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News 1:18 Keng Fai Toyota Land Cruiser 80 (J8) 1995

Reihenschluss

Ein großer Toyota Land Cruiser Station Wagon, die Generation J8 aus den 90er Jahren, kommt von Keng Fai aus China und wird von NZG in Nürnberg importiert. Das aktuelle Modell trägt eine Cross-Country-Ausstattung, ist also ein Tourengänger. Ein wundervoll gemachtes Modell mit vielen und liebevollen Details, absolute Modellauto-Oberklasse. Bis Keng Fai aber bis in die höchsten Kreise aufschließt, ist noch etwas Feinarbeit notwendig.

Die Reihen zu schließen, das klingt militärisch und ist es auch: Es wird eine soldatische Reihe mit direktem Kontakt zueinander geschlossen. Zu einem Geländewagen passt dieser Duktus, seine Ahnen sind Kämpfer. Zivile Geländewagen entstanden aus militärischen Geländewagen. Auch der Toyota Land Cruiser wurde, noch nicht unter seinem einprägsamen Namen, 1951 für die japanische Armee entwickelt. Wir meinen den Begriff des Reihenschlusses aber primär sammlungstechnisch. Die Reihe der großen Toyota Land Cruiser Station Wagon im 1:18-Premiumsegment schließt sich durch die Generation J8 von Keng Fai.

Ewig lange gab es nahezu keine Land Cruiser in 1:18. Selbst AUTOart, in seiner Anfangszeit vor 35 Jahren auf damals moderne Offroader spezialisiert, machte keinen. Erst 2021 entdeckte Kyosho das Thema für sich, beginnend mit dem 1972er J4 als Pickup (der bald als kurzer Station Wagon kommen soll), dann der J6 Station Wagon von 1981, schließlich der allererste Toyota-Geländewagen, der Land-Cruiser-Ahn, von 1951. Diesem Trio folgte Almost Real 2023 mit dem Land Cruiser J7, seit 1984 gebaut. Nach J6 von Kyosho und J7 von Almost Real folgt nun also der J8 von Keng Fai. Die Reihen schließen sich, die langen Station Wagon decken zusammen die Zeitspanne 1981 bis 1997 ab – mithin also die Zeit, die für heutige Modellautosammler die wichtigste ist, die überschaubarste, die selbst erlebte, diejenige, in der man die Autos noch alle kannte, die auf der Straße fuhren. Die bisher existenten Modelle des Land Cruiser J8 Station Wagon sind entweder aus Resine und somit nicht in diese Reihe der Diecast-High-Ender passend (Ottomobile) oder sie sind der Kategorie „Billig-Achtzehner“, ja fast schon Spielzeug, zuzurechen (Yatming Road Legends). Die dem J8 folgenden beiden Typen J9 und J10, welche die Jahrtausendwende miterlebten, sind noch kein Klassiker, sie sind Gebrauchtwagen.

NZG bringt Keng-Fai-Modelle nach Europa

Das Modell kommt von Keng Fai. Vieles kommt von Keng Fai, ohne dass die meisten Sammler dies wissen. Alle NZG-Modelle, auch die traditionellen Baumaschinen in 1:50, werden dort produziert. Schuco ließ seine Diecast-18er bei Keng Fai herstellen, Renault seine Dacia-Industriemodelle in 1:43 (von denen alle Welt lange dachte, es seien Eligor-Modelle). Dann gibt es noch eine Serie moderner 1:50-Lastwagen aus den Niederlanden, hauptsächlich Speditionsmodelle à la Tekno oder WSI. Der Hersteller heißt Cavallino, ist in den Niederlanden beheimatet und lässt seine Modelle ebenfalls bei Keng Fai fertigen. Zurück geht Cavallino auf den Spielzeughersteller Adriano Bertuletti im italienischen Bergamo, 1959 gegründet. Seit 2022 gibt es die Cavallino-1:50-Trucks, angekündigt für Ende 2024 ist eine Scania S Highline-Zugmaschine in 1:18, ebenfalls von Keng Fai hergestellt.

Gegründet wurde Keng Fai im Jahre 1991 in der chinesischen Stadt Dong Guan. Wer die Homepage sucht, wird mit dem Suchbegriff „Keng Fai“ nicht fündig, sehr wohl aber unter www.kiloworksmodel.com. Kilo Works ist neben Keng Fai selbst ein weiterer Markenname, den Keng Fai für seine eigenen Fachhandelsmodelle nutzt, die allerdings vorwiegend in Asien vertrieben werden. Die Beziehung zwischen NZG und Keng Fai sorgt dafür, dass heute Keng-Fai-Modelle auch via NZG in Europa angeboten werden (www.nzg.de). Für etwas Verwirrung mag sorgen, dass manche NZG-Modelle in Asien als Keng-Fai-Modelle verkauft werden und einen anderen Detaillierungsgrad aufweisen (z.B. der Mercedes-AMG GT63 C192). Der Toyota Land Cruiser J8 gehört zu jenen, die nicht unter Kilo Works, sondern unter Keng Fai vertrieben und von NZG importiert werden.

