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Sammeln 1:32 Carrera Opel Manta B Rallye

Die Carrera-Bahn. Jeder Junge in den 60ern und 70ern kannte sie. Entweder er hatte eine oder er träumte davon, eine zu haben. Die automobile Alternative zur Modellbahnanlage. Für die Carrera-Universal-Bahn im Maßstab 1:32 gab es einen wunderschönen Opel Manta B als Rallyeauto.

Sehr realistische Beschmutzung, die von Modell zu Modell individuell war. Denn das war Handarbeit.
Modellfotos: bat

Was haben wir für Kämpfe ausgefochten! Wir – die Carrera-Bahn-Generation. Kämpfe gegen die Eltern, Kämpfe gegen ausgesuchte Freunde. Porsche 906 Carrera 6 gegen Ferrari Dino 246 SP auf der Carrera 124, die Königin der Slotracing-Bahnen. Diese beiden Boliden, die Grundausstattung der Carrera-Bahn, kannte jeder Junge, dessen Kindheit in den 60ern und während der kompletten 70er Jahre lag. Und noch heute macht es Spaß, ab und zu die Carrera-Bahn aufzubauen. Die Carrera 124 hatte einen kleinen Bruder, die Carrera Universal. Ist die Carrera 124 eine Bahn im internationalen Slotracing-Maßstab 1:24, entschied sich Carrera für eine zusätzliche kleinere Ausgabe, die Universal im Maßstab 1:32. Denn zunehmend waren die Wohnungen kleiner und somit die Wohnzimmer kleiner. Die Bürger wohnten nicht mehr in gründerzeitlichen 130-m²-Suiten, sondern in Betonhäusern mit 70-m²-Wohnungen. Da war der Platzbedarf einer Carrera-Bahn ein Argument. Denn sie wurde zu Weihnachten aufgebaut, da bekam der Sohn jedes Jahr neue Bahnstücke, einen Looping, neue Autos oder Accessoires. Aber sie wurde mitnichten Anfang Januar wieder abgebaut. Des Sohnes Widerstand war vehement. Und Vati hatte auch nichts dagegen, wenn die Carrera-Bahn aufgebaut blieb, bis der Winter vorüber war. Die Carrera-Bahn war die Alternative zur Modelleisenbahn.

Lexan versus Polystyrol

Carrera war damals eine Marke der Fürther Spielzeugfabrik Neuhierl. Josef Neuhierl (1895-1957) begann 1920 mit der Produktion von Blech-Spielzeugautos. Sein Sohn Hermann (1927-1985), Inhaber ab 1957, stieg ziemlich früh auf den neuartigen Werkstoff Plastik um. In den USA sah er Slotcar-Bahnen, dort populär. Neuhierl stieg groß ein und schaffte es, das Wort „Carrera-Bahn“ in Deutschland als Genrebegriff für spurgebundene Autorennbahnen schlechthin zu machen – bis heute. Die Firma existiert nach etlichen Besitzerwechseln noch, seit 2019 im Besitz der Münchner Unternehmergruppe Quantum Capital Partners.

Die Karosserien seiner Hochleistungsrenner fertigte Carrera aus transparentem Lexan, das schabloniert lackiert wurde, die Fensterflächen blieben frei von Farbe. Unter „Lexan-Karosserie“ versteht man in der Slotcar-Szene ein ultraleichtes Formteil aus dem thermoplastischen Kunststoff Polyethylenterephthalat. Das sind die absoluten Profikarosserien. Weit modellgerechter und modellhafter sind jene Karosserien, die auch der Opel Manta B trägt. Sie sind aus Polystyrol gefertigt, einem harten Kunststoff mit glänzender Oberfläche (natürlich abhängig davon, ob und wie gut die Spritzgussform poliert wurde), formbeständig, ziemlich stabil, bricht allerdings bei zu starker Belastung. Eine Polystyrol-Karosserie ist gut graviert, sie hat die Eigenschaften, die man landläufig einem Kunststoff-Miniaturauto zubilligt. Die Verglasung ist ein extra Formteil, ebenfalls aus Polystyrol, aber transparent. Diese Mehrteiligkeit und das höhere Eigengewicht des Kunststoffs macht ein Carrera-Modell mit Polystyrol-Karosserie weniger schnell auf der Bahn. Aber es ist vorbildgerechter im Aussehen, hat Modellcharakter.

Fettige Grapscher gefährden den kunstvollen Schmutz

Carrera hat den Rallye-Manta mit – nomen est omen – Rallyeaccessoires ausgestattet. Vorne trägt er einen Kuhfänger und vier Zusatzscheinwerfer. Auf dem Dach ein Dachgepäckträger, beladen mit drei Ersatzkanistern und zwei kompletten Reserverädern. Deren Felgen sind, wie diejenigen der Räder, auf denen das Auto steht, aus Zinkdruckguss und somit relativ schwer. Dadurch hatten die ersten Carrera-Manta einen hohen Schwerpunkt, was sich negativ auf ihr Fahrverhalten auswirkte. Sie rutschten von der Bahn, sie überschlugen sich, und das erste, was dabei kaputt ging, war die filigrane Bullbar. Wenn sich dann noch ein engagierter Junge über das Dachgepäck hermachte, erkannte er, dass man die drei Reservekanister entfernen konnte. Schnell gingen sie verloren. Dann noch die Lackierung. Der Manta ist in hellem Gelb lackiert und trägt eine Rallyeverschmutzung, ist also künstlich verdreckt. Diese Dreckspritzer wurden ihm verpasst, nachdem die Karosserie mit Decals geschmückt worden war. Vorbildgerecht sind also auch die Startnummern und sonstigen Rallyeaufkleber verschmutzt. Carrera gab sich dabei große Mühe, dies wirklichkeitsnah zu gestalten, vorne und an den Flanken mehr Schmutz als auf dem Dach und Kofferraumdeckel, das Wischerfeld der Windschutzscheibe wurde ausgespart. Wenn ein Junge den Manta mit schmierigen Fettfingern betatschte, ging dies zu Lasten der farblich dargestellten Verschmutzung.

