsere Leser, uns mitteilen, wie Sie zu diesem Thema stehen. Das hilft uns bei den weiteren Planungen. Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften.

Foto: kr
Souvenir! Souvenir!
Die Messemodelle, das jährliche Thema der Messeberichterstattung, die kleinen Souvenirs der Hersteller für die Händler, die Journalisten und die Freunde des Hauses: weniger Aussteller bedeutet weniger Messemodelle, und weil Messemodelle zunehmend ein 1:87-Thema geworden sind, war diesbezüglich wenig los. Mit Herpa war schon mal ein Messemodellverteiler weniger an Bord. Die Messegesellschaft selbst hatte wie üblich ein Wiking-Modell zum Kaufen im Angebot, eine weiße Isetta mit Köfferchen auf Gepäckbrücke und dem roten Schaukelpferdchen an den Flanken, an Verkaufsständen für 25 Euro zu haben, 1000er-Auflage. Wiking selbst, nach wie vor fernab des Geschehens in Halle 12, hatte einen Opel Manta B in üblicher Aufmachung (weiß, Messesymbol auf den Türen, keine Angaben zur Auflagehöhe), bei Siku gab es das gleiche „Sieper“-Modell wie im vergangenen Jahr, einen blauen McLaren Senna – also kein Sondermodell anlässlich der Spielwarenmesse (und somit nur eingeschränkt unter „Messemodell“ zu subsumieren), sondern ein Give-away von Siku mit ein- oder mehrjähriger Gültigkeit, auch auf anderen Messen verwendbar oder als Nettigkeit des Geschäftsführers gegenüber einem Journalisten nach einem Interview. Und das stellten wir zunehmend fest: Speziell für die Nürnberger Spielwarenmesse werden die Give-away gar nicht mehr gemacht, sondern eher als universell gestaltete Sondermodelle. Der Trend zu 1:64 manifestierte sich auch bei den Messemodellen. 1:64 ist preiswert genug, dass man sich das Verschenken leisten kann. An ein 1:18-Messemodell können wir uns in jahrzehntelanger Rückschau nicht erinnern. 1:43, früher quasi der Standard, wird nur noch von Solido und Ixo/Sonic vergeben. Die Auflage bei Ixo ist mit 99 Exemplaren denkbar klein, und man bekommt es nur nach einem Gespräch mit der Geschäftsleitung – sofern man rechtzeitig erscheint. Im Normalfall sind wir am zweiten Messetag in Nürnberg, diesmal erst am dritten. Und prompt hatte Bernard Peres seine Messe-RWB-Porsche bereits vergeben (auf Ebay für bis zu 200 Euro im Angebot!), wir gingen leer aus. Von Z-Models bekamen wir aus den Händen von Fréderick Guilllier-Sahuque, einem der beiden Inhaber, einen flotten Mini Cooper mit Sport-Paket aus den frühen 90ern, also den klassischen Mini, mit Dachaufdruck.
Ein ungewöhnliches Erlebnis auf dem Bburago-Stand: Messemodelle zum Mitnehmen für alle, auf dem Counter in Bergen ausliegend, für jeden, ohne zu fragen, erhältlich. Das kannten wir bisher nicht. Des Rätsels Lösung bei näherem Hinsehen: Der 1:43 Jeep Renegade trägt die Türbedruckung „2018 Toy Fair“. Da müssen wohl bei Bburago/Maisto ein paar Kartons übrig gebliebener 2018er-Messemodelle aufgetaucht sein, die dann unters Volk verteilt wurden. Aber es gab auch ein 2025er-Modell, ein Schlüsselanhänger in 1:64, der Anta Sportiva, den die May-Cheong-Gruppe anlässlich des 50jährigen Bburago-Bestehens als Einzelstück vom Designer Faith Yelkenci erschaffen ließ. Auch dies kein spezifisches Nürnberg-Modell, sondern eben anlässlich des Jubiläums produziert. Ebenso der Majorette-64er, ein aktueller Ford Mustang, dessen Verpackung die Nürnberger Spielwarenmesse ebenso feiert wie die London Toy Fair, die eine Woche vor Nürnberg, vom 21. bis 23. Januar, abgehalten wurde.
Das für uns am meisten überraschende Modell gab es bei NZG, und das war kein Auto. NZG hatte einen Raupenbagger in 1:50, einen Liebherr R 939 Compact Stufe IV, zweifarbig in hellem Gelb und Weiß, mit NZG-Beschriftung und -Internetadresse, limitiert auf 300 Exemplare. Für uns, die wir eher Auto- als Baumaschinenfetischisten sind, war dies die erste, aufmerksame Begegnung mit einer „richtigen“ NZG-Baumaschine, und nach intensiver Beschäftigung damit stellten wir fest, was für ein faszinierendes und hoch detailliertes Modell dieser Bagger doch ist. Schlichtweg ein tolles Teil! NZG hat damit erreicht, was NZG erreichen wollte: Wir überlegen uns, ob wir uns näher mit dieser Thematik auf Caramini-online beschäftigen wollen. Der Überlegungsprozess ist allerdings noch nicht abgeschlossen.
afs