1,4 Kilo feine Modellbaukunst

Wie und wo ist der Keng-Fai Toyota im Ranking einzuordnen? Es ist ein Oberklassemodell, spielt aber nicht in der höchsten Liga, ist nicht auf AUTOart- oder Almost-Real-Niveau, aber nahe daran. Als serienmäßiger J8 Station Wagon ist der Toyota bei Keng-Fai 2020 erschienen, seit 2022 gibt es ihn auch als Cross-Country-Version mit Off-Road-Zusatzteilen in den drei Farben Pearl Black, Pearl White und Pearl Green, rund 30 Euro teurer als das Grundmodell. In Schwarz und Weiß wird der gepimpte Toyota nun von NZG in Europa angeboten, Preis 230 Euro. Die funktionierenden Zusatzteile, die ihn zur Cross-Country-Version adeln, hat sich Keng Fai offenbar von Almost Real abgeschaut. Dort werden Geländewagen-Grundmodelle auch mit derartigen Zusatzteilen variiert. Der Toyota trägt einen Kunststoff-Gepäckträger, auf den eine abnehmbare Gepäckbox geklipst werden kann. Sie ist mit einer einklappbaren und beweglichen Leiter versehen, damit der Fahrer überhaupt das Dachgeschoss erreicht. Vorne glänzt der J8 durch eine Bullbar mit zwei vergitterten Zusatzscheinwerfern im Chromrahmen und einer Seilwinde mit Schnur auf Haspel, funktionsfähig. Hinten besteht das Offroad-Paket aus einem außen liegenden Reserverad auf wegklappbarem Halter, dazu kommt ein erhöhter Luftansauger, also ein Schnorchel, der den Wagen watfähig macht (der Motor darf kein Wasser ansaugen, das ruiniert ihn auf der Stelle). Viel Mühe gab sich Keng-Fai beim unsichtbaren Tuning, also unten – mithin sichtbar, aber eben nur, wenn das Auto auf dem Dach liegt und alle Viere von sich streckt. Er steht höher auf den Rädern als die Serienversion, hat ein phantastisch gestaltetes und obendrein funktionierendes (also: gefedertes) Fahrwerk. Es dürfte es sich um ein OME-Fahrwerk (= Old Man Emu, ledendärer, australischer Geländewagenausrüster) handeln, und ganz klasse ist, dass Keng Fai die Einzelteile farblich hervorhebt. Sogar die Federn sind rot, wodurch sie natürlich ins Auge stechen und man sehen kann: Dieses Modell federt tatsächlich an Schraubenfedern. Ebenfalls unten und rot sind die seitlichen Schutzrohre, die das Chassis schützen, den Einsteigenden als Trittbrett dienen und höllisch gut aussehen. Zusätzliche Unterfahrschutze sind blau lackiert, ein wenig Gelb findet sich auch. Darüber hinaus ist der Unterboden ein Ausbund an Detailgenauigkeit, die Abgasanlage mit einer kupferglänzenden Oberfläche versehen. Fast möchte man sagen: almost real sei das, aber Almost Real macht alles noch einen Touch mehr „wie in echt“. Und vor allem verwendet Almost Real mehr Metall und weniger Kunststoff zur Umsetzung der Details.

Die Verio-Felgen mit beschrifteten Reifenflanken sehen gut aus, entsprechen dem Vorbild, sind aber nicht ganz so exakt geführt wie bei AUTOart oder Almost Real – diese Dinge sind es, weswegen wir dem Keng-Fai-Modell bescheinigen, zwar Oberklasse, aber nicht höchste Klasse zu sein. Auch der Innenraum ist prima gemacht, vom Dachhimmel bis zum Teppichboden. Das Schiebedach lässt sich zurückschieben (es wieder zu schließen ist hingegen eine fummelige Angelegenheit), die Vordersitze können je nach Körpermaß eingestellt werden, und ein wahrlich hübsches und überraschendes Detail ist die zu öffnende Tankklappe. Die Haubenlifter sind sehr fein ausgeführt und sie halten das Gewicht der Metallteile. Die Heckklappe ist horizontal zweigeteilt (was das Keng-Fai-Modell als Land Cruiser J8 nach dem 1995er Facelift identifiziert); der Kofferraum ist ebenso beflockt wie die Innenseite der unteren Heckklappe.

