Literatur

Lesenswertes: Französische Autos

Gaubatz, Andreas/Stefan Müller: „Französische Autos 1945-2000“. Stuttgart (Motorbuch-Verlag) 2024. 352 Seiten. ISBN 978-3-613-04486-9. Preis 69 Euro.

Deutschsprachige Bücher über französische Autos sind rar – abgesehen von den großen Marken wie Citroën, Renault, Bugatti usw.. Hier erfolgt der Versuch einer kompletten Darstellung. Sicher ist das schwierig, fast unmöglich, auf 320 Seiten mit über 600 Abbildungen eine Herkulesaufgabe. Der Begriff „Alle“ wurde im Titel aus gutem Grunde weggelassen. Nach 1945 wurden Autos mit großem Hubraum durch die französischen Steuergesetze stark benachteiligt. Das führte zu einer Unzahl kleiner und kleinster Fahrzeuge. Mitunter sehr innovativ, oft aber nichts als primitiv. Die Anzahl der Firmen, welche solche Dinge produzierten, ist erstaunlich.

So beginnt das Buch mit der Marke ACB und endet bei Wimille. Genau das ist ein wesentliches Problem dieses Buches: Die Marken sind alphabetisch geordnet. So findet man zwischen den Microcars Sportwagen und Luxusfahrzeuge. Eine thematische Sortierung wäre besser gewesen, aber eben noch schwieriger. Die „Butter-und-Brot-Fahrzeuge“ nehmen natürlich einen großen Teil des Buches ein. Französische Hersteller brachten einige bis heute bekannte Autos hervor, viele waren äußerst innovativ. Meilensteine wie Renault 4 und 16, Citroën mit 2CV und DS, Simca mit dem 1100er. Alle findet man in diesem Buch. Natürlich auch Sportwagen von Alpine, Matra und Gordini. Die Formel 1 ist ebenso Thema. Luxuswagen von Facel-Véga, Monica u.a. gehören auch dazu, ebenso wie die Kit-Cars und 4×4 Umbauten. Weit über 150 Firmen werden benannt. Spannend sind die Geschichten über den Untergang vormals bekannter Marken wie Voisin, Hotchkiss, Panhard, Simca usw. Das wäre eine extra Publikation wert. Die einstmals sehr bekannten Karosseriebauer wie Gangloff, Chapron und weitere sind nicht Thema des Buches, sie werden nur am Rande erwähnt. Vermisst werden Exoten wie der „Tausendfüßler“ auf Citroën DS oder der der offene Citroën SM „Opera“. Auch hätte die Geschichte von Simca/Chrysler nicht von der 1979 revitalisierten Marke Talbot getrennt werden sollen. Der etwas irritierte Leser findet die Bugatti EB 110 und EB 112. Das waren jedoch Produkte einer italienischen Firma, ohne jeden Bezug zur ursprünglichen Firma in Molsheim. Sind die in Hambach hergestellten Smart eine französische Marke?

Dem Buch fehlen jegliche Tabellen mit Daten und Produktionszahlen. Aber halt: Es gibt einen QR-Code zum Abrufen der Tabellen. Jetzt benötigt man also zum Lesen eines Buches ein Smartphone. Ob das ein sinnvoller Ansatz ist? Es gibt auch kein Quellen- und Personenverzeichnis. Schade. Für die rund 600 Fotos werden drei (!) Quellen genannt. Abbildungen von Markenzeichen findet man nicht. Einer der Autoren, Andreas Gaubatz, starb während der Produktion dieses Buches. Also wurde es mit halber Kraft fertig gestellt. An einigen Stellen ist das zu spüren. Wer sich eine Übersicht beschaffen will, ist mit dem Buch gut bedient. Wer tiefer in die Materie eintauchen möchte, kommt an weiterführender, meist französischer Literatur nicht vorbei.

carba