Stuttgarter Bürgerkrieg in Verlängerung
Porsche ist der unbestrittene deutsche Sportwagenheld. „Sportwagen“ und „Porsche“ sind Synonyme. Doch mit dem AMG GT knabbert Mercedes erfolgreich am Renommee und den Zulassungszahlen des Elfers. Er ist in zweiter Generation erschienen, und NZG macht das 1:18-Industriemodell. Und zwar gut.
Als die Welt noch in Ordnung und die Zuständigkeiten klar waren: Mercedes baute Limousinen, elegante Coupés und Cabriolets sowie Nutzfahrzeuge, Porsche baute Sportwagen. Man teilte denselben Himmel und dieselbe Sonne über Stuttgart und war sich wohl gesonnen. Als Porsche mal darbte und Daimler-Benz keine Kapazitäten frei hatte, durfte Porsche auch einen Mercedes bauen, den 500 E W124. Dann kam das Jahr 2009 mit Obama, aber auch dem Beginn der Finanzkrise, in deren Folge die Immobilienpreise sehr stark stiegen, bis heute. Und Porsche nahm den Fehdehandschuh und warf ihn von Zuffenhausen gen Sindelfingen – in Form des viertürigen Panamera, der in S-Klasse-Gefilde wilderte. Das nahm Mercedes der zuvor befreundeten Firma übel und die Herausforderung an. Ab jetzt gab es kein Gentlemen’s Agreement mehr. Ab jetzt wurde Porsche als Konkurrent gesehen. Zumal Porsche in diesem Jahr ohnehin über sich hinauszuwachsen versuchte, um Wiede-King in Wolfsburg zu werden. Die geplante Übernahme von VW durch Porsche scheiterte krachend und schlug ins genaue Gegenteil um. Porsche war also nicht mehr alleiniger Herr seiner Entscheidungen, Daimler-Benz nahm es nicht mehr mit Porsche als unabhängiger Firma auf, sondern mit Porsche im Schoße des Volkswagen-Konzerns.
Da klappte Daimler-Benz sein Visier hinab, schärfte die Speerspitze, gab der Entwicklungsabteilung die Sporen, warf jegliche Rücksichtnahme über Bord und erklärte dem Elfer den Krieg: 2014 erschien der Mercedes-AMG GT in erster Generation, die Baureihe C190, gebaut bis 2021. Die Zahl der 1:18-Miniaturen steht derjenigen der gleichzeitigen Elfer-Generation 991 kaum nach. Und seit Herbst 2023 gibt es den Nachfolger, der wieder Mercedes-AMG GT heißt, nunmehr Baureihe C192 – quasi die Verlängerung des Stuttgarter Bürgerkriegs.
Der aktuelle AMG GT C192 teilt etliche Komponenten mit dem AMG SL R232, vor allem die Plattform, ist aber rauer, knackiger, sportlicher und eben geschlossen. Und es gibt ihn auch nicht als Vierzylinder-Zweiliter wie den SL, sondern (zumindest bis jetzt) nur als Biturbo-V8 mit vier Litern – derzeit in drei Versionen: AMG GT 55 4Matic mit 476 PS und AMG GT 63 4Matic mit 585 PS sowie die Plug-in-Hybrid-Version AMG GT 63 e Performance (V8-Biturbo plus Elektromotor, zusammen 816 PS stark). Nun wartet die Supersportwagen-Welt auf das Topmodell, den Black Series. Der C192 ist die fünfte AMG-Eigenentwicklung nach SLS, AMG GT der ersten Generation, GT 4-Türer Coupé und aktuellem SL. Auf den ersten Blick ist der neue als AMG GT zu erkennen, das Design ist also eine Evolution, markant, kräftig, sportlich, dabei aber nicht nur zackig gezeichnet à la Karacho, Kravallo und Attacke. Designer Slavche Tanevski, der auch den aktuellen SL zeichnete, schuf fließende Flächen ohne Sicken und Kanten, der Heckspoiler in die Heckklappe integriert.