Das bedeutet, ein Carrera-Rallye-Manta in einwandfreiem optischem Zustand ist eine Rarität. Deshalb werden diese Modelle antiquarisch auch deutlich teurer gehandelt als andere Modelle der Carrera-Universal-Bahn. Das gleiche gilt für seinen Bruder im Geiste, den Ford Escort RS 2000, den Rivalen des Manta auf der Carrera-Universal-Bahn. Zudem entschieden sich Mitte der 70er Jahre nur wenige Eltern dafür, ihren Kindern keine Renn-, sondern eine Rallyebahn zu kaufen, was zusätzlich dafür sorgte, dass die beiden einzigen Carrera-Rallyeautos ziemlich seltene Stücke sind.

Es gab sogar eine Art „Facelift“ für die beiden Carrera-Rallyeautos, wenngleich man es nicht auf den ersten Blick sieht. Ziemlich rasch reagierte Carrera auf die Kritik des hohen Schwerpunktes und der daraus resultierenden, schlechten „Straßenlage“. Die Carrera-Konstrukteure verpassten den beiden Rallyeautos zusätzliche Gewichte am Fahrgestell. Nun kippten sie nicht mehr so rasch. Aber sie waren schwerer geworden und wurden deshalb langsamer. Das ist zwar auf der Rallye-Holperpiste nicht unbedingt ein Argument. Wer aber eines der beiden Rallyeautos neben anderen Sportwagen auf einer normalen Carrera-Bahn fahren ließ, merkte schon, dass Manta und Escort langsamer waren als die anderen, mit gleichem Elektromotor versehenen Carrera-Autos. Zwei längliche Gewichte wurden mit Schrauben längs der Türschweller am Chassis befestigt. Schaut man die Modelle im Profil an, so sieht man es deutlich.

In der Vitrine: Weg mit der Führungsschiene

Die Carrera-Formenbauer verstanden ihr Geschäft und gestalteten ihre Karosserien sehr vorbildgerecht. Manch ein Miniaturautohersteller hätte sich damals davon eine Scheibe abschneiden können. Dementsprechend ist ein Carrera-Manta auch ein schönes Dekorationsstück in einer Modellautovitrine. Er fällt dort nur dadurch als Slotracer auf, dass seine Vorderräder in der Luft hängen. Denn steht ein Carrera-Modell auf ebener Fläche (wie dem Vitrinenglasboden), so hat seine Führungsschiene mit Stromabnehmer natürlich keine Leitrille im Bahnstück, in der sie sich verstecken kann. Für den reinen Modellautosammler besteht aber die Möglichkeit, dieses Bauteil komplett auszubauen. Dann steht der Manta ganz normal auf seinen vier Rädern. Aber noch dekorativer und vorbildgetreuer ist es natürlich, ihn in der Vitrine ganz einfach auf ein Carrera-Bahnstück zu stellen. Am besten gleich mit seinem Bruder, dem Escort RS 2000 Rallye.

afs

Als die Carrera 124 brandneu war: Kurz nach Weihnachten 1971 wurde gleich der beste Freund eingeladen und der kleine Hausherr und sein kleiner Hausfreund fochten spannende Kämpfe aus, weißer Porsche 906 gegen roten Dino 246 SP. Die mickrige Technofix-Bahn aus Blech, nur zur Dekoration aufgestellt, war in den Augen der Buben nunmehr nichts als jämmerlich. Zu recht!
Foto: privat
Eine der Neuheiten im Carrera-Katalog 1976/77: Der Opel Manta B als Rallye-Auto. Sein Gegner. der Ford Escort RS im Rallyedress, sowie die speziell für die Rallyeautos gemachten Bahnstücke mit holperiger Oberfläche, kamen erst im Folgejahr.
Rallye-Manta auf zwei kleinen Bahnstücken mit glatter Oberfläche, also eher für Rennautos geeignet. Für die beiden Rallyefahrzeuge schuf Carrera extra holperige Bahnstücke. Aber sie setzten sich nicht durch.
Der Dachgepäckträger mit den Rädern mit Metallfelgen sorgte für einen hohen Schwerpunkt und vermiesten dem Rallye-Manta anfangs die Straßenlage. Später rüstete Carrera nach und verpasste ihm Zusatzgewichte am Chassis.
Die Bauchschau: Gut zu sehen der Elektromotor in der Mitte, vorne die Führungsschiene mit Stromabnehmer. Das Bild zeigt einen frühen Manta ohne zusätzliche Gewichte am Chassis, die rechts und links parallel zur Schwellerkante angeschraubt wurden.