Pop-Art in Hippie-Farben
Wohl eine der wildesten Farben für den Porsche Carrera RS 2.7 ist Gelb mit grünen Donauwellen an den Flanken und ebenso grünen Felgen. Diesen Mut zur Farbe bewies nun AUTOart mit seiner wunderschönen Carrera-Interpretation. Er hat uns so sehr fasziniert, dass wir ihn, obgleich längst in Gulfblau präsentiert, den Lesern nicht vorenthalten möchten. Und über den Carrera RS 2.7 gibt es ohnehin immer noch etwas Zusätzliches zu sagen. Da geht uns der Stoff nicht aus.
Die „offizielle“ Farbe des Carrera 2.7 RS ist Grandprixweiß mit orangefarbenen Aufklebern und Felgen. Aber sämtliche Serien- und Sonderfarben waren möglich mit Ausnahme von Metallictönen – dann allerdings oftmals ohne den stylishen Schriftzug und die bunten Felgen. Die seitlichen Schriftzüge „Carrera“, also die Donauwellen, gab es in Rot, Blau, Grün, Weiß und Schwarz. Die Füchse lackierte Porsche allerdings nur in Rot, Blau und Grün.
Wer es wollte, bekam den Carrera RS auch ohne Donauwellen und sogar ohne Entenbürzel. Interessant (wenn auch nur sehr nebensächlich in Bezug auf das AUTOart-Modell, also „off topic“) ist, dass ursprünglich nie ein Entenbürzel geplant war. Vielmehr wollte Porsche, dass der Motordeckel waagerecht aufgestellt werden sollte, so wie an gleichzeitigen Abarth-Fahrzeugen. Passende Haubenhalter waren schon produziert, als die ersten Fahrzeuge damit nicht durch die technische Abnahme kamen. Der Bürzel war daraufhin ein Schnellschuss (Kooperation zwischen den Ingenieuren Hermann Burst und Tilman Brodbeck sowie dem Stilisten Rolf Wiener), und er erzielte eine ähnliche Auftriebsreduzierung wie die offen stehende Haube. Ebenso erwähnenswert: serienmäßig nur der linke Außenrückspiegel, einen rechten gab es auf Wunsch ohne (!) Mehrpreis. Und noch etwas, meine Herren: Während der Produktionszeit des Carrera RS zwischen dem 19. Oktober 1972 und dem 10. Juli 1973 führte Porsche immerhin 58 Änderungen im Detail durch – auch, weil andere Zulieferer zum Zuge kamen.
Mit dem gelben Exemplar macht AUTOart ein nicht außergewöhnliches Exemplar. Zwei Gelbtöne gehörten 1973 zur Porsche-Farbpalette und standen somit dem Carrera RS zur Verfügung, Signalgelb 115 und Hellgelb 117, kombinierbar mit bunten Donauwellen und somit bunten Felgen, aber auch mit schwarzen Donauwellen und dann serienmäßigen Füchsen (die waren damals mattschwarz mit polierten Flächen und glänzendem Rand, und genau so war stets auch das Reserverad im Carrera gehalten, unabhängig von der Lackierung seiner vier Füße). Es ist ein Carrera RS in Sportversion (also nicht Touring-, aber auch nicht Rennsportversion). Davon wurden 272 Exemplare gebaut: hintere Stoßstange aus Kunststoff, schwarze Klebestreifen statt Gummiauflage auf den Stoßstangen, kein Türschwellerchrom, innen Schalensitze, Türen kaum garniert, keine hinteren Sitze, Innenraum im hinteren Bereich unverkleidet, kein Handschuhfachdeckel, keine Zeituhr (letztere findet sich allerdings im Modell). AUTOart entschied sich für den Farbton Hellgelb 117, die Donauwellen, der geklebte „Porsche“-Schriftzug auf dem Heckdeckel und die Felgen in Grün. Im gleichen Grün sind leider auch die Klebestreifen auf den Stoßstangen. Sie müssten einheitlich schwarz sein (ein dämlicher Recherchefehler seitens AUTOart, so etwas muss wirklich nicht sein!).
So „gewöhnlich“ der gelbe AUTOart-Carrera also ist, so ungewöhnliche gelbe Fahrzeuge gab es unter den 1580 Porsche Carrera RS 2.7 (plus circa zehn Prototypen). Sie sind alle dokumentiert: neun hellgelbe Wagen mit schwarzen Seitenmarkierungen und ebensolchen Felgen, acht davon mit Spezialgetriebe, einer mit 120-Liter-Tank. Zwei Exemplare wurden nicht in Hellgelb 117, sondern in Signalgelb 114 lackiert, ein Carrera RS erhielt die Fiat-Farbe Orientgelb, und auch diese trugen die Donauwellen in Schwarz. Letztlich gab es, wie immer bei Porsche, nichts, was es nicht gab. Natürlich waren aber die meisten Carrera RS Grandprixweiß und trugen die Donauwellen und Felgen zumeist in Rot, Blau oder Grün, selten in Schwarz. Und diese Besonderheiten, hier nur an der Farbe Gelb ausgeführt, ziehen sich durch das komplette Lackspektrum. Somit hat AUTOart eine immense Auswahl an Variationen.