Unter der Motorhaube findet sich ein separat eingesetzter Motorblock, sehr fein gearbeitet und mit belebenden farblichen Klecksen versehen, dazu Wartungsaufkleber und Typenschild als Druckwerke, ein paar Kabel – insgesamt macht es Freude, die Vorderhaube zu öffnen und den 4,5-Liter-Reihensechszylinder zu bewundern. Beim Schließen muss man aber aufmerksam sein und die Bullbar um einen Millimeter nach vorne drücken, weil die Haube sonst mit deren Auswüchsen kollidiert. Ganz klasse gemacht ist das Toyota-Emblem, das stolz und aufrecht auf der Haube thront und sich mit Goldlack wichtig macht. Lackierung und Dekoration der Karosserie sind einwandfrei, Türen und Hauben schließen bündig und satt, nahezu keine Spaltmaße, der Chrom glänzt schön, es gibt keine farblichen Unterschiede zwischen lackierten Metall- und Kunststoffteilen.

Keng Fai liefert 1,4 Kilo feiner Modellbaukunst. In Details ist noch Luft nach oben, um zu den Oberklasse-Platzhirschen aufzuschließen, allerdings kostet das Modell auch weniger als sie. Und die Unterschiede manifestieren sich nur im direkten Bergleich. Diesen Keng-Fai-Toyota kann man besten Gewissens neben die Geländewagen von Kyosho, Almost Real oder AUTOart stellen, er passt gut dazu. Haben wir uns über etwas geärgert? Oh ja, und wie! Die Hinterlassenschaften der Schutzaufkleber, welche als Transportsicherung der Motorhaube dienen. Den beiden matten Stellen auf der Haube rückten wir zunächst mit Verdünnung zu Leibe in der Hoffnung, es handle sich nur um Kleberückstände. Half nichts. Also Autopolitur. Es wäre schon schlimm genug, wenn man ein fabrikneues Modell mit Politur behandeln müsste, um Transportsicherungsrückstände zu entfernen. Aber es kam noch schlimmer: Auch von Autopolitur („für verwitterte Lacke“ steht explizit auf der Verpackung!) richtete nichts aus. Wir müssen mit diesen Rückständen leben, die glücklicherweise nur bei bestimmtem Lichteinfall zu sehen sind. Aber daran sollte Keng Fai dringend arbeiten. Versöhnlich stimmt uns, dass die Styropor-Box, die das Modell auf der Reise von Dong Guan nach Europa schützt, ohne lästige Schrauben auskommt, was Aus- und Einpacken gewaltig beschleunigt und erleichtert. Ein Beipackzettelchen in der Schachtel erschloss sich uns mangels Sprachkenntnisse in Mandarin nicht. Da wäre zumindest eine englische Übersetzung schön. Nur das Wort „Warning“ konnten wir lesen, und einen Stempel mit einem Datum interpretieren wir als Datum der Fertigstellung oder der Qualitätskontrolle des Modells. Von einer irgendwie gearteten Limitierung lesen wir nichts. Also wahrscheinlich nicht limitierte Auflage.

Liebling der Diebe

Mit der Generation J8, welche die 90er Jahre prägte, wurde der Toyota Land Cruiser endgültig zum Luxus-Geländewagen nach US-amerikanischem Vorbild – ohne dass darunter seine sprichwörtliche Offroad-Fähigkeit litt. Aber im Normalfall wurde ein teures Fahrzeug wie ein J8 nur auf Asphalt bewegt, allenfalls zur Ausübung des Outdoor-Hobbys auf Feldwegen oder als Zugfahrzeug für schwere Lasten. Immerhin kostete ein Land Cruiser J8 ohne Extras 1990 in Deutschland satte 62.210 D-Mark und bewegte sich damit auf dem Niveau eines Mercedes 260 SE W126 oder eines 230 GE. Als echten Worker behielt Toyota die Vorgängergeneration J7 im Programm, die für spezielle Zielgruppen (vor allem die Organisation „United Nations“) bis heute gebaut wird – und die es von Almost Real als Edel-Achtzehner gibt.

Zu seiner aktiven Zeit in den 90ern brachte es der J8 zu der zweifelhaften Auszeichnung, seinerzeit das am häufigsten gestohlene Auto Deutschlands zu sein – was einen signifikanten Bestandsschwund mit sich führte, der bis heute zu spüren ist: Obgleich nicht alt, ist der Land Cruiser J8 in Deutschland ein recht seltenes Fahrzeug. Übrigens wissen Kasko-Versicherer, dass ein Land Cruiser bis heute bei Dieben sehr begehrt ist, und die Eigentümer klagen über gewaltig hohe Kasko-Prämien.

