Faszination Modellautos

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News 1:18 Minichamps Lancia Stratos HF Rallye

Das radikale Rallye-Biest

Topaktualität durch Zufall: Minichamps gab die neuen Rallyeversionen seines Lancia Stratos sicherlich vor Monaten in Produktionsauftrag. Ausgeliefert wurden sie ganz kurz nach dessen Designers Marcello Gandini Tod am 13. März. Gandini ist in automobilen Kreisen deshalb in aller Munde – auch in Caramini-online – und Minichamps ist der erste, der nun mit neuen Gandini-Modellen aufwarten kann.

Marcello Gandini schuf etliche Fahrzeuge, die in Erinnerung blieben. Sein Meisterstück war der Lamborghini Miura, einfach umwerfend. Daran wurde er Zeit seines Lebens gemessen, derartige Glanzstücke wurden von ihm erwartet. Natürlich entwickelte sich der Maestro weiter und veränderte seinen Stil, aus sich heraus, der Zeit gehorchend, aber auch den Erwartungen der Auftraggeber entsprechend. Zwei Fahrzeuge Gandinis tragen Miura-Allüren, zitieren den Miura, sind von ihm beeinflusst: Als gemäßigtes Gran-Turismo-Coupé der Alfa Romeo Montreal und als radikaler Rallyewagen der biestige Lancia Stratos. Den nahm sich nun Minichamps in 1:18 erneut vor – die Inkarnation des Rallyewagens, denn er ist das erste Fahrzeug, das ausschließlich mit der Absicht entwickelt wurde, Rallyes zu gewinnen. Optisch kann er, was der Miura auch konnte: sich komplett entblättern, einen Strip hinlegen. Wenn bei ihm die vordere und die hintere Haube geöffnet sind, bleibt von der Karosserie kaum mehr etwas übrig. Wie beim Miura. Dieses sein Talent teilt das Minichamps-Modell nicht. Nichts geht auf. Auch die „Klappis“ (Klappscheinwerfer) sind fix, in geöffneter Position. Er kann rollen und er kann lenken. Und er sieht in seinen unterschiedlichen Rallye-Livrées verteufelt gut aus.

Rallye-Legenden und ein Röhrl-Auto

Der Minichamps-Stratos in 1:18 erschien erstmals 2019 in diversen Rallyevarianten, auch als weißer „Plain Body“ und kommt nun in vier neuen Versionen. In den Startlöchern steht als Nummer Fünf der Tour-de-Corse-Sieger 1976 (Sandro Munari/Silvio Maiga), den wir (noch) nicht zeigen können, weil noch nicht ausgeliefert.

Grundsätzlich sind die Minichamps-Stratos identische Modelle, was kein Wunder ist, denn der Wagen veränderte sich während seiner fünfjährigen Bauzeit von 1973 bis 1978 (knapp 500 Exemplare) nicht. Minichamps variiert geschickt mit Anbauteilen, die montiert werden können oder eben auch nicht. So gibt es einen Block mit vier Zusatzscheinwerfern, die in Tag- oder Nachtstellung (also abgedeckt) zwischen den Klappis montiert werden, auch zwei Zusatzscheinwerfer unter den Hauptscheinwerfern, sodann eine auf dem Dach montierte Hutze sowie der Spoiler am hinteren Dachrand und/oder der Heckspoiler – eben je nach Vorbild. Allen Modellen gleich sind die Campagnolo-Magnesiumfelgen (in unterschiedlichen Farben), deren Bereifung, die Schmutzlappen dahinter, die Dachantenne, das Interieur mit Feuerlöscher und bedruckten Sechspunktgurten. Der Stratos lenkt und federt hinten leicht. Letzteres scheint aber weniger gewollt zu sein, sondern ist konstruktiv bedingt. Man sollte es nicht zu sehr ausprobieren.

Als legendäres Rallyeauto der 70er Jahre sind die Minichamps-Modelle bunte Hunde mit kaum einer Grundfarbe. Mehrheitlich führt Minichamps die Mehrfarbigkeit durch großflächige Druckwerke aus, sehr akkurat, aber dadurch sichtbar, dass die bedruckten Flächen weniger glänzen als die lackierten. Der rot/weiße Munari- und der schwarz/weiß/rote Röhrl-Wagen sind jeweils zweifarbig lackiert. Manche Beschriftungen sind als Decals angebracht. Wie bei Minichamps üblich, wurde sehr genau recherchiert, was die Optik betrifft. Jeder Sponsorenaufkleber sitzt und passt und befindet sich an der korrekten Stelle.

