Der letzte BMW-V12
Man wusste es. Man trauerte kollektiv in der BMW-Szene. Der V12 muss sterben. 2022 war es so weit. Am Karriereende lancierte BMW ein Sondermodell des Siebeners G70, die Final Edition, nun neu als GT-Spirit-Resiner in 1:18.
Er starb in Etappen. Ende 2020 war Schluss in Europa, die Abgasnormen machten ihm den Garaus. Kurioserweise nicht in den USA, wo die Emissionsbestimmungen traditionell viel rigider sind als in Europa. Dort hatte er zwei Jahre Galgen- oder Gnadenfrist. Die Final Edition gab es in den USA, Japan, den Vereinigten Arabischen Emiraten, vielleicht noch auf anderen Märkten, jeweils in homöopathischen Dosen – jeweils genau zwölf Stück (warum wohl?!). Gefertigt wurden die letzten BMW-V12-Motoren tatsächlich im Juni 2020, und wurden in einen langen M760i xDrive konfektioniert. Das bedeutet einen Siebener mit Allem, dazu besondere Embleme, Räder und Farben sowie Polster von BMW Individual. In jedem Exportland wurde die Auflage durchnummeriert, in die USA gingen deren Zwölf. Das trägt die Final Edition voll Stolz: 20-Zöller im M-Doppelspeichen-Design (Style 760M), eine Plakette mit fortlaufender Seriennummer auf der Mittelkonsole, auf dem Kofferraumdeckel steht nothing but „V12“, und dann ist noch „The Final V12“ sowie „1 of 12“ zu lesen, und zwar auf der Motorabdeckung und auf den Zierleisten am Einstieg. Das ließ sich BMW mit 200.000 Dollar bezahlen, und es gab durchaus lieferbare Extras.
Wahrscheinlich gibt es keine zwei identische Fahrzeuge. Denn der Kunde konnte unter 80 Farben aus dem BMW-Individual-Programm auswählen, auch die Volllederausstattung in Merinoleder ließ viel Farbauswahl, die Alus waren entweder in Window Grey oder Jet Black lackiert, die Bremssättel blau oder weiß. Hier durfte der Kunde also wählen. BMW hingegen wählte die Kunden aus: Infrage kamen nur Herr- oder Damschaften, die bereits mehrere BMW-V12 als Neuwagen erworben hatten. Zusätzlich zum Auto erhielten die Erlauchten eine Schreibtischtrophäe, aus der die Fahrgestellnummer, die Lackierung und die Lederfarbe des eigenen „The Final V12“ hervorgeht.
Der Bayern-V12 blieb hinter dem Stuttgarter Allmächtigen zurück
Allzu lange lebte der BMW-V12 nicht. Geboren wurde er im Sommer 1987 als 5-Liter-Sauger und hörte auf den Namen M70. Eine innovative Konstruktion mit einzelnen, obenliegenden Nockenwellen, zwei Ventilen pro Zylinder (also insgesamt deren 24) und der elektronischen Drive-by-Wire-Drosselklappe. So etwas hatte Mercedes damals nicht zu bieten und der Siebener E32 stach den alternden Mercedes W126 in dessen letzten Jahren aus. Natürlich reagierte Daimler-Benz und brachte den 1991 neuen W140 von Anfang an mit zwölf Töpfen, 408 PS leistete dessen 6-Liter-V12, also ein Liter und über 100 Pferde mehr als im BMW. Das Wettrüsten begann, die nächste 7er-Generation brachte es auf 326 PS aus 5,4 Litern, die übernächste, der E65, auf 445 PS aus 6 Litern. Damals hatten die Stuttgarter bereits einen neu konstruierten V12 im W220, 5,8 Liter mit knackigen 500 PS, die dann auf 517 im W221 und 530 im W222 gesteigert wurden. Im aktuellen W223 ist der V12 auf den Mercedes-Maybach beschränkt und bringt 612 PS. Bei BMW ging es schrittweise auch nach oben: 544 PS im F01 und schließlich und endlich im G11 zwei PS weniger als der Mercedes, nämlich 610 in der USA-Version, die letzten Europäer brachten wegen des Otto-Partikelfilters nur noch 585 PS. Mercedes hatte also in Sachen V12-Leistung die Nase vorn, aber BMW war schneller damit auf dem Markt. Zuletzt kannibalisierte BMW seinen V12 selbst, die Achtzylinder rückten leistungsmäßig immer näher (530 PS im 750Li Facelift). Was aber blieb, war die Aura des Zwölfenders, das erhabene Gefühl, einen der weniger V12 zu fahren.
GT Spirit entschied sich gegen 79 Möglichkeiten
Bei 80 möglichen Farben hatte es GT Spirit nicht leicht, sich für eine zu entscheiden. GT Spirit votierte für Donington Grey Metallic und somit gegen 79 andere Möglichkeiten. Nun ist nicht allgemein bekannt, für welche Außenlacke sich die zwölf US- und die zwölf Japan-Kunden und diejenigen zwölf auf den sonstigen Exportmärkten entschieden (BMW-intern sicherlich schon, und GT Spirit hätte es von BMW womöglich erfahren können). Warum GT Spirit unter den äußerst attraktiven und bunten BMW-Individual-Lacken ausgerechnet das dröge und unauffällig Donington Grey Metallic auswählte, weiß man nur in Josselin. Die Felgen jedenfalls lackierte GT Spirit in Window Grey, was zur grauen Limousine passt, und das knallrote Interieur relativiert die Langeweile der Lackfarbe. Nicht akkurat recherchiert hat GT Spirit in Bezug auf den Heckschriftzug. Der sieht aus wie beim Serienfahrzeug, nämlich links „xDrive“ und rechts „M760Li“. Die Final Edition hatte allerdings nur einen fetten „V12“-Schriftzug auf dem Kofferraumdeckel, sonst nichts. Genug gemosert! Das Modell ist eindrucksvoll, macht gewaltig etwas her und ist sehr schön gemacht. Formal passt alles, die Machart ist markentypisch und das tomatenrote Interieur offenbart all seine Geheimnisse, nämlich den absoluten Detailreichtum, die korrekte Leder-Oberflächenstruktur, die rot-schwarze Zweifarbigkeit. GT Spirit wählte blaue Bremszangen aus, was aber hinreichend diskret wirkt und zur Außenanmutung passt, schön ziseliert sind die Style 760M-Felgen, dahinter blinkende Bremsscheiben. Recht nett für die Siebener-Freunde ist, dass GT Spirit in Zeiten, da der Minichamps-G70 das Geschehen beherrscht, an den Vorgänger erinnert und dessen Final Edition in Würde ergrauen lässt
afs




Modellfotos: bat


Steckbrief:
GT Spirit GT478 BMW M760i xDrive V12 (G11) Final Edition 2022 graumetallic. Fertigmodell Resine, Maßstab 1:18. Auflage 999 Exemplare. Preis ca. 110 Euro.