„Giugiaro und ich“
Der sportliche VW, der Scirocco in zweiter Generation, kommt als 1:18-Zinkdruckguss-Modell von Norev, zunächst exklusiv für Modelissimo. Norev hat wieder so konstruiert, dass mit Details gespielt werden kann. So entstehen unterschiedliche Varianten. Los geht’s mit dem GTX 16V und dem reinweißen Sondermodell GT II.
Natürlich gab es VW-Designer zu Käfer-Zeiten. Und es wäre ungerecht zu behaupten, sie hätten nichts zu tun gehabt. Aber tatsächlich ging es mit dem VW-Design erst so richtig los, als der Konzern zum neuen Layout wechselte, zu Frontmotor mit Frontantrieb, zu längs eingebauten Motoren, zu großen Heckklappen. Volkswagen ließ sein Volumenmodell, den Golf, sowie dessen Coupé Scirocco, den kleinen Polo und den größeren Passat von Giugiaro zeichnen und intern volkswagenisieren. Diesen Volkswagenisierungsprozess erledigte der damalige VW-Chefdesigner Herbert Schäfer. Ihm oblag auch, daraus die Folgegeneration(en) zu stylen, darunter auch den Scirocco II. Schäfer machte seine Sache gut, obgleich sein deutscher Name natürlich weit weniger Klang als derjenige eines italienischen Stilisten hatte und er tatsächlich auch kein studierter Designer war. Schäfer war Wagnermeister und studierte anschließend an der Karosseriefachhochschule in Kaiserslautern. Er war also ein Karosseriekonstrukteur, aber kein -zeichner, ein Techniker, kein Künstler. 1971 übertrug ihm Volkswagen die Designverantwortung im Bereich Forschung, im Folgejahr wurde er Chefdesigner. 1993 ging Herbert Schäfer in den Ruhestand, sein Nachfolger wurde Helmut Warkuß.
Schäfers Kreationen waren niemals Leuchtfeuer der Designkunst, sondern eher bodenständig und fast schon langweilig. Aber sie waren massentauglich. Wer einen praktischen VW wollte, wollte keinen divenhaften Citroën, der VW trug die Haushaltsschürze beim Kochen und nicht das Tütü auf der Bühne. Schäfers Volkswagen waren nicht nur solide und verlässlich, sie sahen auch so aus. Ein wenig stieg ihm seine Leistung allerdings zu Kopfe, denn von ihm überliefert ist der Satz: „Es gibt nur zwei Menschen, die in der Lage sind, einen Golf zu entwerfen, Giorgetto Giugiaro und ich.“ Seine Kritiker sahen das anders und sprachen vom „Heidedesign“. Dieses Heidedesign endete mit Schäfers Rente 1993, als Ferdinand Piëch in Wolfsburg auftauchte und den Audi-Chefdesigner Helmut Warkuß im Schlepptau hatte. Das VW-Design wurde weltgewandt, kultiviert, geistreich, intellektuell. Eine Dekade lang. Dann wurde Warkuß 2002 abgelöst durch Murat Günak und Peter Schreyer und deren Volkswagen waren geprägt von Auffälligkeit (Stichwort Plakettengrill) und ungewöhnlichen Proportionen. Zu diesem Zeitpunkt verschwanden die Schäfer-Volkswagen bereits aus dem allgemeinen Straßenbild. Sie sind optisch erstaunlich schnell alt geworden – resultierend aus den beiden Design-Einschnitten, welche Schäfers Nachfolger dem VW-Erscheinungsbild zukommen ließen.
Jedenfalls hatte Volkswagen ab dem ersten Scirocco 1974 einen adäquaten und frontgetriebenen Gegner für die Platzhirsche Capri und Manta, und der 1973 neu ins Deutschlandprogramm aufgenommene Toyota Celica spielte ebenfalls in dieser Liga mit, ebenso wie der französische Renault 17 und der Alfasud Sprint. Capri und Scirocco blieben auch die deutschen Hauptkonkurrenten des zweiten Scirocco. Für einen Dreier-Fahrer waren sie alle eher weniger die Alternative, der spielte eine Liga höher und war kein Coupé.
