Die Inkarnation
Ein Hype vor zehn bis zwölf Jahren. Heute hat man sich eventuell ein wenig satt gesehen: LaFerrari, der Ferrari schlechthin, wie Ferrari ihn nennt. Aber noch immer faszinierend schön. Seit 2020 gibt es ihn als all-open-Diecast-Modell von BBR, nun in Neuauflage. Ein grandioses Modellauto in fulminanter Qualität, und obendrein schlichtweg „geil“.
Sein Name charakterisiert ihn als die Inkarnation des Ferrari, als den ferrarischsten aller Ferrari: LaFerrari. Und der Ferrari an sich ist der Inbegriff des Supersportwagens, schon immer. Alle träumen von ihm, anständige und böse Jungs, schrille Neureiche und alter Adel. Mit LaFerrari machte ihnen Ferrari eine besondere Freude: Denn das ist nicht ein Ferrari wie andere auch, sondern der ultimative Ferrari, der Ferrari schlechthin. Wenn Ferrari nicht so restriktiv mit Miniaturautolizenzen wäre, hätte jeder Hersteller, bis hin zur unbekanntesten China-Klitsche, einen LaFerrari im Portfolio. Aber das läuft bei Ferrari nicht. Mehrere hauseigene Anwälte sind ihren Achtstunden-Arbeitstag lang damit beschäftigt, genau das zu verhindern. Einen Ferrari macht, wem Ferrari gewogen ist. Und Ferrari ist dem gewogen, der zahlt. Der bekommt eine Lizenz.
In 1:18 dürfen Bburago und Maisto einen LaFerrari machen, Hot Wheels auch (gab es in Standard-Ausführung mit zu öffnenden Türen und in Elite-Ausführung all open). BBR Blue Moon, Kyosho und MR-Collection brachten Resinemodelle. Darüber hinaus gibt es Resinemodelle von Davis & Giovanni, von SPM und von Ultra Unique, so etwas muss man aus Abu Dhabi oder China oder Japan importieren, und dafür interessieren sich die italienischen Anwälte in ihren eleganten schwarzen Anzügen. Speziell das Davis & Giovanni-Resinemodell aus den Arabischen Emiraten kostet auch so richtig Emirats-Preis, immer vierstellig, manchmal mit einer 1 vorne dran, manchmal mit einer 2. Aber selbst ein gebrauchter Hot Wheels Elite kann an der 200-Euro-Marke kratzen, ein Bburago hingegen kostet weniger als eine Stange Marlboro, aber, je nach Version und Anbieter, auch mehr und ist dann ebenfalls dreistellig. Das war die Marktlage, bevor BBR mit seinen Diecastern kam. Sie war halbwegs ausgewogen, aber nicht zufrieden stellend, denn der Sammler mit gehobenem Anspruch und Lust auf einen Diecast-LaFerrari ging leer aus. Die BBR-Diecast-Serie schließt die Lücke zwischen künstlich gepushter Massenware und teuren sealed-Resinern. BBR-Diecast ist High End, dem Vorbild angemessen, der Preis ebenfalls am Vorbild orientiert, überdies lizenziert (BBR ist ein langjähriger Ferrari-Lizenznehmer).
Die Diecast-Modelle von BBR werden in China von Sum’s produziert, ebenso wie Almost Real, Minichamps und Kyosho. 2019/20 entschied sich BBR zu einer all-open-Diecast-Linie, zunächst LaFerrari Coupé, 2023 folgte aperta, eben die von Sum’s produzierte Serie. Davon macht BBR aber wenig Aufhebens. „Made in China“ steht nur sehr klein auf der Verpackung. BBR hat das Image einer italienischen Manufaktur und bemüht sich, dies aufrechtzuerhalten. Die Modelle sind zwar einmalige Auflagen, aber BBR lässt immer wieder mit winzigen Veränderungen nachproduzieren, und aus deren Sicht ist das dann eine ausreichende Differenz für eine erneute Limitierung. Das ist italienisch und das ist divenhaft und das kann sich BBR ebenso erlauben wie es sich Ferrari selbst erlaubt.
Apodiktische Aussage: Ein Ferrari muss rot sein
Nun sind Neuauflagen des BBR Ferrari LaFerrari beim Importeur Minichamps angekommen (das Coupé in rot, rot mit speziellen Sitzen, rotmetallic „Lewis Hamilton“, der offene Wagen in weiß, schwarz, anthrazitmetallic, rot und gelb), weitere sind in der Pipeline (Coupé in mattschwarz, schwarzmetallic, rot-mattschwarzer Prototyp, weiß/blau). Interessanterweise sind die offenen LaFerrari 40 Euro günstiger als die Coupés. Wir haben uns einen LaFerrari als Coupé in der klassischsten aller Farben ausgesucht, Rosso Corsa 322 mit schwarzem Dach und roten Bremssätteln hinter silbernen Felgen. Das ist eher konservativ und eher gefällig als auffällig. Ein Supercar ist an sich extrovertiert genug, es muss sich nicht durch eine „krasse“ Farbe noch wichtiger machen als es ohnehin schon ist. Außerdem muss ein Ferrari rot sein.
