Als sie noch so schön bunt waren
Rock’n’Roll-Cars, Armaturenbretter wie Juke Boxes, Bill Haley und Elvis Presley, Autos, die den amerikanischen Traum vom Jet-Piloten oder vom Astronauten befriedigten: Die amerikanischen 50er Jahre sind zwar nicht mehr so angesagt wie noch vor zwei Dekaden, aber faszinieren nach wie vor. KK-Scale bedient diejenigen, die nach wie vor Elvis-Tolle tragen: Der ’56 er Chevy Nomad ist nicht nur wunderschön, sondern bedient sämtliche 50er-Jahre-Klischees.
Flashback: Wir schreiben die frühen 60er. Die Welt des selbständigen Lesens und Schreibens waren dem Autor dieser Zeilen mangels Alter und aufgrund noch andauernder Wartezeit auf die Segnungen des Erwerbs dieser Fähigkeiten noch eine Weile verschlossen. Davon unabhängig wuchs die vage Vorstellung einer fernen Wunderwelt des Automobils in der Vorstellung des Knaben heran, genährt durch diverse Spielzeugautos wie einem türkisgrünen Ford Edsel und einem blauweißen Buick Riviera der 50er Jahre von Siku sowie eines gelbem Chevrolet Impala Taxi mit beeindruckenden Schmetterlingsschwingen am Heck von Corgi Toys. Befeuert durch einen Dia-Abend bei Freunden der Familie, der einen Reisebericht in die Vereinigten Staaten zum Inhalt hatte und viele bunte und unbekannte Autos auf einem Highway und an Straßenrändern entdecken ließ, war die Neugierde geweckt und unstillbar. Und dann gab es ja tatsächlich das, was der Wunschtraum eines jeden Kindes seiner Zeit war: Onkel und Tante in Amerika, ausgewandert nach New York in den Fifties und später wohnhaft in Miami/Florida. Wenn auch nie von einem Millionenvermögen die Rede war, so musste doch wenigstens ein tolles Auto vor der Garage stehen, und nach einer vom Vater geschriebenen Anfrage traf irgendwann tatsächlich ein Foto mit Onkel und Tante vor ihrem Auto ein. Es dürfte ein roter Chevrolet Nova aus den frühen 60ern gewesen sein und auch ein paar technische Daten haben nicht gefehlt.
Ein würdiger Vertreter dieser automobilen Kinder-Traumwelt ist der Chevrolet Nomad Custom aus dem Jahr 1956, der hier als 1:18-Modell von KK-Scale vorgestellt wird. Zu jener Zeit leitete Harley J. Earl die Styling-Abteilung bei General Motors. Er war der erste Automobil-Designchef überhaupt, denn man hatte diese Stelle extra für ihn eingerichtet. Unter seiner Ägide entstanden zahllose stilbildende Designstudien und ebenso eine große Anzahl bedeutender Serienfahrzeuge.
Der Nomad Custom war ein zweitüriger Station Wagon, der von Earls Mitarbeiter Carl Brenner verantwortlich gezeichnet wurde und eine Mischung aus Kombi und Hardtop darstellte. Das war sehr schick, aber nicht wirklich praktisch. Dennoch verkaufte sich die zweite Generation 7886 mal, keine riesige Zahl, aber in Anbetracht der vielen weiteren Fahrzeugtypen im Programm des Herstellers auch mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Heute ist das Auto Kult, auch weil es in der Summe seiner Styling-Elemente, der vielen verchromten Details und der ausgelassen fröhlichen Farbgebung nahezu alles auf sich vereint, was in seiner Epoche gang und gäbe war.
Obendrein symbolisiert er, wie sehr die Amerikaner den Europäern voraus waren: Auf dem Kontinent war ein Kombi primär ein Handwerkerfahrzeug. Die Amerikaner hingegen verstanden es, ihn nicht nur praktisch, sondern auch très chic und très sportiv zu gestalten (und dies sogar ein wenig auf Kosten der Praktikabilität) – also einen Kombi zur rein privaten Nutzung, nicht nur für die lieben Kinderlein, sondern auch für ein Paar mit ausgeprägten Outdoor-Hobbys. In einen Nomad, der luxuriösen Bel-Air-Ausstattungslinie des Coupés beigeordnet, passten Surfbretter und Golfbags ganz wunderbar. Ein Heizkörper hingegen war eher ein Fremdkörper in seinem Laderaum.
Schrill, bunt, groß, reifenweißbeflankt
Wenn ein Sammlermodell als spielzeughaft bezeichnet wird, zuckt jeder Hersteller zusammen. Denn vorteilhaft klingt das nicht, weil in der Regel ein hoher Grad an Originalgetreue das oberste Ziel ist. In diesem Fall ist es aber tatsächlich ein Kompliment, denn genauso wirkt auch das Original. Und vor wirklicher Spielzeughaftigkeit bewahrt das Modell des Chevy die Filigranität der Applikationen und vielleicht in diesem Falle die Tatsache, dass keine Öffnungsmöglichkeiten vorhanden sind, die oftmals dem Eindruck originalgetreuer Proportionen im Wege stehen. Leider ist das Lenkrad für alle Farbvarianten das gleiche. Hier darf sich der perfektionistische Sammler mit dem Schraubenzieher bis in den Innenraum vorarbeiten und dem Lenkrad mit Farbe und Chromstift zu Leibe rücken. Dafür hat er vorab die Wahl zwischen den klassischen Serienrädern und mild getunten Ausführungen verchromter Leichtmetallfelgen aus dem aktuellen Zubehörhandel.
Wir haben hier also, nüchtern betrachtet, ein stimmiges Exemplar einer der schrillsten Epoche der Automobilgeschichte vor uns, bei dem Preissegment und Leistung stimmen. Für einen Flashback in die frühesten Kindertage ist er somit allemal bestens geeignet.
mh
Steckbrief:
KK-Scale KKDC 181291 Chevrolet Bel Air Nomad 1956 hellrot/weiß und KKDC 181292 dito türkis/weiß. Fertigmodelle Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP 79,95 €.