Die Initial-Sciroccos kommen von Modelissimo
Zeitgenössisch war der zweite Scirocco nicht gerade ein viel miniaturisiertes Modell. Volkswagen ließ damals seine 1:43-Industriemodelle von unterschiedlichen Herstellern machen, zu Scirocco-II-Zeiten genoss Conrad aus Kalchreuth das Privileg. Minichamps übersprang den Scirocco II (machte aber Scirocco I und Corrado), weil sich Norev des Scirocco II in 1:43 annahm (und in 1:87 auch). Viel später, im Rahmen der VW-Kiosksammlung des DeAgostini-Verlags, widmete sich auch Ixo des Scirocco II. In 1:18 begnügten wir uns bisher mit einem Resine-Modell von Ottomobile (roter GTX 16V, Scirocco GTX in Cirrus Metallic (ein Grauton), weißer Scirocco Scala). Nun kommt Norev. Der Auftraggeber ist wieder einmal Modelissimo, und deswegen hat dieser Großhändler zunächst die ersten beiden Varianten exklusiv im Angebot, einen ’88er GTX 16V in Tornadorot und einen ’92er GT II in Alpinweiß, beide mit geschlossenem Schiebedach. Die Modelle sind sealed, lenkbar und ungefedert. Norev hat sie wieder so konstruiert, dass unterschiedliche Baujahre und Varianten machbar sind, es gibt drei Felgentypen für den Scirocco (darunter eine Stahlfelge), die Antennen sind verschieden positioniert (beim GT II auf dem Vorderkotflügel, beim GTX mittig im hinteren Dachbereich), Doppel- und Einzelrohrauspuffanlage, zwei Grill, zwei Lenkräder. Damit kann Norev nahezu alle Varianten ab 1987 umsetzen. Die Modelissimo-Modelle werden bereits verkauft, das erste Norev-Fachhandelsmodell wird Anfang 2025 erscheinen.
Ein wesentliches Facelift wurde dem Scirocco II nie zuteil, auch, weil er stets hinter den Verkaufserwartungen herhinkte, das Audi Coupé tat sein Übriges dazu und kannibalisierte den Scirocco – und der stärkste Konkurrent des Scirocco war ohnehin der Golf GTI. Er war ein typisches Damenauto (ein Viertel weibliche Klientel), womit er in starkem Kontrast zu Capri und Manta stand. Allenfalls der Manta CC mit seinem heckbeklappten schrägen Heck wurde von der weiblichen Klientel bevorzugt gegenüber dem klassischen Manta. Wenn im Leben des Scirocco II von einer erwähnenswerten Überarbeitung gesprochen werden darf, dann geschah sie unter der Motorhaube, der 16-Ventiler.
Zum Modelljahr 1985 modifizierte VW das Fahrwerk und gönnte dem Scirocco überarbeitete Motoren sowie den 1,8-Liter-16-Ventiler mit 139 PS ohne und mit 129 PS mit Kat. Das sorgte nur für ein Zwischenhoch bei den Verkaufszahlen. VW versuchte in der Folge, den Verkauf mit attraktiven Sondermodellen anzukurbeln: GTS, GTX, White Cat, Tropic und Scala, darüber hinaus für Großbritannien der Storm und für USA/Kanada California Edition, Wolfsburg Edition und Slegato. Als dann der ursprünglich als Nachfolger konzipierte Corrado erschien, der tatsächlich über dem Scirocco angesiedelt war, durfte er noch eine Weile weiterleben, aber mit noch mehr reduziertem Elan. Im Herbst 1992 war nach elf Jahren und 291.497 Exemplaren Schluss mit Scirocco.
Die Norev-Modelle sind generell nach 1984 geboren, denn sie tragen zwei Scheibenwischer. Die beiden unterschiedlichen Varianten geben genau ihre Vorbilder wieder: Beim alpinweißen ’92er GT II sind sämtliche Karosserieanbauteile (übrigens ist das der Kamei-X1-Spoilersatz, den VW am Fließband verbaute) in Karosseriefarbe lackiert, auch die Stoßstangen und Außenspiegelblenden, er trägt seitliche Zusatzblinker (ein Merkmal des letzten Modelljahrs 1992), schwarz ausgelegte Avus-Snowflake-Alus, Auspuff mit einzelnem Rohr und die ausgefahrene Antenne auf dem linken Vorderkotflügel. Beim tornadoroten GTX 16-Ventiler von 1988 sind die Karosserieanbauteile mattschwarz gehalten, die GTX-typische Dachantenne ist montiert, die Füße sind ebenfalls aus Aluminium mit graviertem „Volkswagen“-Schriftzug und VW-Logo (die Felgen heißen Montreal). Der GTX trägt den 16V-Grill mit Platz für das entsprechende Logo, das sich auch auf dem handschuhfachdeckel findet. Sehr hübsch bei beiden sind die farbigen Typbezeichnungen am Fuße der B-Säule und die individuell dekorierten Sitzflächen mittels Decals. Und dass die Autos vorne und hinten eine Abschleppöse tragen, ist ein liebevolles Detail. Der GT II ist ein typischer Vertreter der letzten Scirocco-Jahre, die nur noch aus den Sondermodellen GT II und GTX II bestanden – der Corrado hatte ihm längst den Rang abgelaufen.
afs
Steckbrief:
Norev 188631 Volkswagen Scirocco GT II 1992 weiß und 188630 dito GTX 16V 1988 rot. Fertigmodelle Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. Auflage 750 Exemplare (GT II) bzw. 1250 Exemplare (GTX 16V). UVP je 69,95 Euro exklusiv bei Modelissimo.