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News 1:18 AUTOart Porsche 911 Carrera RS 2.7

An dieser Ikone kann man sich nicht sattsehen

Wohl dem, der seinen aufgehoben hat. Weh dem, der sich heute einen kaufen will. Der Porsche 911 Carrera RS 2.7, der mit dem Entenbürzel, ist heute ein richtig teurer aber ungemein edler Modeoldtimer. Vor vielen Jahren hatte ihn AUTOart als Metallmodell im Programm. Jetzt neu konstruiert, wesentlich feiner gestaltet, aus Kunststoff.

Optisch ist es der Entenbürzel und die Kriegsbemalung, die den 911 Carrera RS 2.7 vom serienmäßigen 911 S unterscheidet. Aber technisch liegen Welten zwischen beiden. Und der Carrera RS nahm bereits etliche Attribute der späteren G-Serie voraus. 500 Stück sollten gebaut werden, um ihn in der GT-Sportwagenklasse für den Rennsport zu homologieren. Letztlich wurden es 1580 Exemplare zwischen 19. Oktober 1972 und 10. Juli 1973, denn die Nachfrage war riesig. Porsche hätte noch mehr verkaufen können. Das lag auch am Preis. Porsche verlangte gerade mal 2500 D-Mark mehr für den Carrera RS 2.7 als für einen serienmäßigen 911 S. Warum? Weil Porsche möglichst rasch die anvisierte Stückzahl an den Mann bringen wollte, um die formellen Voraussetzungen für die Teilnahme am Motorsport zu erfüllen.

So leicht wie möglich sollte der Carrera RS sein, und so verwendete Porsche überall dort, wo es konstruktiv vertretbar war, ein dünneres Karosserieblech als üblich. Selbst die Scheiben bestanden aus speziellem Dünnglas der belgischen Firma Glaverbel. Die hintere Haube mit dem integrierten Spoiler, den das Völkchen alsbald „Entenbürzel“ taufte, war aus Kunststoff. Die einteilige Frontschürze trägt ebenfalls einen formintegrierten Spoiler, für damalige Verhältnisse ziemlich tief herab gezogen. Diese beiden aerodynamischen Hilfsmittel verleihen dem Carrera RS eine satte Straßenhaftung. Die hinteren Kotflügel sind bauchiger als beim 911 S, sie müssen besonders breite Schlappen beschützen.

Porsche unterschied im Verkauf zwischen dem Carrera RS in Sport-, Touring- und in Rennsportversion. Zunächst wurde jedes Auto „ohne alles“ gebaut und auf der Stuttgarter Stadtwaage gewogen, damit auch wirklich jeder Wagen zur Homologationsanzahl beitrug. Anschließend konnte der Kunde das Auto via M471 zur Sportversion oder mit M472 zur Touring-Version ausbauen lassen, die Rennsportversion war der abgeleitete RSR 2.8. Die Sportversion (272 Mal gebaut und Vorbild der AUTOart-Interpretation) ist noch konsequenter auf Gewichtsersparnis ausgelegt als das Touring-Modell (1308 Exemplare). Bei ihr ist sogar die hintere Stoßstange aus Kunststoff, und Klebestreifen ersetzen hinten und vorne die Gummi-Stoßleisten. Zudem verzichtet die Sportversion auf den Türschwellerchrom à la 911 S. Innen orientiert sich die Touring-Version am 911 S, die Innenausstattung des Sportmodells ist Marke Spartakus: Schalensitze, nahezu keine Garnitur für die Türverkleidungen (keine Armlehne, nur Zuziehgriff und Fensterkurbel), keine hinteren Sitze, keine hintere Innenraumverkleidung – nicht mal ein Deckel für das Handschuhfach, und die Uhrzeit erfährt der Pilot auch nur durch seine Armbanduhr. Dieses leichte und nackte Modell kostete 34.000 D-Mark, die komfortabler ausgestattete Touring-Version kam auf 36.500 D-Mark. Der Arbeitsauftrag „Umbau Rennauto“ kam auf 25.000 D-Mark und machte aus dem Carrera RS 2.7 den Carrera RSR 2.8 mit 2,8 Litern Hubraum und 300 PS.

