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News 1:18 BoS Jaguar Mk VIII 1956

Peripetie

Viel Leder und noch mehr Holz – der Jaguar Mk VIII liebt die Tradition und setzt auf britische Aristokratie. Die staatstragende Luxuslimousine erlebt bei BoS eine Wiederauflage in kleiner Auflage (nur 300 Stück), und nicht nur die Farbkombination ist teuflisch schön, sondern das ganze Auto.

Vom jüngst besprochenen Jaguar Mk X von BoS waren wir ein bisschen enttäuscht. Wunderschön gemachtes Modell, aber die Proportionen sind aus dem Gleichgewicht geraten, das Modell ist zu breit. Und jetzt die Peripetie: Der Jaguar Mk VIII von BoS ist ein traumhaftes Modell, alles passt, alles ist besser als erwartet und noch besser als erhofft. Was sich im Drama seit Jahrhunderten bewährt, befällt auch den Modellautorezensenten: Das Gefühl des unerwarteten Umschwungs, der zum Guten führt: die Peripetie. So nannte es Aristoteles in seinem Grundlagenwerk über die Dichtkunst vor 2300 Jahren, und das gilt immer noch – auch bei Modellautos. Der Jaguar Mk VIII ist die Ehrenrettung von BoS nach dem Jaguar Mk X, ist die Bestätigung dessen, was wir schon immer wussten: BoS macht hervorragende 18er aus Resine, und wenn einer mal vergurkt ist, so ist und bleibt die Gurke die Ausnahme.

Aristokratie und Würde

BoS machte ein würdiges Fahrzeug. Würde strahlt das Vorbild aus, Würde auch das Modell. Der Jaguar atmet den Geist der „Edwardian Era“, obgleich diese mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs endete, aber die Briten weiten diesen Ausdruck etwas aus, wenn sie die erhabene Steifheit der Zwischenkriegszeit zelebrieren. Die 1950 herausgekommene Jaguar-Limousine, die, zuletzt stilistisch völlig aus der Zeit gefallen, bis 1961 gebaut wurde, verkörpert den britischen Adel, die traditionellen Grafschaften, Fuchsjagd, Peerage und Gentry, Zigarre rauchende Fabrikbesitzer und rauchende Schlote, Traditionsbewusstsein, Ohrensessel, Pferderennen in Ascot, Artussage, Greensleeves, Grammophon und Schellackplatten, Bowler-Hut, Shakespeare und Church of England. Dieses edwardische Barock symbolisiert kaum eine britische Limousine besser als der große Jaguar, und er rettete diese Tradition bis in die 60er Jahre hinein. Deshalb liebte ihn der konservative britische Großbürger und noch mehr liebte ihn der in die USA ausgewanderte Brite, der dort seine britischen Wurzeln durch die Automarke manifestierte. In den USA war der Jaguar fast erfolgreicher als zuhause – zumal auch etliche Prominente mit ihm öffentlichkeitswirksam umherkurvten.

Schon in den 30er Jahren hatte sich Jaguar einen guten Namen mit seriösen Limousinen gemacht (der 1 ½ litre, 2 ½ litre und 3½ litre), die 1948 mit dem neu gezeichneten Mk V ihren Nachfolger fanden, dem ersten Jaguar mit einzeln aufgehängten Vorderrädern und hydraulischen Bremsen. Er führte auch die jahrelang typischen „Fender Skirts“ ein, zu denen die Amerikaner „Spats“ sagen und die wir nur umschreiben können: abgedeckte, hintere Radausschnitte. Ende 1950 kam der Nachfolger, der nicht etwas Mk VI, sondern Mk VII hieß (aus Rücksicht auf den Bentley Mk VI, der bereits auf dem Markt war), den Stil – nach wie vor Design William Lyons – und das Fahrwerk beibehielt, aber eine neue Karosserie und einen neuen Motor erhielt. Diese Karosserie verblieb bis 1961, bis zum Mk IX, nahezu unverändert. Im Mk VII arbeitete die Jaguar-XK-Maschine mit 3,4 Litern Hubraum (160 PS), der legendäre Sechszylinder, und er war die erste Jaguar-Limousine, die 160 Miles per Hour fahren konnte und über Automatik verfügte. Nach dem Übergangsmodell Mk VII M erschien Ende 1956 der Mk VIII, das BoS-Modell, nunmehr mit gebogener, einteiliger statt durch Mittelsteg getrennter Windschutzscheibe, neuem Grilldesign, geschwungener Zierleiste für die nunmehr modische Zweifarbenlackierung, Spats mit kleinen Radausschnitten und Stahlschiebedach, nunmehr 190 PS. Die Endausführung 1958 bis 1961 war der Mk IX, weitgehend identisch zum Vorgänger, aber die XK-Maschine nun mit 3,8 Litern und 220 PS, rundum Scheibenbremsen und Servolenkung. Nach wie vor war der Wagen in der Hierarchie weit oben angesiedelt, Queen Mother fuhr einen, als Charles de Gaulle Kanada besuchte, war der große Jaguar das offizielle Fahrzeug.