Keine Fehler und keine Interpretationsmöglichkeiten
Den 1:18-Industrieauftrag von Daimler-Benz ergatterte NZG, und den Industriemodellen in Hightechsilber und Selenitgraumetallic (bei Mercedes je 110 Euro) folgen nun, mit vertraglich ausgemachtem Abstand, die Fachhandelsmodelle in mattem Spektralblaumetallic und in Opalithweiß (NZG-UVP je 135 Euro). Der Käufer bekommt ein Modell, das allen Erwartungen entspricht: Türen und Hauben zu öffnen, lenkbar, gefedert, fein detailliertes Interieur, Innen- und Kofferraum mit „Teppichboden“ beflockt, längs verschiebbare Vordersitze, bewegliche Kofferraumabdeckung, ein solides Modell von beeindruckendem Gewicht (mehr als ein Kilo, genau 1060 Gramm), denn auch das Chassis ist aus Zinkdruckguss. Der Weiße bietet durch das rote Interieur deutlich mehr innere Werte als der Blaue, der innen sehr dunkel ist. Aber die weiße Außenfarbe kontrastiert eben nicht mit unserem genormten, neutral-weißen Bildhintergrund, weshalb wir uns für den Mattblauen als Muster entschieden (bei Auswahlmöglichkeit votieren wir stets gegen weiße Autos).
NZG macht den AMG GT 63, ein Industriemodell von echtem Schrot und Korn, erschaffen zusammen mit Daimler-Benz anhand der originalen CAD-Daten, gefertigt von Keng-Fai. An einem solchen Modell gibt es keine Fehler, es gibt aber auch nahezu keine Interpretationsmöglichkeiten seitens der Produktmanager. Das Modell gibt schlichtweg das Original in 18-facher Verkleinerung wieder, gemäß den Vorgaben des Auftraggebers, zu denen (wir kennen es von den Norev-Modellen) der dreidimensional gestaltete Motor gehört. Aber bei einem modernen Auto spielt das kaum eine Rolle, da sich der Motor ohnehin unter Abdeckungen versteckt und von der Außenwelt abgekapselt ist. Das Öffnen der Haube offenbart also eine plastische, schwarze Terra Incognita mit ein paar Silberungen. Mehr Freude und Abwechslung bereitet das Öffnen der Heckklappe mit schönen Haubenliftern (auf die vorne verzichtet wurde), Teppichboden und beweglicher „Hutablage“. So sagte man früher. Heute ist es, wenn überhaupt, eher eine Baseball-Cap-Ablage. Denn der AMG-GT-Fahrer zählt wahrlich nicht zu den typischen Hutträgern. Die Türen schließen mit einem satten Klang, das macht richtig Spaß. Die Innenraumwiedergabe steht jener des Äußeren in nichts nach, der Dekorationsgrad ist hoch, und an den längs verstellbaren Sitzen fühlt man unterschiedliche Haptik je nach Nachbildung der unterschiedlichen Materialien. Das NZG-Modell hat hintere Notsitze, ein Extra. Auch die Felgen sind klasse, gelbe, beschriftete Zangen und glänzende Bremsscheiben aus Metall.
Überhaupt Metall: Die Bodenplatte ist ebenfalls aus Zinkdruckguss, was das Gewicht deutlich erhöht. Es gibt nach wie vor genügend Sammler, welche die Qualität eines Modellautos nach dessen Gewicht bewerten. Für die ist das wichtig. Die Fahrzeugbezeichnung ist auf der Bodenplatte eingraviert. Der Markenname NZG und dessen Artikelnummer hingegen sind nur weiße Druckwerke in Höhe der Hinterachse. Das gibt der Spekulation Raum, dass der C192 womöglich auch als Keng-Fai-Modell erscheinen wird, vielleicht nur im außereuropäischen Markt, vielleicht in anderen Farben, vielleicht mit anderen Funktionen, gar einem Heckflügel – wer weiß? Kritik am Modell? Nein, keine. Nur das Kennzeichen N-ZG 1034, also Hersteller plus Artikelnummer, finden wir etwas phantasielos. Aber das ist wirklich Ansichtssache.
afs
Steckbrief:
NZG 1034/21 Mercedes-AMG GT 63 4Matic C192 2023 Spektralblaumetallic matt. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP 135 Euro.