Gut für eine halbe Million Kilometer war der 4,5-Liter-24V-Benziner mit 205 PS ab 1994, zuvor 4-Liter-Reihensechszylinder mit 152 PS. Der für den J8 neu entwickelte 4,2-Liter-Turbodiesel-Direkteinspritzer brachte es auf 167 Pferde. Produktion 1990 bis 1998 (Design: Kitano Kizo), vergrößerte Bremsanlage ab August 1992, ab Januar 1995 modifizierte Motoren, leichtes Facelift, horizontal geteilte Heckklappe (das Keng-Fai-Modell), Produktion bis 1997 (in Venezuela bis 2007). Der Nachfolger J10 wurde als Land Cruiser 100 vermarktet. Alle in Europa und den USA verkaufte J8 hatten permanenten Allradantrieb. Ab 1996 wurde in den USA aus dem Land Cruiser J8 der Lexus LX 450, noch luxuriöser, noch teurer. Ein Land Cruiser J8 zählt bis heute zu den solidesten und zuverlässigsten Fahrzeuge aller Zeiten, außer einem Mercedes Geländewagen hält kaum ein Offroader so lange. Obgleich rund 30 Jahre alt, wird er heute noch gerne als Offroad-Reisewagen eingesetzt, immer noch werden die Fahrzeuge entsprechend um- und ausgerüstet (zum Beispiel bei Taubenreuther), inklusive entsprechender Fahrwerke (für höhere Nutzlast, höher gelegt, zumeist von OME), was dann auch andere Felgen und größere Reifen zulässt. Beim „Tunen“ von Geländewagen geht es weniger ums Posen, sondern zumeist tatsächlich um den praktischen Nutzen.

afs

Schwarz mit Farbtupfern und weißen Verio-Geländesportfelgen aus Japan, darauf amerikanische B.F. Goodrich All-Terrain-Reifen mit schönem Profil. Höher gelegt mit EMU-Fahrwerk, dazu einiges Trail- und Tour-Zubehör: Der Land Cruiser J8 von Keng Fai ist gerüstet für die Tour und sieht verteufelt gut aus.
Modellfotos: bat
Amerikanischer Luxus für verwöhntes Publikum, der Toyota ist ein Automatikwagen. Sehr schöne Detaillierung, skalierte Instrumente, kein Piktogramm vergessen, Teppichboden, verschiebbare Vordersitze.
Ein 4,5-Liter-Reihensechszylinder, unkaputtbar, überlebt garantiert die Karosserie, die nicht sonderlich gut gegen Rost geschützt war. Zart gearbeitete Scharniere erhalten Unterstützung von Haubenliftern.
Bullbar mit vergitterten Zusatzscheinwerfern und Seilwinde, goldene Toyota-Zeichen im Grill und auf der Haube.
Mit Teppichboden ausgelegter Laderaum, auch die Innenseite der unteren Heckklappe, Verzurrösen auf dem Kofferraumboden, wegklappbares Reserverad. Gut gemachte Scharniere und Haubenlifter.
Ganz feiner Bauch: Kastenrahmen mit Traversen, zwei Starrachsen mit Längslenkern und Panhardstab, permanenter Allradantrieb dank zentralem Differenzial, manuell sperrbar, Reduktionsgetriebe, zwei Kardanwellen nach hinten und vorne. Und Farbe!
Hinterachse mit funktionierender roter Schraubenfeder, gut zu sehen ist der Stoßdämpfer und der Längslenker.
Wer sich anno 1990 einen Toyota Land Cruiser J8 kaufte, hätte für das gleiche Geld auch einen Mercedes 230 GE bekommen. Dann aber nur 2,3-Liter-Vierzylinder statt 4,5-Liter-Sechszylinder. Oder eine Mercedes S-Klasse. Aber die stand ohnehin bereits in der Garage. Dorthin sollte auch der Land Cruiser. Denn stand er auf der Straße, war er ratzfatz in Diebeshand auf dem Weg gen Osten. In Russland gibt es heute noch auffallend viele J8.
Foto: Toyota Deutschland/Archiv afs

Steckbrief:

Keng Fai VAKF-0325 Toyota Land Cruiser 80 (J8) VX-R 1995 in Cross-Country-Version schwarz und VAKF-0324 dito weiß. Fertigmodelle Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP des Importeurs NZG je 230 Euro.