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News 1:18 BoS Jaguar 420 G 1966

Wer bin ich? Und wie breit?

Über BoS-1:18-Neuheiten freuen wir uns. Denn was uns früher im Monatsrhythmus beschert wurde, ist heute eine Ausnahme: Schöne BoS-Resinemodelle ausgefallener Fahrzeuge. Jetzt der Jaguar 420 G. Schön ist er. Aber seine Proportionen sind unproportioniert. Und außerdem weiß er selber nicht so genau, ob er ein Jaguar 420 G oder ein Mk X sein will. Der Arme!

Wer sich nicht eindeutig positioniert, ist heute nicht political correct. Auf welcher Seite stehe ich? Wer bin ich? Der BoS Jaguar hat damit größte Probleme. Ist er ein Mk X (Mark Ten)? Oder ist er ein 420 G? Er weiß es nicht. Er hat und ist von beiden etwas. Und seine Eltern, also die Marke BoS, die ihn erschaffen hat, hilft dem Identitätslosen auch nicht. Auf Bodenplatte und Verpackung steht „Jaguar 420 G (Mark X)“. Wissen die es auch nicht? Offenbar! Die Unterschiede zwischen Mk X und 420 G sind nicht groß, sollten also en miniature zu bewältigen sein, aber immerhin signifikant: Der Kühlergrill erhielt im Herbst 1966, als aus dem Mk X der 420 G wurde, eine vertikale Querstrebe in der Mitte, dazu kam eine verchromte Seitenzierleiste, wo vorher nur eine Karosseriesicke war, und den vorderen Abschluss dieser Zierleiste bildete eine Zusatzblinkleuchte. Außerdem stand auf dem Kofferraumdeckel nicht mehr „MK 10“, sondern „420 G“. Eigentlich alles easy. Beim BoS-Bodell steht auf dem Heckdeckel „Jaguar 4.2“, was weder zum Mk X noch zum 420 G passt. Er hat die Seitenzierleiste mit vorderem Abschlussblinker, was korrekt für den 420 G ist. Und er trägt den Mk X-Kühlergrill ohne Querstrebe. Also ist er ein absoluter Mischmasch, resultierend wahrscheinlich aus einem nicht vorbildkonform restaurierten Fahrzeug, das sich BoS als Vorbild aussuchte. Letztlich kann man damit bestens leben, nur weiß der Sammler eben nicht, wie er diesen Jaguar katalogisieren soll. Wir haben uns, der ziemlich dominanten Seitenzierleiste wegen, für „420 G“ entschieden, also Baujahr Oktober 1966 bis 1970. Dafür spricht auch das britische Kennzeichen mit dem Suffix „E“, das eine Erstzulassung anno 1967 belegt.

Schön, aber zu breit

Nachdem also nun geklärt ist, worum es sich handelt, stellt sich beim Betrachten die nächste Frage, eigentlich viel wichtiger: Stimmt der Jaguar in seinen Proportionen und Dimensionen? Da steht er unschuldig auf dem schwarzen Schreibtisch in seiner dunkelgrünen Herrlichkeit und wirkt auf den ersten Blick entweder zu breit oder zu kurz oder beides. Doch wie er wirkt, so wirkt er nur. Objektiv ist das nicht. Also helfen der Zollstock und die Maße des Originals (L x H x B 513 x 195 x 143 cm). Flugs nachgemessen und den Taschenrechner bemüht: Der spricht eine objektive Sprache. Die Länge ist genau 1:18. Aber die Breite! Da kommt Adam Riese auf 1:14. Also eindeutig zu breit, der Jag! Sehr schade, denn das Modell ist herrlich gestaltet. Aber was nützt das, wenn die Proportionen verhauen sind?

Den Jaguar zeichnet aus, wofür BoS-Modelle generell stehen: eine brillante, spiegelglatte Lackierung (hier im ebenso schönen wie klischeehaften British Racing Green), Felgen in Wagenfarbe, Radkappen und -zierringe verchromt, überhaupt einwandfreie Chromteile, etliche Fotoätzteile, chromgeprägte Schriftzüge, eine bombastische Jaguar-Kühlerfigur, die Seitenscheiben als einteiliges Zellonteil, deren Rahmen lediglich silberne Druckwerke auf der Zellonfläche, die Seitenzierleiste einteilig und somit nicht nach Karosseriesegmenten unterteilt. Innen ist der Jaguar 420 G in dunklem Braun gehalten, was zur Karosseriefarbe gut passt, sehr schöne Dekoration mit viel Holz an Armaturenbrett, Türinnenverkleidungen und Picknicktischen an den Rücklehnen der Vordersitze (ein Tischchen eingefahren, das andere ausgeklappt). Ganz fein auch die separaten inneren Griffe an den Türverkleidungen und das schwarze Lenkrad mit dünnem Kranz und Logo auf der Nabe. Zwei Außenspiegel zur Selbstmontage liegen bei, sie sind an unserem Fotomuster nicht befestigt. Dieser Jaguar wäre ein Traummodell, wenn er nicht deutlich zu breit geraten wäre.

Ein Meilenstein in der Jaguar-Tradition

Der Mk X und spätere 420 G war der letzte richtig große Jaguar, ein Repräsentationsfahrzeug. Indirekt löste ihn die XJ-Serie ab, und trotzdem diese sogar mit V12-Motor prunkte, hatte sie nie die Innenraumgröße und Repräsentanz des MK X. Er war deshalb in den USA ein großer Erfolg. Zunächst 3,8 Liter-Reihensechszylinder mit 265, ab Modelljahr 1965 sogar 4,2 Liter, gleiche Leistung, mehr Drehmoment, die Motorentwicklung analog zum E-Type. Der Mk X war ein 200-km/h-Wagen, Mitte der 60er Jahre durchaus außergewöhnlich. Er war auch insofern ein Meilenstein, als er mit der etwas steifen und typisch britischen Jaguar-Designtradition brach und obendrein der erste selbsttragend konstruierte Jag war. Vor ihm gab es entweder Luxus- oder Sportwagen in Großbritannien. Der Mk X kombinierte erstmals beides. Nicht nur, weil er seinen wunderbaren Motor mit dem E-Type teilte, sondern auch wegen seines aufwändigen Fahrwerks mit unabhängiger Radaufhängung hinten. Sir William Lyons schuf ein Styling, an dem sich mehrere Generationen der Nachfolger orientierten, nicht nur die XJ-Serie von 1968, die bekanntlich ewig bis in die 90er Jahre hinein lebte. Obendrein baute Jaguar über Dekaden hinweg keinen größeren Wagen als den Mk X/420 G. Nie zuvor und nie danach kam Jaguar dem Rolls-Royce so nahe wie mit dem Mk X und 420 G – und das zum halben Preis eines Silver Cloud. Diplomaten, Filmstars, sogar Staatsoberhäupter fuhren diesen Jaguar, und die US-amerikanische Upperclass. Die wohl bekannte Daimler-Limousine namens DS420, in der sich die Queen chauffieren ließ und die sehr häufig Basis für repräsentative Bestattungswagen war, ist nichts anderes als ein spezialkarossierter Jaguar 420G mit verlängertem Radstand. Vom Jaguar Mk X und 420 G entstanden knapp 25.000 Exemplare zwischen 1962 und 1970.

afs

Steckbrief:

BoS 407 Jaguar 420 G 1966. Fertigmodell Resine, Maßstab 1:18. Auflage 300 Exemplare. UVP 119,95 Euro. Erhältlich exklusiv bei Model Car World.