Anatole Lapine entwarf die Donauwellen

Präsentiert wurde der Porsche Carrera RS 2.7 auf dem Pariser Salon im Oktober 1972 und war eine ziemliche Sensation. Sein charakteristischer  seitlicher Schriftzug, den die Enthusiasten mit Donauwellen vergleichen und der von Anatole Lapine gestylt wurde, sah bei den Vorserienmodellen anders aus als bei den Serienfahrzeugen (besonders diskrete Kunden konnten ihn abbestellen, ebenso wie den Bürzel). Er war bei allen „farbigen“ Autos schwarz, ebenso wie die Fuchs-Felgen, bei denen nur der Felgenkranz poliert war. Doch die weißen Porsche Carrera RS 2.7 trugen veritable Farbenspiele. Grand-Prix-Weiß, so das Porsche-Designstudio, korrespondiert am besten mit knalliger Farbe, mit Rotorange, Blau und knalligem Grün. Passend zur Farbe der Schriftzüge präsentierten sich die Fuchs-Felgen in Rotorange, Blau oder knalligem Grün. Die hinteren Räder sind breiter als die vorderen. Das kannte man aus dem Rennsport. Bei einem straßentauglichen, zulassungsfähigen Serienwagen war das bislang unerhört. Die vorderen 15-Zöller entsprechen dem 911 S mit 185/70-VR-15-Reifen; hinten montierte Porsche 7J-x-15-Räder mit Reifen der Größe 215/60 VR 15. Das waren die damals breitesten produzierten Reifen überhaupt! Das Fahrwerk, prinzipiell identisch zum 911 S mit Bilstein-Dämpfern und Stabilisatoren, wurde noch sportlicher abgestimmt.

Der Hubraum beträgt 2687 cm³ statt 2,4 Litern. Zwar sind Kurbelwelle, Pleuel, Verdichtung und Steuerzeiten identisch zum 911 S, aber neue Alu-Zylinder mit 90 mm Bohrung sorgen für mehr Hubraum, 20 PS mehr Leistung und ein deutlich höheres Drehmoment. Die oberen beiden Gänge der aus dem 911 S bekannten Fünfgang-Box sind kürzer übersetzt, sogar der Schalthebel ist modifiziert. Die meisten Carrera RS tragen einen Getriebeölkühler. In seiner Sportversion eroberte der Carrera RS 2.7 den Superlativ als Deutschlands schnellstes Serienfahrzeug, 5,8 Sekunden für den klassischen Sprint auf Tempo 100, 245 km/h Höchstgeschwindigkeit. Der 2,7-Liter-Motor sollte zum Basisaggregat der G-Serie für alle Neunelfer werden.

Der Porsche 911 Carrera RS 2.7 ist heute unter Sammlern der begehrteste Ur-Elfer. Im Mai 2022 wurde von Sotheby’s in Monaco ein Exemplar für 1,2875 Millionen Euro versteigert, Erstbesitz, gelber Erstlack, Sport-Version. Das ist ein herausragender Preis. Aber eine halbe Million Euro muss man für einen Carrera RS 2.7 schon hinlegen. Die Echten sind in der Szene bekannt, von den 1580 gebauten existieren noch rund 450 Exemplare. Natürlich gibt es viel mehr davon, umlackierte 911 S. Das ist eine unschöne Begleiterscheinung bei hochpreisigen Automobilen. Dank der „Nachbauten“ gehört der Carrera RS zu den wenigen Autos weltweit, von denen mehr als 100 Prozent der Gesamtproduktion bis heute überlebt haben! Aber diese „Halbseidenen“ bedeuten keine Gefahr. Wer einen Porsche 911 Carrera RS 2.7 für einen angemessenen Liebhaberpreis kauft, macht dies nicht ohne Expertise von Porsche und ohne sachkundige Hilfe. Und wer es anders macht, ist selber schuld.