Modelle von Sum’s sind High-Ender – selbst wenn der Auftraggeber keine solchen konstruierte und verlangte, sondern „nur“ sealed-Modelle. Die Verarbeitungsgüte und die Lackierung ist stets erste Sahne. Über sich hinaus tritt Sum’s, wenn der Auftraggeber Döner mit allem bestellt und sich an der Sum’s-Eigenmarke Almost Real orientiert. Genau das tut BBR. Der BBR-Ferrari ist in Machart und Güte mit einem Almost-Real-Modell vergleichbar – preislich auch. Das ist eine Miniatur, bei der man in jede Ecke kriechen kann (imaginär gesprochen) und überall nur Schönes entdeckt. Das einzige, was wir vermissen (sofern wir es vermissen), ist eine Federung. Ist ein Ferrari LaFerrari im Original überhaupt gefedert? Die Faszination des Originals überträgt sich zu recht auf das Modell, dessen Konstrukteure die Aura von LaFerrari einfangen; es ist fast eine Form des Respekts, der vom Modell ausgeht und sich auf die Arbeit des Productmanagers überträgt. Wenn beispielsweise die Vorderhaube geöffnet wird, so offenbart sie nicht viel. Aber dieses Wenige ist perfekt: eine versenkt angebrachte Schlossplatte, ein weißer Deckel für irgendeine Flüssigkeitszufuhr, Serviceaufkleber an der geschwärzten Haubeninnenseite und vor allem der freie Blick auf zwei bezaubernd dargestellte Ventilatoren. Auf diesem Niveau setzt sich das Auto fort. Da ist zum Beispiel die hinter der Windschutzscheibe angebrachte Fahrgestellnummer, da sind offene Grills rundum, ein ausfahrbarer Ducktail. Die riesige Heckhaube hält nicht von alleine offen. Das tut sie beim Original auch nicht. Ein dem Modell beiliegender Stab, der manuell entweder auf der rechten oder linken Seite eingesetzt werden kann, hält sie auf. BBR selbst legt großen Wert auf die ingeniöse Konstruktion der unsichtbaren Haubenscharniere. Der Motor ist ein modellbauerisch-ästhetisches Wunderwerk, und die vielen orangefarbenen Kabel, die sich dem konservativen Betrachter vielleicht nicht erschließen, stellen die Hybridtechnik dar. BBR-Diecast aka Sum’s bietet viel LaFerrari für viel Geld (wobei die Minichamps-UVP sogar günstiger ist als der Preis im offiziellen BBR-Onlinestore). Und welche Veränderung des roten Coupés mit dem schwarzen Dach, den roten Bremszangen und den silbernen Felgen (das gab’s doch schon längst!) rechtfertigt nun die neue Seriennummer? Wir mussten suchen, doch wer sucht, der findet: Das Neue an genau dieser Version sind die roten Vierpunkt-Sicherheitsgurte!
Eine Droge. Nichts anderes
Ist es nötig, über das Original ein paar Zeilen zu verlieren? Wohl kaum. Wer LaFerrari anhimmelt, weiß mehr darüber, als wir in einem Absatz erzählen können. Deshalb stichpunktartig, ohne Punkt und mit vielen Kommas: Projektname Ferrari F150, Nachfolger des Ferrari Enzo und Vorgänger des F80, Baujahre 2013 bis 2016 (Coupé) sowie 2016 bis 2018 (Aperta = Spider), Design im Ferrari Styling Center unter Flavio Manzoni, Produktion in Maranello insgesamt 499 Exemplare, darunter 210 Aperta, Preis jeweils 1,2 Millionen Euro (der letzte LaFerrari wurde 2017 für wohltätige Zwecke für 10 Millionen Dollar versteigert), der erste Vollhybrid von Ferrari: 6,3-Liter-V12-Mittelmotor mit 800 Saug-PS plus 163 Elektro-PS, 2,6 Sekunden nullhundert, 21,2 Sekunden nulldreihundert, 350 km/h Topspeed.
Wessen Körper, Geist und Seele auf LaFerrari reagiert, wem das Phänomen Ferrari eine tiefe Nadel in die Vene stößt und eine Überdosis Faszination erzeugt, der kennt diese Fakten auswendig und der braucht LaFerrari von BBR. Und derjenige, auf den dies alles nicht zutrifft, hat den Text ohnehin nicht gelesen. Falls doch, Tipp für ihn: Präsentation von Daf-Modellen in Caramini-online vom 22. Dezember 2024. Auch durchaus lesenswert…!
afs




Modellfotos: bat



Steckbrief:
BBR 182221-9 Ferrari LaFerrari 2013. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP des Importeurs Minichamps 439,95 Euro.