Das Modell selbst hat Caramini-online bereits zwei Mal präsentiert, den Gulfblauen am 1. Juni und das Filmauto aus The Circuit Wolf am 1. Mai 2025. Dem ist nichts hinzuzufügen – ein phantastisch gemachtes Modell, all open, lenkbar, äußerst begehrenswert. Minichamps hatte in der Vergangenheit ebenfalls einen Carrera RS 2.7, auch all open, jedoch aus Zinkdruckguss. Diese beiden dürften wohl die besten Vertreter ihres Vorbildes en miniature sein. Das Minichamps-Modell stammt von 2011 und ist nur noch antiquarisch erhältlich. Der AUTOart ist fabrikneu zu haben.
Der Carrera RS als Großmodell von Schuco
Einen Vorläufer im Geiste haben all die 1:18-Carrera RS, die den Sammlermarkt in den vergangenen Jahr(zehnt)en bereicherten, im herrlichen, zeitgenössischen Kunststoff-Spielzeugauto von Schuco in 1:16, 1974 erschienen. Türen zum Öffnen, lenkbar, die batteriebetriebenen Versionen sogar mit einer Hupe, wenn man auf die Lenkradprallplatte drückt. Das war Spielzeug vom Feinsten, die Karosserien nicht nur aus durchgefärbtem, sondern aus lackiertem Kunststoff (letztlich die heutige AUTOart-Machart). Beim Rallyemodell, das einen bürzellosen 911 R darstellt und die dickbauchige Karosserie mit dem Carrera RS teilt, ließen sich die Normalreifen gegen Spikereifen tauschen, die Räder mit Zentralmutter, beigelegtes Werkzeug plus ein Wagenheber.
Formal und konstruktiv waren die Schuco-Spielzeugautos der damaligen Zeit nahezu konkurrenzlos gut. Das resultierte in einem hohen Preis. Schuco-Modelle waren geeignete Weihnachtsgeschenke, aber alleine davon konnte Schuco nicht leben. Die billigen Funktionsspielzeugautos aus Hongkong waren es, welche die Eltern im Alltag ihren Kindern kauften, aber nicht die schönen Schuco-Modelle. Der Sohn eines der beiden Firmengründer, Werner Müller, führte Schuco ab 1958 als Alleininhaber. Doch die Genialität und Geschäftstüchtigkeit seines Vaters lag ihm nicht im Blut. Dafür hatte er zunehmend Drogen im Blut und führte Schuco 1976 in die Pleite. Der Konkursverwalter veräußerte diverse Formwerkzeuge an unterschiedliche, meist ausländische Spielzeugfirmen (beispielsweise an Rei in Brasilien oder Mehanotehnika in Jugoslawien, auch an Nutz in Deutschland). Was übrig blieb, übernahm 1977 billig die britische Dunbee-Combex-Marx-Gruppe (DCM), der auch Dinky Toys gehörte.
DCM seinerseits geriet 1980 in Konkurs und der Traditionsname Schuco kam wieder in deutsche Hände: Die Unternehmerfamilie Mangold (Gama-Spielzeugautos und Trix-Modellbahnen) erwarb die Namensrechte. Weil Mangold zurecht realisierte, dass der Name „Schuco“ einen weit besseren Klang und ein höheres Renommee als die eigene Marke „Gama“ hat, verwendete Mangold ab 1993 für seine Miniaturautos den Namen „Schuco“. Das heißt, die heutige Firma Schuco hat mit der originalen, 1976 Bankrott gegangenen Firma nur den Markennamen gemein. Sie steht nicht in deren Tradition – auch wenn sie das jahrzehntelang gebetsmühlenartig betont hat und bis heute gut von diesem Narrativ lebt -, sondern in jener von Gama.
Der schöne Elfer in 1:16 erschien nie unter einem anderen Label und kann auch nie eine Wiederauflage erleben. Denn Schuco baute die Formwerkzeuge noch zu eigenen Lebzeiten um und kreierte aus dem Carrera RS einen super breiten, wild bespoilerten und beflügelten Carrera RSR Turbo. Dessen Werkzeugformen wiederum emigrierten nach Jugoslawien zu Mehanotehnika. Dummerweise allerdings gingen beim Export auf den Balkan die Werkzeuge für die korrekten Räder verloren, und so musste Mehanotehnika seinen Porsche mit Mercedes-Barock-Alus ausstatten. Etwas anderes stand offenbar nicht zur Verfügung.
afs





Modellfotos: Hans-Joachim Gilbert


Modellfotos: bat
Steckbrief:
AUTOart 78033 Porsche 911 Carrera RS 2.7 1973 hellgelb. Fertigmodell Kunststoff, Maßstab 1:18. UVP 244,95 Euro.