1/18

News 1:18 Ottomobile Renault Rapid 1985

Langweilig schön

Hat der Renault Rapid einen Freundes- oder gar einen Fankreis? Freut sich jemand darüber, dass es einen ’85er Renault Rapid in 1:18 gibt? Wohl schon. Sonst würde Ottomobile keinen machen. Und er ist ein echter Otto, ein rundum gut gemachter Resiner. Langweilig sei er? Klar ist er das! Aber in seiner Langweiligkeit ist er schon wieder schön.

Langweilig schön ist er. Nicht schön langweilig. Das ist ein großer Unterschied. Wenn etwas ganz schön langweilig ist, so ist das ein vernichtendes Urteil. Wenn es langweilig schön ist, also in seiner ganzen Langeweile schon wieder schön, so ist das ein differenziertes Urteil. Es besagt, dass etwas zwar langweilig ist, im Wesen seiner Sache. Aber genau das macht es schön, weil ein langweiliges Modellauto im Kreise all der Hypercars, der knallfarben lackierten Ungetüme, der Luxuskaleschen, der Elfer-Schwemme schlichtweg eine Ausnahme darstellt. Und weil es mutig ist, ein langweiliges Vorbild bewusst langweilig zu gestalten. Ottomobile macht den langweiligsten Renault Rapid im langweiligsten Weiß, eine typische Handwerkerkarre aus den 80ern im undekorierten Auslieferungszustand. Ottomobile hätte ihn bunt lackieren können, aufwendig mit einer attraktiven Werbeaufschrift dekorieren können. Nichts davon! Er glänzt in Handwerkerweiß, und seine einzigen Dekorationen (aber die sind sehr schön gemacht!) sind die serienmäßigen Aufkleber mit Renault-Eigenwerbung auf den Heckfenstern und die üblichen, französischen Versicherungsaufkleber in der Windschutzscheibe. Ansonsten: außen Marke Panda, also weißer Karosserielack mit schwarzen Kunststoffflächen, und sinnigerweise heißt der Farbton auch Blanc Panda. Die Engländer haben für die Fahrer derartiger Lieferfahrzeuge sogar einen charakteristischen Ausdruck parat: the white Van Men, also die Weißlieferwagenmänner.

Ottomobile macht all seine Modelle auf demselben Qualitätsniveau, einen Renault Rapid also nicht schlechter als eine Mercedes S-Klasse. Das ehrt Monsieur Otto und garantiert dem Renault Rapid ein hohes Level der Sammelwürdigkeit mit akkurat getroffenen Karosserielinien, feiner Hochglanzlackierung und schönen Details. So sind beispielsweise die inneren Öffnungsvorrichtungen der Hecktüre vorhanden und farblich hervorgehoben, obgleich man sie nur sieht, wenn man seine Augen verbiegt und hineinschielt. Oder der Schutz des Fahrers vor wild herumschleudernder Ladung bei einer Vollbremsung, und Haltegriffe am Dachhimmel entdecken wir ebenso wie Sonnenblenden. Ja, der Renault Rapid macht Freude, und man mag ein Visionär sein, wenn man ihn sich hinstellt. Angesichts des heutigen Stellenwerts seines Vorgängers, des R4 Fourgonnette, wird der R5 Rapid sicherlich auch dereinst ein Klassiker sein. denn wer hebt solch ein Handwerkerauto auf? Das muss schaffe, schaffe, Häusle baue, und wenn es schwächelt, hat niemand Mitleid. Ratzfatz weg, ein neues Modell gekauft. Die Halbwertszeit eines Renault Rapid ist anders als jene einer Luxuslimousine.

Die Deutsche Telecom setzte auf Renault Rapid

Die Fußstapfen des Renault 4 Fourgonnette waren groß. Den beliebten kleinen Lieferwagen auf Basis des R4 gab es als F4 (gleicher Radstand wie der R4) bis 1992 und als F6 mit 12 cm mehr zwischen den Achsen bis Ende 1990. Schon zuvor, im Juli 1985, erschien als Ergänzung und als deren designiertem Nachfolger der Renault Rapid auf R5-Basis. So hieß er nur in Deutschland. In seiner Heimat, aber auch in Österreich und der Schweiz, hörte er auf Renault Express, auf der britischen Insel auf Renault Extra. Basis war der zweite R5, der „Supercinq“, und bis auf den Plastikgrill teilte der Rapid dessen Frontpartie, Türen und Armaturenbrett. Aber er war 15 cm länger und hatte eben einen Kastenaufbau. Es gab ihn unverglast als Handwerkerauto, teilverglast, als Kombi mit fünf Plätzen, Karosseriebauer nahmen sich seiner an und schufen bedarfsgerechte Versionen für die Wirtschaft und Industrie. Das Ottomobil ist der reine Kastenwagen, unverglast, hintere Flügeltüren mit Rückfenstern. Seinen Konkurrenten voraus hatte der Rapid das R5-Fahrwerk mit einzeln aufgehängten Rädern, während seine Konkurrenten wie der Opel Combo oder der VW Caddy mit einer elenden hinteren Starrachse auskommen mussten. Das sprach sehr für den Renault! So sehr, dass Ford für seinen Fiesta Courier ab 1990 die Renault-Hinterachse in Lizenz baute.

Die von Ottomobile nachgebildete Version ist das erste Modell bis Sommer 1991, danach zwei Facelifts, Produktion bis Juli 2000. Wie es der Rapid mit dem R4 Fourgonnette vormachte, so ergänzte auch ihn der Renault Kangoo ab 1997, um ihn später abzulösen. In Deutschland sehr populär war der erste Rapid, weil die Deutsche Telecom ihn in großen Mengen als Servicefahrzeug kaufte – als erstes ausländisches Auto, wohl deshalb, weil sein Fahrwerk den deutschen Konkurrenten wesentlich überlegen war.

afs

Furchtbar langweilig und deshalb schon wieder schön. Lambo und Elfer kann jeder, die Vitrinen sind voll davon. Aber einen Renault Express alias Rapid hat sich bisher noch niemand in 1:18 zu miniaturisieren getraut. Von Solido gab es einen 43er, in unzähligen Werbelivrés überschwemmten sie in den Spät-80ern den Markt als Werbemodelle.
Modellfotos: bat
So etwas kann Ottomobile gut: Eigenwerbung des Herstellers in Form von Heckfensteraufklebern. Und natürlich Heckschriftzüge. Und Kennzeichen.
Die Deutsche Telecom nutzte der Renault Rapid in Massen. Dieser Eine hat überlebt, er steht im Depot in Heusenstamm des Museums für Kommunikation Frankfurt am Main. Diese Autos haben wir alle jeden Tag gesehen. Irgendwann waren sie weg. Und niemand hat je wieder an sie gedacht oder sie gar vermisst. Nett wäre, wenn Ottomobile bei einer Wiederauflage einen T-Service-Rapid mit deutschem BP-Kennzeichen machen würde.
Foto: Umweltbeauftragter

Steckbrief:

Ottomobile OT466 Renault Rapid 1985. Fertigmodell Resine, Maßstab 1:18. Auflage 2000 Exemplare. Preis ca. 100 Euro.