Mit allen Vieren auf Asphalt
Zu den am meisten wegweisenden Autos der 80er Jahre gehört der Audi Quattro, eine revolutionäre Konstruktion, eine Motorsportlegende und verantwortlich für den Imagewandel von Audi. Minichamps lässt seinen gut gemachten Ur-Quattro, erstmals 2017 erschienen, wieder aufleben.
Tiere haben vier Beine – nicht alle, aber sehr viele. Damit sie auf nicht domestiziertem Untergrund gut vorankommen. Der Mensch tut es ihnen anfangs gleich. Bevor er lernt, kultiviert auf seinen zwei Beinen zu gehen, krabbelt er unkultiviert auf allen Vieren. Diese nicht gerade umwerfende Erkenntnis machten sich Autoingenieure zu eigen und anerzogen dem Automobil die Geländefähigkeit, indem sie statt zwei angetriebenen Rädern deren viere konstruierten. Und dann, ein paar Jahrzehnte später, kamen sie sogar zu der noch weiter reichenden Erkenntnis, dass vier angetriebene Räder die Traktion und die Kurvenstabilität von potenten Wagen auf Asphalt verbesserten. Die Pioniere dieser Idee waren der Belgier Josef-Valentin Lavoilette und der Holländer F.W. Brand. Sie konstruierten 1903 einen Wagen für die holländische Firma Spijker, der aber mehr wegen seines unerhörten Sechszylinders als wegen des Allradantriebs mit Mitteldifferenzial am Getriebe bewundert wurde.
Die 80er Jahre waren in doppelter Hinsicht der Beginn des Allradbooms: Der Geländewagenmarkt erlebte einen Aufschwung und eine schier unüberschaubare Typenvielfalt. Gleichzeitig hielt der Four Wheel Drive bei Sportwagen und in Folge ihres Renommees auch bei Personenwagen Einzug. Schrittmacher war Audi. Die Ingolstädter präsentierten in Genf 1980 ihren Quattro. Das Coupé, aus dem Audi 80 entwickelt, aber mit 200 PS starkem Turbo-Fünfzylinder-Einspritzmotor, machte den Namen Quattro zum Synonym für allradgetriebene Hochleistungswagen. Der Audi hatte permanenten Vierradantrieb mit manuell sperrbarem zentralem und hinterem Differenzial. Das Antriebsmoment wurde gleichmäßig auf beide Achsen verteilt. Einen Vorläufer im Geiste hatte der Audi bereits in den 60er Jahren, den Luxussportler Jensen mit Ferguson-Allradantrieb. Aber das war ein nachträglich von Heck- auf Allradantrieb umkonstruierter Wagen. Bald erkannten die Konstrukteure, dass sich der Mehraufwand für 4×4 aus Kosten- und Gewichtsgründen nur dann rentiert, wenn der Motor die angetriebene Achse überhängt, sodass sich der Mehraufwand – grob ausgedrückt – nur auf eine Kardanwelle und einen zusätzlichen Achsantrieb beschränkt. Da sind wir beim Audi Quattro angelangt. Seine Motorsportgeschichte ist Legende und er war der Initialschrei, in dessen Folge Audi sein Image des Luxus-VW zu dem des innovativen Technologieträgers wechselte.
Neuauflage nach sieben Jahren
Der Audi Quattro gehört, eben wegen seiner vielen Meriten sportlicher, konstruktiver und soziologischer Natur, zu den am meisten miniaturisierten Modellautos. Mitte 2017 brachte Minichamps einen 1980er Quattro, also den Ur-Quattro, als lenkbaren sealed-18er: allererste Version mit den kleinen Doppelscheinwerfern, dem Armaturenbrett vom Audi 80 mit analogen Instrumenten (ohne „Mäusekino“). Minichamps hat das formal tadellos wiedergegeben, keinerlei Recherchefehler (abgesehen vom fehlenden vorderen Seitenblinker), bildschöne 7Jx15-Fuchs-Alus in Altsilber, einwandfreies Finish, schöne Detaillierung, allenfalls störende Lampenpins. Genau so muss ein Ur-Quattro aussehen. Mokiert sich jemand am „Coupé“-Schriftzug im hinteren Leuchtband und meint, hier müsste „Quattro“ stehen? Logisch wäre es, aber auch in 1:echt stand hier „Coupé“. Denn trotz aller Auszeichnungen und trotz aller vermeintlicher Eigenständigkeit: Der Quattro war nichts als eine Version des Audi Coupé und das war die Coupé-Version des Audi 80 B2.
Nun kommt das 2017er Minichamps-Modell erneut. Während damals pro Farbvariante 504 Exemplare aufgelegt wurden, sind es heute nur noch 300. Eben erschienen ist Venusrot V3B, in der Pipeline für baldige Auslieferung ist die klassische Audi-Quattro-Farbe Saturnmetallic Y4V, jenes Violettmetallic, das es nur ganz kurz gab (ein Jahr lang), das aber sehr populär war, weil es die Präsentationsfarbe war und die meisten Test- und Vorführwagen so lackiert waren. Der Innenraum ist schwarz, das mag Minichamps. Audi mochte es beim Ur-Quattro nicht, damals war das Interieur standardisiert in Negro (also Braun – das würde man heute natürlich nicht mehr so nennen). Erst ab Modelljahr 1983 gab es innen alternativ Sierra (das ist Beige) und zum Modelljahr 1984 Graphit (was so dunkles Grau ist, dass es dem Minichamps-Schwarz am nächsten kommt). Aber das passt alles nicht, denn das Minichamps-Modell ist tatsächlich die allererste Version März 1980 bis August 1982, dann kamen breite Doppelscheinwerfer und Digitalinstrumente.
afs
Steckbrief:
Minichamps 155016124 Audi Quattro 1980 rot. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. Auflage 300 Exemplare. UVP 119,95 Euro.