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News 1:18 Norev Renault Floride 1959

Der französische Karmann Ghia

Eine blonde, charmante Madame um die 30, das Haar mit einem neckischen Kopftüchlein gegen den Fahrtwind geschützt, Mitte der 60er Jahre auf der Küstenstraße zwischen Nizza und Menton, an der französischen Riviera – diese anmutige Vorstellung erfüllt Norev mit der neuen Renault Floride mit Leben.

Auch die Franzosen haben ihren Karmann Ghia, ihren „Sekretärinnen-Porsche“: die Renault Floride, die zur Caravelle wurde. Viele Gemeinsamkeiten mit dem Karmann: Heckmotorkonstruktion, basierend auf einem Großserienautomobil, Spezialkarosserie mit italienischem Charme und Schick, lieferbar als Coupé und Cabriolet, gleiche Preisklasse, ungefähr gleicher Produktionsbeginn. Viele Gemeinsamkeiten haben die beiden! Ein Auto für Damen: Damen, die es sich leisten konnten, Damen, die es geschenkt bekamen, Damen, die sich damit schmückten – aber eben Damen. Keine Männer, keine Mädchen, keine Greise, keine Familien, nur Damen. Ein Damenauto zu Zeiten, als Frauen sich noch geehrt fühlten, wenn man sie „Dame“ nannte, als sie noch Damen sein wollten, und nicht Frauen.

Einen Karmann Ghia in 1:18 gibt es seit 2016 von Minichamps, die Floride/Caravelle kommt seit 2006 von Norev und wird immer mal wieder neu aufgelegt – was man vom Minichamps-Karmann nicht behaupten kann -, diesmal als Floride, somit als frühes Modell, in geschmackvollem Schwarz. Sie ist hoch elegant, die Norev Caravelle. Richtig fein gemacht hat sie sich, in tiefstem Schwarz, kombiniert mit schicken Weißwandreifen, innen feurig rot, die Sitze mit schwarzen Kedern, und der „blecherne“ Teil des Armaturenbrettes in Karosseriefarbe. Ob sie nun offen oder geschlossen eleganter aussieht, die Floride, ist Geschmackssache. Norev lässt beide Möglichkeiten zu: Dem Modell liegt eine schwarze Verdeckpersenning für die offene Variante bei sowie das formschöne Hardtop, mit dem aus dem Cabriolet ein Coupé wird. Die Machart des rundum zu öffnenden und lenkbaren Modells gefällt uns vom Scheitel bis zur Sohle. Es gibt nichts zu kritisieren, alles fein vom vorderen Kofferraum bis zum Motor, der sich hinten befindet und richtig schön bunt ist: Zylinderkopfdeckel und etliche Anbauteile in Grün, der Motorblock silbern, und das Ganze eingebettet in einen schwarz glänzenden Motorraum. Grün ist bei Renault der so genannte Billancourt-Motor, also der zuletzt 845 cm³ große Vierzylinder. Das sind hübsche Details, ebenso wie die Chromzier und die Bedruckung. Die ist vor allem innen sehr abwechslungsreich, das Lenkrad zweifarbig, die Türinnenverkleidungen ebenso, sehr schön detailliert sind der Tacho und die Lenkradnabe, Sitzbeschläge und Fensterkurbeln verchromt. Die Innenausstattung ist aus einem optisch vorbildlichen Material, das „halbweich“ ist, kein Hartplastik, aber auch kein Weichplastik. Die Sitzlehnen beispielsweise lassen sich, obgleich nicht beweglich gestaltet, etwas hin- und herbewegen.

Die Floride (und spätere Caravelle) basiert auf der Renault Dauphine und teilt sich deren Mechanik. Sie erschien Anfang 1959 und überlebte ihren Organspender um etliche Jahre bis Spätsommer 1968. Zunächst hieß der Wagen Floride, nur in Großbritannien und den USA, wohin ein Großteil exportiert wurde, hörte sie auf Caravelle. Auf diesen Kurz- und Mittelstrecken-Jet waren die Franzosen damals sehr stolz, und dessen Indienststellung erfolgte gleichzeitig mit dem schnuckeligen Renault. Designer war Pietro Frua, die Karosserie wurde bei Chausson konstruiert, einem zu Renault gehörenden Omnibushersteller und Karosseriebauer, gefertigt wurde sie hingegen bei Brissonneau & Lotz.

Als die Dauphine zugunsten des modernen Renault 4 mit ganz anderem Layout (Frontmotor und Frontantrieb) eingestellt wurde, bekam die Floride einen neuen Organspender, den Renault 8 – ebenfalls einen Heckmotorwagen. Damals, 1962, erfolgte eine grundlegende Überarbeitung, der Motor wurde stärker (956 cm³ und 44 PS statt 851 cm³ und 36 PS, zuletzt 1967/68 sogar 1108 cm³ und 52 oder 58 PS mit Doppelvergaser), 12-Volt-Anlage, Vierrad-Scheibenbremsen, die Karosserie erfuhr Detailänderungen und das Hardtop erhielt eine völlig neue Form. Aus der Floride wurde somit, auch in Europa, die Caravelle – aber nur das Coupé und das Hardtop-Modell, das Cabriolet hieß nunmehr Floride S.

Nach dem Produktionstopp im Spätsommer 1968 hatte Madame keine Chance mehr beim Renault-Händler, denn die Caravelle blieb ohne Nachfolger. Der R15/R17 erschien erst Jahre später. Aber es gab ja ein elegantes Peugeot 304 Cabriolet pour Madame. Oder, sofern Madame dem dann etwas altmodischen, italienischen Stil treu bleiben wollte, einen Importwagen, den VW Karmann Ghia. Denn der lebte ewig bis 1974.

afs

Extravagantes Design, sonniges Wesen, hoch elegante Farbgebung: Schwarze Floride mit roten Innereien von Norev. Damals sagte man, die Floride sei „adrett“. Heute verwendet dieses Wort niemand mehr. Aber man kennt es noch. Wie der Renault, kommt es aus dem Französischen, von adroit, was geschickt, gewandt, aber auch wohlgestaltet heißt.
Modellfotos: bat
Teuflische Kombination: schwarz-rot, selbst das Lenkrad. Und schwarze Keder an roten Sitzen.
Renault-Motoren konnte man frühen an der Farbe erkennen, und der Billancourt-Motor trug Grün.
Wertet das Auto die Dame auf oder wertet die Dame das Auto auf? Und ist der Hund mehr als ein Sympathieträger? Brigitte Bardot, Renault Floride und Dachshund.
Foto: Archiv Renault

Steckbrief:

Norev 185183 Renault Floride 1959 schwarz. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP 69,90 Euro.