Farbenlehre und Sonderversion für Armbanduhrallergiker

Keine Identifizierungsprobleme bietet der AUTOart-Porsche, die Sport-Version ohne Schwellerchrom, ohne Gummileisten auf den Stoßfängern, aber mit Uhr. Die hat sich wohl jemand nachträglich einbauen lassen, denn der Sport-Carrera trägt serienmäßig keine. Und der Erstbesitzer dachte sich, es muss eine Uhr eingebaut werden, denn er trägt als diagnostizierter Armbanduhrallergiker serienmäßig keine Uhr am Arm. Und er fuhr wohl gerne ohne Schuhe, in Socken. Deshalb gönnte er seinem Auto einen Teppichboden. Sonst stimmt alles perfekt mit dem Vorbild überein. Die lieferbaren AUTOart-Lackierungen: Grandprixweiß mit orangefarbenen Wellen und Felgen (Straßenfahrzeug und Filmauto aus The Circuit Wolf, siehe Caramini-online vom 1. Mai 2025), Gulfblau sowie Viperngrün mit Felgen und Dekor in Schwarz, Grandprixweiß sowie Signalgelb mit Felgen und Dekor in Grün.

AUTOart hat noch etliche Möglichkeiten der Lackierung. Es gab nicht nur die bekannten Töne Weiß, Gulfblau, Viperngrün, Signalgelb und Blutorange, sondern auch Einhornfarben wie Erdbeerrot oder Aubergine mit roten (!) Streifen; generell waren alle Porsche-Serien- oder Sonderfarben möglich. War die Schriftfarbe schwarz, müssen die Felgen schwarz mit poliertem Rand sein. War sie farbig, korrespondierten die Felgen damit, und als Schriftfarbe gab es Rotorange, Blau, Grün, gelb und sogar Weiß. So ganz geklärt ist das alles nicht. Denn bei Porsche war und ist es üblich, etwas allgemein anzubieten, aber auf besonderen und speziellen und dringlichen Wunsch auch Dinge zu realisieren, die jenseits des Angebots liegen. Um AUTOart eine Steilvorlage zu liefern, hier sämtliche Sonderfarben, in denen jemals ein werksseitiger Carrera RS 2.7 ausgeliefert wurde (so viele sind es gar nicht): Apfelgrün, Acryl-Blau-Violett-Diamanteffekt, Ossi-Blau, Ravennagrün, Olympicblau, Türkis, Silbergrünblau-Metallic-Diamanteffekt, Signalgrün, Agablau, Rot-Effektlack, Silberweiß-Metallic-Effektlack, Braun RAL 8014 sowie ein Silbermetallicton aus dem VW-Programm. Das sind also mitnichten ausschließlich Porsche-Farbtöne, die Porsche auf Kundenwunsch verwendete! Und weil sowieso alles möglich war, relativieren wir unsere Aussage, dass ein Carrera RS mit schwarzen Schriftzügen zwangsläufig keine grünen Felgen tragen darf.

Eulen in Athen und Filz im Kofferraum

Der AUTOart-Porsche ist ein Traum! Schon das AUTOart-Diecast-Modell war – für sich alleine gesehen – gut, obgleich es ein paar Schwächen aufwies, vor allem die zu niedrig verlaufende Dachkante. Als dann Minichamps Ende 2011 mit einem besseren Carrera RS auflief, fiel der AUTOart-Diecaster ab. Nun hat AUTOart aufgeholt, eine grandiose Neukonstruktion, ein wahrhaft prächtiges Modellauto ohne jegliche Schwächen. Die Tugenden einer AUTOart-Neukonstruktion zu loben, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Und wir haben schon genügend Eulen dorthin spediert.