Vier Versionen. Die Älteste ist der 1974er Tour-de-Corse-Siegerwagen von Sandro Munari und seiner Copilotin Biche, die bürgerlich Michèle Espinosi-Petit heißt, und den wir als Kinder von Solido als 1:43-Miniatur hatten. Er sieht aus wie eine fahrbare Marlboro-Schachtel, denn der Tabakkonzern war der Hauptsponsor, aber wegen des Tabakwerbeverbotes ist natürlich nirgends auf dem Auto „Marlboro“ zu lesen. An der Unterseite des Sockels, vor den Augen der gestrengen Sittenwächter verborgen, finden sich die nötigen „Marlboro“-Schriftzüge als Decals zum selbst Anbringen. Reales Cannabis braucht bald niemand mehr zu verstecken. Aber Modellautohersteller müssen Tabakmarken-Decals verstecken, weil durch deren Anblick ein erwachsener Modellautosammler zum Zigarettenrauchen verführt werden könnte.

Vier Jahre später, Saarland-Rallye 1978: erneut das Siegerauto, Walter Röhrl mit seinem Co Christian Geistdörfer, der Stratos HF voll aufgebrezelt mit vorderem Christbaum, Dachkanten- und Heckspoiler, weiß/schwarz/rot lackiert mit Pirelli als Hauptsponsor, dazu die Felgen  in Blutorange. Dieses Modell ist als einziges des Trios limitiert, und zwar auf 336 Exemplare. Mit ihm gewann Röhrl etliche Läufe auf dem Weg zur Deutschen Rallyemeisterschaft 1978. Das nächste Modell ist weder Sieger noch Ankömmling, sondern fiel bei der Rallye Akropolis 1979 aus. Der Stratos aus dem Lamda-Team, Fahrer Siroco alias Tasos Livieratos mit Co Kóstas Fertakis hatte als Hauptsponsor die Firma BIC, bekannt für Einwegfeuerzeuge und -rasierer, aber auch für Kugelschreiber, und trägt mehrmals das eingängige Firmenlogo, den BIC-Schriftzug im Parallelogramm zusammen mit dem BIC-Boy links davon (ein Schuljunge mit Kopf in Form eines Fußballs). Entsprechend ist der weiße Stratos in den BIC-Firmenfarben Orange mit dunkelblauen Streifen dekoriert. Der letzte Stratos ist in klassischen Farben gehalten, Fabrizio Tabaton/Emilio Radaelli auf der Sanremo 1980, erneut ein Ausfall wegen Motorschadens. Der vom Team Grifone gemeldete Stratos trägt die klassischen Olio-Fiat-Farben Dunkelblau mit Gelb, die man eher vom Abarth 131 Rally kennt und die das Werksteam früher trug als der Grifone-Rennstall. Wie der BIC-Stratos ist auch das Olio-Fiat-Modell mit zwei Zusatzscheinwerfern unter den Klappis ausgestattet.

Der Stratos ist und bleibt eine Rallye-Ikone. Es ist kaum zu glauben, dass sein Stern bereits vor einem halben Jahrhundert aufging. Seine Karriere begann gleich mit einem Sieg, Platz Eins bei der Tour de France de l’Automobile im Herbst 1973. Und dann hörte er nicht mehr zu siegen auf, so lange er lebte.

afs

Steckbrief:

Minichamps 155741702 Lancia Stratos HF Sieger Tour de Corse 1974 rot/weiß (Jean-Claude Andruet, Michèle Espinosi-Petit, # 2), 155781701 dito Sieger Dynavit Saarland Rallye 1978 (Walter Röhrl/Christian Geistdörfer, # 1) (limitiert auf 336 Exemplare), 155791712 dito Rallye Akropolis 1979 (Kóstas Fertakis/ Tasos Livieratos, # 12), 155801724 dito Grifone Sanremo 1980 (Fabrizio Tabaton/Emilio Radaelli, # 24), 155761701 dito Sieger Tour de Corse 1976 (Sandro Munari/Silvio Maiga, # 1). Fertigmodelle Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP je 129,95 Euro.