Das Modell wird dem Vorbild gerecht

Die große Jaguar-Limousine hat bei BoS Alleinstellungsmerkmal. Kein anderer Hersteller nahm sich dieses Wagens in diesem Maßstab bisher an. Wer ihn liebt, hat keine Alternative zu BoS. Braucht er auch nicht. Das Modell ist so schön, dass es keiner Alternative bedarf. Hier mussten wir nicht den Zollstock bemühen, um nachzumessen: Das bloße Auge, sofern mit der Anmutung eines Jaguar Mk VIII vertraut, erkennt, dass Proportionen und Dimensionen stimmen. Der schwarze Lack glänzt in Piano-Art, alle Details entsprechen den Vorbildfotos und -prospekten. Der Heckschriftzug weist die Raubkatze als Automatikwagen aus. Der Chrom blitzt und blinkt, und die Abgrenzungszierleiste für den roten Flankenlack ist separat eingesetzt. Lichter, Grill, Jaguar-Katze auf der Haube, Türgriffe – alles ganz fein gemacht. Das zurückgeschobene Schiebedach ist mitnichten nur als Loch in der Dachhaut dargestellt, sondern dreidimensional mit Führungsschienen. Innen schwelgt der Jaguar in edwardianischem Luxus, viel Kuhhaut, viel Wurzelholz, Picknick-Tables an den Rücklehnen der Vordersitze, das typisch englische, einfach gehaltene, schwarze Lenkrad, sämtliche Bedienungselemente im Inneren sind einzelne Chromteile – wunderschön! Der einzige Kritikpunkt ist jener, der systemimmanent ist: Die Zellonscheiben, deren Umrahmung lediglich silberne Drucke sind, was vorne und hinten zu verkraften, aber seitlich auffällig ist und etwas billig wirkt.

Bleibt noch anzumerken, dass dieser Jaguar dasjenige unserer bisherigen Besprechungsmuster ist, das als einziges die letzte fortlaufende Nummer trägt, nämlich 300 von 300. Das heißt aber nicht, dass unser Exemplar das letzte erhältliche wäre: Die Modelle werden im Rahmen ihrer Produktion zwar fortlaufend durchnummeriert, aber nicht entsprechend ausgeliefert. 300 sind nicht viele. Aber bei Model Car World (und nur dort!) ist der Jaguar Mk VIII natürlich noch lieferbar. Das neue Modell kombiniert eine schwarze Karosserie mit roten Flanken. Die Vorgängerversion, schon lange ausverkauft und seinerzeit auf 504 Exemplare limitiert, hatte auch eine schwarze Karosserie, die Flanken aber waren in hellem Beige gehalten.

afs

Von edlem Geblüt: Aristokratische Großkatze aus den 50er Jahren, bis zu 220 PS stark und dabei traditionell von Sir William Lyons himself gezeichnet. In den USA waren wahrscheinlich mehr davon unterwegs als in Großbritannien. Wer reif für den Jaguar Mk VIII war, war vom Bentley nicht mehr weit entfernt.
Foto: Archiv Jaguar
Wohin blickt das Auge? Auf den Bedford-Renntransporter der Brabham Racing Organisation Ltd.? Auf den Jaguar MK VIII? Oder…? Szene aus dem Fahrerlager vom Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring vom 4. August 1963.
Foto: Archiv afs
Von den bedruckten Scheibenfolien abgesehen, ist dieses Modellauto unübertrefflich. Sofern man Resinemodelle ohne Funktion mag. Aber auch derjenige, der sie nicht mag, muss zugeben: Die Form ist absolut getroffen, die Details sind hervorragend. Außenspiegel, auf die Vorderkotflügel zu montieren, liegen bei, sind am Muster aber nicht montiert.
Modellfotos: bat

Steckbrief:

BoS 408 Jaguar Mk VIII 1956 schwarz/rot. Fertigmodell Resine, Maßstab 1:18. Auflage 300 Exemplare. Nur bei Model Car World erhältlich. UVP 119,95 Euro.