Was am all-open-Modell besonders spektakulär ist: die innere Kargheit der Sportversion dieses Ausnahme-Sportwagens, die Absenz jeglichen Luxus’. So ist die Türinnenverkleidung tatsächlich nur eine plane Pappe, lediglich mit einem rudimentären Zuziehgriff und einer Fensterkurbel. Es gibt auch keine hintere Ausstellfenster, AUTOart entschied sich gegen den Luxus – was angesichts eines so teueren Modellautos mutig ist, denn der in der Elfer-Historie weniger Bewanderte könnte es als Defizit ansehen, dass statt der Gummileisten auf den Stoßfängern nur schwarze Linien kleben, selbst das Porsche-Wappen auf der Vorderhaube nur ein Aufkleber ist. Und so ganz zur absoluten Kargheit hat sich AUTOart wohl nicht getraut: Das Modell trägt eine Bodenbeflockung, also einen Teppichboden. Auf den musste derjenige Fahrer zugunsten von Gummimatten verzichten, der für die abgemagerte Sport-Version votierte. Innen hinten (oder: hinten innen) ist der Carrera RS leergeräumt, keine Rücksitzbank, dafür klasse Recaro-Schalensitze mit Gurten. Wie beim Minichamps Carrera 3.2 G-Modell von 1983 entschied sich AUTOart nun auch für einen herausnehmbaren Filz im vorderen Kofferraum und miniaturisiert das Darunter: den Tank, Leitungen und ein Reserverad. Das ist, wie die vier am Auto, eine herrliche Fuchsfelge (mit Ventil!), aber nicht mattschwarz lackiert mit poliertem Felgenrand, sondern mit polierten Sternen. Und dass der 2,7-Liter-Boxer eine Augenweide ist, bedarf keiner Erwähnung (der Eulen wegen), so wenig wie die Typenschilder und sonstigen schriftlichen Ergüsse im Motorraum oder die beschrifteten Reifenflanken. Selten hat uns ein Modellauto so begeistert. Aber das liegt auch an unserer generellen Liebe zum Ur-Elfer (und G-Modell), aus der wir keinen Hehl zu machen vermögen (und wollen).

Zuletzt soll noch die Preisdifferenz zwischen den „normalen“ Carrera RS und dem „Movie Car“ aus The Circuit Wolf erklärt werden. Außer ein paar auf den Frontdeckel aufgedruckten Sternchen und einem Aufkleber an der rechten hinteren Seitenscheibe gibt es keinen Unterschied, und doch ist der „Wolf“ 45 Euro teurer. Zockt AUTOart die Filmautofans ab? Nein. Das liegt schlichtweg am Copyright, an den Lizenzen, die AUTOart zu bezahlen hatte, um das Filmauto umsetzen und die Film-Logos für die Verpackung nutzen zu dürfen – ja, um überhaupt darauf hinweisen zu dürfen, dass dieses Modell aus The Circuit Wolf stammt.

afs

Der Carrera RS gehört zu den ikonographischsten Klassikern schlechthin und ist ein wahrer Titelheld auf Oldtimer-Zeitschriften – vor allem in Weiß mit orangefarbenen Streifen und Felgen. Vielleicht hat man sich deswegen an dieser Farbe etwas sattgesehen. Das Gulfblau gehört zwar zu den typisch bunten 70er-Jahre-Porsche-Farben. Aber es hat auch etwas Babyhaftes, Liebes. Alleine, weil diese beiden Attribute so gar nicht zueinander passen, haben wir uns für Gulfblau entschieden.
Modellfotos: Hans-Joachim Gilbert
Herrliche Details unter der vorderen und hinteren Haube. Hinten sind vor allem die Aufkleber klasse, am Motorraumabschlussblech, aber auch auf dem Lüftergehäuse und an der Zündspule.

Steckbrief:

AUTOart 78032 Porsche 911 Carrera 2.7 RS 1973 Gulfblau. Fertigmodell Kunststoff, Maßstab 1:18. UVP 244,95 Euro.