Von Meißen, Meissen und Meisen
Norev macht S/T. Das Porsche-Sondermodell feiert den Sechzigsten des Elfers und kombiniert erstmals die GT3 RS-Technik mit Handschaltung. Der Fahrspaß des Originals überträgt sich auf das Modell, das ebenfalls viel Spaß macht. Es basiert natürlich auf dem GT3, aber Norev legte in Sachen Detaillierung eine Schippe drauf.
Die Stadt Meißen schreibt sich mit scharfem s, also mit ß, nach wie vor, trotz mehreren Rechtschreibreformen. Das Meissner Porzellan hingegen setzt auf das Doppel-s, der Internationalität wegen. Wer sich bei einem Pastellblau auf „Meißen“ bezieht, so wie Porsche bei seiner Farbbezeichnung, hat weniger den Himmel über der Stadt an der Elbe im Sinne, greift also nicht die Stadt selbst auf, sondern er denkt an die weltweit bekannte Porzellanmanufaktur, und deshalb ist die Schreibweise mit Doppel-s schon sinnvoll – nicht zuletzt ebenfalls wegen der Internationalität, die für Porsche eine Grundvoraussetzung darstellt. Die Paint-to-Sample-Farbe bei Porsche heißt also Meissenblau und nicht Meißenblau. Und mit dem Vögelchen, der Meise, hat das alles gar nüscht zu tun.
Weil Porsche jubelt, muss es ein „Jubiläum“ sein
Nach dem höher gelegten Dakar und dem Sport Classic mit Reminiszenzen an den Carrera RS 2.7 ist der 911 S/T das dritte technisch veränderte Sondermodell auf Basis der Generation 992. Präsentiert im August 2023, limitiert auf 1963 Exemplare (weil 1963 das Geburtsjahr des Elfers ist), gebaut bis Mai 2024, mit 1380 Kilo so leicht wie kein anderer aktueller Elfer. Die Slim-Fast-Diät erfolgte ganzheitlich: keine Hinterachslenkung, spezielle Kupplung, Magnesiumräder, Teppiche mit weniger Substanz, etliche Karosserieteile aus Carbon, auch Carbon-Keramik-Bremsen. Die Technik erbte der S/T vom GT3 RS, jedoch mit Sechsgang-Schaltung anstelle des Siebengang-Doppelkupplungsgetriebes, also ein 4-Liter-Saugmotor mit 525 PS, 300 km/h schnell. Die Produktion des 911 S/T endete im selben Monat Mai 2024, als die Generation 992 ein Facelift erfuhr, der S/T ist also stets ein 992/I. Porsche spricht von einem „puristischen Sondermodell zum 60. Jubiläum des 911“. Aber natürlich handelt es sich nicht um ein Jubiläum – auch wenn Porsche noch so jubelt -, sondern allenfalls um einen Geburtstag.
Nach dem 911 Dakar widmet sich Norev nun dem 911 S/T (den „Tribute to Carrera“ macht Spark), zunächst in Dunkelolivmetallic mit Heritagepaket als Porsche-Industriemodell für 189 Euro, nun in Meissenblau ohne dasselbe für den allgemeinen Fachhandel, spürbare 64 Euro preiswerter. Der Porsche-Mann bei Norev, Ben Schumacher, ging logischer- und konsequenterweise den gleichen Weg wie Porsche: Der S/T wurde aus dem GT 3 RS extrahiert, das Modell hat eine neue Außenhaut (vulgo: Karosserie) erhalten, wesentliche Teile stammen vom GT 3 RS. In einigen Punkten übertrifft der S/T sogar seinen Organspender, so mit separaten Luftleitelementen am vorderen Radausschnitt und mit fotogeätzten Abluftgittern in der Vorderhaube und dem großen vorderen Lufteinlass. Ebenfalls Ätzteile sind die hübschen Logos auf dem Heckgitter (die Jubelplakette sogar mehrfarbig ausgeführt), auch das Porsche-Wappen auf der Vorderhaube ist ätzend. In den neu gestalteten Scheinwerfern findet sich sogar ein weißer „Porsche“-Schriftzug, ebenso auf den schwarzen Bremssätteln hinter den neu entwickelten, typgerechten Zentralmutter-Alus.
Unter der Vorderhaube sieht es bekannt aus, ein beflocktes Kofferräumchen und das rote Warndreieck, die hintere bleibt Porsche-spezifisch zu. Innen ist der S/T auf demselben Niveau wie die Norev-GT3-RS- und Dakar-Modelle, nach wie vor schön sind die bedruckten Türgummis. Schalter, Piktogramme, Logos – alles da, wenngleich lediglich die Mittelbahnen der Recaros (mit Carbon-Rückseite) etwas Farbe ins ansonsten tiefschattige Schwarz bringen. Sowohl die Zuziehschlaufen an den Türen als auch die Gurte sind aus Stoff, der Teppich ist beflockt.
Norev stellt den S/T ziemlich pur dar
Wir haben, wie wir das gerne tun, das Norev-Modell anhand des Porsche-Konfigurators „rekonfiguriert“. So, wie er dasteht, kommt er auf einen Gesamtpreis von 307.600 Euro, trägt also Extras für 15.500 Euro. Das ist in Porsche-Dimensionen nicht allzu viel und belegt, dass der Norev-S/T recht nah am Basismodell ist. Das Meissenblau als Farbe-nach-Wahl frisst den gesamten Posten an Extrapreisen auf. Ansonsten: Serie. Die Magnesium-Schmiederäder sind S/T-spezifisch, innen Schwarz mit Kontrastfarbe GT-Silber. Das ist also wirklich „understated“, Norev bildet den S/T in seiner pursten Form und ohne Ding und Dong und Klim und Bim nach – echt faszinierend! Lustig ist das Kennzeichen. Es ist zwar dem Konfigurator entlehnt, gehört dort aber einem Meissenblauen mit dem auffälligen „Heritage Paket 60 Jahre 911“, das unter anderem die Räder in der Sonderfarbe Ceramica umfasst.
Jetzt müssen wir noch zum Schluss erklären, warum der S/T heißt, wie er heißt. Zum Modelljahr 1967 erschien der legendäre 911 S. Den gab es ab 1969 in einer speziellen Wettbewerbsausführung, und das Heritage-Paket nimmt optische Anleihen genau daran. Im Verkauf hatte die Motorsportversion keinen eigenen Namen, aber Porsche-intern sprach man vom 911 S (ST). Daran knüpfte der aktuelle S/T an: Es ist technisch ein GT3 RS mit der Karosserie des GT3 mit Touring-Paket (also flügellos), ergänzt mit speziellen Leichtbauteilen.
afs/gw




Modellfotos: bat




Foto: Alexander-93
Steckbrief:
Norev 187470 Porsche 911 S/T (Typ 992/I) 2023 Meissenblau. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP 125 Euro.